Hattingen. Olaf Schade sorgt 2012 für einen einmaligen Vorgang in der Landesgeschichte: Der 52-Jährige aus Hattingen beendet die Minderheitsregierung.
Olaf Schade hat im Land NRW Geschichte geschrieben – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn von ihm ist der Rechtshilfevermerk, der im Frühjahr 2012 zur Auflösung des Landtags führt. Damals war der Südstädter Leiter des Referats L 7 der Landtagsverwaltung in Düsseldorf, heute ist er Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises – der erste Hattinger, der dieses Amt innehat.
„Ich habe nur meine Arbeit gemacht“, sagt der Hattinger
Der Vermerk zum politischen Prozedere um den NRW-Haushalt, nach dem selbst die Schlussabstimmung eine Ablehnung in auch nur einem Einzelplan nicht mehr heilen könne, führt am 14. März 2012 zu einem politischen Erdbeben. Dieser bis dato einmalige Vorgang in der Landesgeschichte beendet die rot-grüne Minderheitsregierung. „Ich habe nur meine Arbeit gemacht“, sagt Schade zur WAZ.
Olaf Schade wird am 2. Mai 1968 in Bochum geboren. Über Essen-Steele kommt die Familie schließlich nach Hattingen. Er geht zum Gymnasium Waldstraße und wird bereits hier politisch aktiv – in der Schülervertretung der altehrwürdigen Penne. Und so hat auch der Autor dieser Zeilen seine erste Begegnung mit Olaf Schade, der gerade seine erste politische Anlaufstelle bei den Grünen gefunden hat („Als Jugendlicher fand ich die neue Partei im Aufbruch spannend“). Denn im Herbst 1984 – ich war gerade neu auf der Schule – zieht er gemeinsam mit Klaus Liebig von Klassenzimmer zu Klassenzimmer. Beide werben für sich als Schülersprecher. Schade gewinnt.
Über den Hüttenkampf ist er zur Sozialdemokratie gekommen
„Meinen Weg zur Sozialdemokratie habe ich über den Hattinger Hüttenkampf gefunden“, schreibt er auf seiner Homepage. „Als ein Sprecher der Jugendinitiative ,Hattingen muss leben’ habe ich mich für die aktive Gestaltung des Strukturwandels im Ruhrgebiet im Interesse der Menschen eingesetzt.“
Er wird Juso-EN-Chef und zieht in den Kreistag ein. Ganz genau, Olaf Schade hatte schon immer den gesamten EN-Kreis im Blickfeld. Es lohne sich, „über ideologische und örtliche Grenzen hinweg Menschen zusammenzuführen und gemeinsam für ein verbindendes Ziel einzusetzen“, meint er.
Studium der Rechtswissenschaften an der Ruhr-Uni
Nach dem Abi 89 geht es an die Ruhr-Uni – Studium der Rechtswissenschaften. Abschluss mit dem zweiten Juristischen Staatsexamen. Er arbeitet für die Büros der SPD-Abgeordneten Adi Ostertag (Bundestag) und Svenja Schulze (Landtag), schlägt dann aber erst einmal eine Verwaltungslaufbahn ein.
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Im Jahr 2003 kommt er in der Verwaltung des Landtags in Düsseldorf an. In der Zeit der rot-grünen Minderheitsregierung (2010-12) kümmert er sich um das Parlamentsrecht und die parlamentarischen Abläufe – und in seinem Dienst muss er sich zum Haushalt äußern. Aus Schades Feder stammt das Drei-Seiten-Papier zur Frage, wie der NRW-Landtag rechtlich mit der Verabschiedung des Landeshaushalts für 2012 umzugehen habe. Und sein Vermerk führt somit zur Auflösung des Landtags und dem Ende der Minderheitsregierung.
Nach der Neuwahl, die eine solide rot-grüne Mehrheit bringt, wird Olaf Schade Leiter der Büros von Landtagspräsidentin Carina Gödecke. Parallel dazu ist er auch Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Und als EN-Landrat und Parteifreund Arnim Brux seinen Rückzug verkündet, steht er bereit – er vereint im Jahr 2015 gleich im ersten Wahlgang 55,3 Prozent der Stimmen auf sich (in Hattingen sind es sogar 56,0 Prozent).
Zukunftsfähigkeit, Zusammenarbeit und Zusammenhalt
„Ein Wahlergebnis ist auch ein Arbeitsauftrag“, sagt er und macht sich sogleich daran. Es werden keine einfachen Jahre. Schade will sich um Zukunftsfähigkeit, Zusammenarbeit, Zusammenhalt im Kreis kümmern, wird aber auch mit einem Streit über Rettungsgebühren, der Krise bei der Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr (VER) und anderen Unwägbarkeiten des Polit-Geschäfts konfrontiert. Zuletzt erschwert die Corona-Pandemie die Arbeit. Schade selbst muss in Quarantäne, wird aber negativ getestet.
Schade – eine Ruhrgebietsfamilie
Olaf Schade selbst bezeichnet seine Familie als „eine typische Ruhrgebietsmischung“. Die Großeltern stammen aus Ostpreußen, Südwestfalen und Thüringen. Uroma Kaminski soll noch recht gebrochen deutsch gesprochen haben, berichtet er auf seiner Homepage.
Vater Horst Schade hat als selbstständiger Ingenieur Abwasseranlagen geplant und gebaut. Seine Mutter Ursula hat ihm im Betrieb mitgeholfen. Birgit ist ihr erstes Kind, ein Jahr später folgt Olaf.
Olaf Schade ist seit mehr als 25 Jahren mit Susanne verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn (Malte).
Eines passt aber auf jeden Fall, nämlich seine Prognose, als ihn die WAZ vor fünf Jahren fragt, wo er den EN-Kreis zum Ende der Amtszeit 2020 sieht: „Immer noch an der schönsten Stelle des Ruhrgebiets“, sagt er prompt. Und da wird wohl niemand widersprechen – weder in Hattingen noch im Südkreis.
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