Hattingen. Kristin Shi-Kupfer aus Hattingen wagt sich im Studium an Sinologie heran und kommt von China jetzt nicht mehr los. Auch im TV ist sie gefragt.

Manche mögen den Schritt, nach China zu gehen, schon als mutig bezeichnen. Und da dann als Journalistin zu arbeiten als noch mutiger. Kristin Shi-Kupfer aus Niederwenigern wagt ihn zu Beginn des Millenniums. Sie lebt in Peking, bloggt über das Leben im Reich der Mitte. Arbeitet für „Die Zeit“, die „taz“ und den Evangelischen Pressedienst (epd). Sie reist ins tibetische Krisengebiet – und wird im März 2008 ausgewiesen.

„Jenseits der Grenzen politischer Richtigkeiten und wirtschaftlicher Marktwerte sind die Menschen oft erstaunlich gleich und bereichernd anders“, schreibt Kristin Kupfer im Jahr 2002 in einem Gastbeitrag für die WAZ Hattingen. „Wenn man nur mit neugierigen und offenen Augen durch die Welt geht.“

Sie macht ihr Abitur am Gymnasium Waldstraße

Kristin Kupfer wächst in Niederwenigern auf, besucht das Gymnasium Waldstraße. Im Jahr 1994 schafft sie hier ihr Abitur und startet ihr Studium an der Universität in Trier. Sie wagt sich dabei auf unbekanntes Terrain und wählt Sinologie – die Wissenschaft von der chinesischen Sprache und Kultur – als Nebenfach.

Kristin Kupfer in den 2000er-Jahren.
Kristin Kupfer in den 2000er-Jahren. © Archiv | WAZ

„Neben einer sehr zeitintensiven Beschäftigung mit Sprache und Kultur war es vor allem die ,verschwörerische Begeisterung’ unter den Studierenden und Lehrenden, welche das fernöstliche Land mehr und mehr in den Lebensmittelpunkt rücken ließ“, erklärt sie. Und im 1996 fährt sie dann mit der Transsibirischer Eisenbahn zum einjährigen Sprachstudium nach Schanghai. Im Rucksack: Post­karten und Modellhäuschen der Hattinger Altstadt als Geschenke.

„Der Hauch der Wurzel eines Herrscherhofes“

Info am Rande: Hattingen wird auf Chinesisch phonetisch als „Ha ting ge“ wiedergegeben. Was soviel heißt wie „der Hauch der Wurzel eines Herrscherhofes“.

Neben dem Studium unterrichtet sie Deutsch an der Universität der alten Kaiserhauptstadt Kaifeng. Und kommt im Sommer 2001 bei den China-Korrespondenten Georg Blume und Chikako Yamamoto in Peking unter.

Konstruktive und umfassende Auseinandersetzung

„In Deutschland höre ich oft die richtige und wichtige Kritik am strikten Regime. Leider ist die Bereitschaft zu einer konstruktiven und umfassenderen Auseinandersetzung mit einer fremden und auch der eigenen Kultur nur selten zu erkennen“, sagt sie damals.

Polit-Talkshows und Publikationen

Die Hattingerin Kristin Shi-Kupfer (45) ist inzwischen eine gefragte China-Expertin in politischen Talkshows. Im März etwa hat sie bei Maybrit­ Illner (ZDF) mit Sozialminister Hubertus Heil, Virologe Christian Drosten und Eckart von Hirschhausen und anderen Experten über das Thema Corona-Partys diskutiert.

Im vergangenen November ging es bei Anne Will (ARD) unter anderem mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier und dem Journalisten Georg Mascolo um das Thema „Wirtschaftsmacht und Überwachungsstaat – kann man China vertrauen?“

Im Katalog der Nationalbibliothek stehen von ihr die Publikationen „Gott ist auch Chinese“ (2010), „Was stimmt? China“ (2007) sowie „Massenmedien in der Volksrepublik China“ (2004).

2008 reist Kupfer gemeinsam mit Blume in die tibetische Hauptstadt Lhasa, um über den chinesischen Militäraufmarsch und damit verbundene Unruhen zu berichten. Ein heikles Unterfangen. Sie be­richtet bereits nach kurzer Zeit, dass die Polizei zweimal ins Hotel gekommen sei und sie nachdrücklich aufgefordert habe, Lhasa wieder zu verlassen. „Dabei haben sie mit Konsequenzen für meine Aufenthaltserlaubnis gedroht.“

Begründung für die Ausweisung: Die beiden Deutschen hätten sich keine Einreisegenehmigung nach Tibet eingeholt. Morgens um neun werden sie in den Zug nach Peking gesetzt, erst zwei Tage später­ kommen die beiden dort auch an. Bis 2011 berichtet Kristin Kupfer weiter aus dem Reich der Mitte.

Arbeit beim Merics-Institut in Berlin

Heute heißt sie Shi-Kupfer, die Hattinger Sinologin und Politik­wissenschaftlerin lebt in Berlin und ist Forschungsleiterin Politik und Gesellschaft beim Merics-Institut. Sie gehört zur Expertengruppe der deutsch-chinesischen Plattform Innovation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und ist Mitglied in der deutsch-chinesischen Arbeitsgruppe zu digitalen Geschäftsmodellen.

„China hat eine große Bedeutung“, sagt sie immer wieder und meint damit natürlich für Deutschland. Für sie selbst sowieso.

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