Hattingen. Die Corona-Epidemie setzt Gastronomen erheblich unter Druck. Im Haus Kemnade gibt es erste Kündigungen. Das Café Adele putzt sich heraus.
Am Dienstag hat Heinz Bruns den Burghof von Haus Kemnade gefegt. Am Mittwoch unterbrach das Gastro-Team in der Wasserburg für zwei Stunden die Kurzarbeit und hat die Gaststätte gereinigt und desinfiziert. Denn am Donnerstag könnte Bundeskanzlerin Angela Merkel den bundesweit 223.000 Gastronomie-Betrieben mit ihren 2,4 Millionen Beschäftigten ja vielleicht doch eine positive Perspektive bieten.
Auch Heinz Bruns hofft darauf. Daran glauben will der Chef des Restaurants im Haus Kemnade allerdings nicht. Er rechnet mit dem 1. Juni als Starttermin für Lockerungen bei den Gaststätten. Und sagt: „Ich könnte sogar mit dem 1. Juli leben – wenn es dann nur wieder richtig losginge. Mit allen Veranstaltungen von der Hochzeit bis zur Betriebsfeier. Und ohne Masken im Gesicht. Ein Restaurantbesuch soll schließlich ein Erlebnis bleiben.“
Zwangspause. Es geht ans Eingemachte
Vom Spaßfaktor zwischen Küche und Zapfhahn sind Heinz Bruns und seine Kollegen seit Mitte März meilenweit entfernt. Zwangspause. Es geht ans Eingemachte. Drei seiner 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat der Gastronom inzwischen kündigen müssen. Zwei Auszubildende werden im Juni nicht übernommen. „Das fällt mir unendlich schwer“, sagt Bruns.
Wenn man keine Ausbildung mehr anbieten könne, sei die Zukunft der gesamten Branche in Gefahr, warnt das Präsidiumsmitglied im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Westfalen. Und schließlich: „Ein junger Koch verdient in Kurzarbeit 800 Euro im Monat, wie soll er davon leben?“
„Betriebswirtschaftlich droht eine zweite Welle in 2021“
Medizinisch sei die Schließung der Restaurants notwendig gewesen, räumt Bruns ein. Und die Bundesregierung helfe ja auch. Soforthilfe, Kurzarbeitergeld, Mehrwertsteuersatz – „alles gut und schön, aber Lösungen sind das nicht“, meint der Gastronom. Und längst nicht vergleichbar mit der Unterstützung anderer Brachen „von der Abwrackprämie bis zum Ersatz von Dürreausfällen“.
Um besser über die Runden zu kommen, will Bruns für sein Haus einen zweiten Ruhetag einführen. Denn betriebswirtschaftlich erwartet er eine „zweite Welle“ in 2021 – wenn Preisanstiege und Lohnanstiege kämen.
Auch Frank Dziwior putzt gerade. Und schleift. Und polstert. Der Chef im Café Adele im Steinhagen nutzt die gästefreie Zeit zum Renovieren. „Was man eben selbst so machen kann. Für alles andere fehlt ja das Geld“, sagt er.
Den Mai werde er im betriebswirtschaftlichen Würgegriff von Corona wohl noch schaffen. „Im Juni aber muss es unbedingt wieder losgehen. Sonst wird es sehr eng.“
30.000 Euro Personal- und Betriebskosten
Kündigungen hat Frank Dziwior vermeiden können. Trotz 100 Prozent Umsatzverlust, trotz fortlaufender Betriebskosten will er seine zehn Mitarbeiter unbedingt halten. 30.000 Euro Personal- und Betriebskosten schlagen im Café Adele monatlich zu Buche. Da ist Dziwior froh über jede Hilfe. Die Stadtwerke haben ihm 20 Prozent der Energiekosten gestundet, seine Krankenkasse den Beitrag von Höchst- auf Mindestsatz umgestellt.
Feierabendangebot bis 21 Uhr
Vom Außerhausverkauf halten Heinz Bruns und Frank Dziwior wenig. Die Einkünfte seien minimal. Im Café Adele wird es vom Sommer an vielleicht ein Feierabendangebot mit einer Feierabendkarte geben. Dziwior will das Haus dann nicht um 18 Uhr schließen, sondern erst um 21 Uhr.
Apropos Sommer: Der Ausfall des Altstadtfestes drückt die erwartbar geringeren Umsätze in 2020 noch einmal stark – im Café Adele um 20.000 Euro.