Hattingen. Das Gütesiegel Europaschule hat Hattingens Gymnasium Waldstraße erworben, als erste Schule der Stadt. Was alles hinter der Auszeichnung steckt:

Als erste Schule in Hattingen hat das Gymnasium Waldstraße jetzt das Gütesiegel „Europaschule“ erworben, offiziell wurde dies bei der Jahrestagung der Europaschulen in NRW im Düsseldorfer Landtag. Die Idee von Europa wird am ältesten Gymnasium der Stadt dabei nicht nur im Unterricht, sondern auch bei Schüler-Austauschen und -Auslandspraktika mit Leben gefüllt. So wird für die Jugendlichen Europa und seine Bedeutung (be)-greifbar.

Die Erziehungswerte des Nachbarlandes kennengelernt

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Anika (16) etwa hat bei einem Praktikum in einem Kindergarten in Polen die Erziehungswerte des Nachbarlandes kennengelernt. Emma und Julia (beide 14) haben während eines Frankreich-Austauschs Einblicke ins dortige Schulsystem erhalten. Und Tristan (17) hat sich als Teilnehmer am Rota-Projekt jüngst in England mit Jugendlichen aus Belgien, Großbritannien, Spanien, den Niederlanden über Ansichten zur Demokratie ausgetauscht. Und sich mit vielen sehr persönlichen Betrachtungen der Briten zum Brexit auseinandergesetzt, „seitdem habe ich einen viel tieferen Einblick in dieses Thema“.

Andere Ansichten akzeptieren lernen

Erfahrungen wie die von Anika, Emma, Julia, Tristan seien für junge Menschen sehr wertvoll, betont Lehrerin Isabelle Hamart-Schafft, die an der Waldstraße zusammen mit Kathrin Meier alles rund um Europa koordiniert. Man lerne durch solche Begegnungen mit Menschen anderer Länder ja „nicht nur etwas von der Welt, sondern auch sich selbst besser kennen“. Auch andere Ansichten zu akzeptieren, falle leichter, wenn man andere Kulturen tatsächlich (er-)lebe anstatt von ihnen nur zu hören, fügt Marla (17) hinzu. Und Leo (17) ergänzt: „Man kann sich von anderen Länden ja durchaus auch etwas abgucken, gegebenenfalls etwas übernehmen, das anderswo besser läuft.“

Dieser Wegweiser für Städte in sechs verschiedenen Ländern steht vor dem Gymnasium Waldstraße.
Dieser Wegweiser für Städte in sechs verschiedenen Ländern steht vor dem Gymnasium Waldstraße. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Verständnis fördern für andere Kulturen

Es ist derlei Verständnis-Förderung für andere Kulturen, die das NRW-Schulministerium im Sinne des Europagedankens von Europaschulen wie dem Gymnasium Waldstraße fordert. Durch Austauschprogramme, Auslandspraktika, internationale Partnerschaftsprojekte. Zudem müssen solche Schulen bilingualen Unterricht anbieten, ein erweitertes Fremdsprachangebot vorweisen. Und: In den einzelnen Fächern findet eine vertiefte Auseinandersetzung mit europäischen Inhalten statt.

Zum Beispiel so: In Erdkunde, sagt Sven (15), hätte sie neulich besprochen, wie das belgische Brüssel sich durch den Status als Sitz der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ab 1958 und nun als Sitz der Europäischen Union (EU) verändert habe.

Und im Politikunterricht, nennt Tristan ein weiteres Beispiel, hätten sie den Aufbau der EU und den Euro thematisiert. Und außerdem die Flüchtlingskrise. „Vielen von uns ist dadurch viel besser klar geworden, warum dieses Problem von einem Land allein nicht zu bewältigen ist.“

Ein vereintes Europa ist wichtig, finden die Schüler

Dass ein vereintes Europa wichtig sei, finden die Schüler hier, begrüßen die Freiheit, in allen EU-Ländern studieren, wohnen, arbeiten zu können. Allerdings, so Tristan, „könnte die EU international noch stärker als Einheit agieren“.

Anette Christiani schließlich, die Leiterin am Gymnasium Waldstraße, sieht in der Vermittlung des Europagedankens nicht zuletzt auch einen gesamtgesellschaftlichen Bildungsauftrag: „Wenn wir eine Gesellschaft der Vielfalt sein wollen – und das wollen wir ja –, dann müssen wir unseren Blick öffnen für andere Kulturen, Sicht- und Lebensweisen“, betont sie. Zudem gebe es „Frieden nur mit Toleranz“.

>>> DAS GÜTESIEGEL „EUROPASCHULE“

Das Gütesiegel „Europaschule“ wird von der Arbeitsgemeinschaft Europaschulen (Argeus) im NRW-Schulministerium verliehen. Die Zertifizierung gilt für fünf Jahre.

Für die Zertifizierung müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt werden: erweitertes Fremdsprachenangebot; bilinguale Unterrichtsangebote; mindestens vier verschiedene internationale Projekte und Partnerschaften; Auslandsbetriebspraktika; Teilnahme an internationalen Wettbewerben; vertiefte Auseinandersetzung mit europäischen Inhalten im Unterricht.