Hattingen. In Hattingen gab es einst viele Kinos. Das Museum im Bügeleisenhaus hat ihnen eine Ausstellung gewidmet. Ein Rundgang durch die Kino-Geschichte.

Das Kino ist in Hattingen Geschichte – dennoch hat Hattingen Kinogeschichte. Und zwar eine durchaus üppige. Gut 100 Jahre lang war Hattingen eine Kino-Stadt. Zum Teil existierten sechs Lichtspielhäuser gleichzeitig. Der Heimatverein nimmt Besucher im Bügeleisenhaus mit auf einen Streifzug durch die Filmpaläste. An vielen Stellen kamen Filmfans einst auf ihre Kosten. Das waren die Kinos:

Nierenhof

Das erste Hattinger Kino befindet sich heute nicht mehr im Stadtgebiet. Kremers Lichtspiele in der Gastwirtschaft „Zum Bahnhof“ in Nierenhof ist um 1900 die erste Filmstätte im damaligen Amt Hattingen. Im heutigen Stadtgebiet fand sich die größte Kinodichte an der Bahnhofstraße.

Bahnhofstraße 24

Hier befanden sich die Kinos im Hattinger Stadtgebiet.
Hier befanden sich die Kinos im Hattinger Stadtgebiet. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Das Edison-Theater ist eines der ersten Kinos, die dort eröffnet werden. 1908 geht an der Bahnhofstraße 24 der Vorhang auf – jedoch nur für zwei Jahre. Gibt es zuerst noch tägliche Vorführungen, wird später nur noch das Wochenende bespielt. Dabei bietet das Edison-Theater sogar ein Konzertpiano. Heute befindet sich in dem Gebäude das SPD-Büro.

Bahnhofstraße 7

Das langlebigsten Kino Hattingens steht an der Bahnhofstraße 7. Schon 1919 wird das Central-Kino eröffnet. Es überdauert gut 90 Jahre mit verschiedenen Besitzern und Pächtern und wird 2010 geschlossen. Die ersten Filme – gezeigt im umgebauten Saal des Hotels Riemeier – sind „Herzensopfer“ und „Staatsanwalt Jordan“. Begleitet werden die Filme mit Livemusik von der Künstlerkapelle Arno Köhler.

500 Plätze bietet der Filmpalast schon damals. Mit dem Umbau 1955 kommen noch einmal 100 Plätze dazu. Den meisten Hattingern dürfte das Central in seiner Dreiteilung ab 1977 in Erinnerung sein. Knapp 20 Jahre später bekommen die die Namen Lancaster, Holodeck und Odeon. Dort finden 400 Besucher Platz. Die letzten Filme, die im September 2010 im Central laufen: „Salt“ und „Männer al dente“.

„Männer al Dente“ ist einer der letzten beiden Filme, die im Central-Kino gezeigt werden.
„Männer al Dente“ ist einer der letzten beiden Filme, die im Central-Kino gezeigt werden. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Heute weist zwar ein Schild noch auf das Kino hin. Der Bau wurde aber vor drei Jahren abgerissen. Überbleibsel aus dem Central zeigt die Austellung im Bügeleisenhaus. Unter anderem dabei: Kinosessel, Eintrittskarten, ein Teil des Filmprojektors und eine Eiskiste.

Große Weilstraße 8

Auf dem Kino-Spaziergang in Richtung Innenstadt kommen Filmfans bis 1979 am Weiltor-Theater vorbei. Der Pächter ist der gleiche, der auch das Central betreibt. Auf Höhe der heutigen Shisha-Bar an der August-Bebel-Straße befand sich einst der Eingang. „Der träumende Mund“ ist der erste Film, der 1953 hier über die Leinwand flimmerte. Nach dem Umbau 1968 markiert „Tanja, die Nackte von der Teufelsinsel“ den Neustart.

Ausstellung zur Kinogeschichte

Im Museum im Bügeleisenhaus ist noch bis zum Sonntag, 8. Dezember, die Ausstellung „Zweimal Sperrsitz, bitte!“ zur Kinogeschichte in Hattingen zu sehen. Das Museum am Haldenplatz ist samstags, sonntags und feiertags von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

Der Museumsbesuch kostet für Erwachsene 2 Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren und Inhaber der Ehrenamtskarte ist der Eintritt frei. Alle Besucher haben am zweiten Adventssonntag, 8. Dezember, freien Eintritt.

Im Frühjahr soll es einen Kino-Rundgang mit dem Heimatverein geben. Das Datum wird noch bekanntgegeben.

Zum Kino, das mit seinen 530 Sitzplätzen auch für andere Veranstaltungen genutzt werden soll, gehört ein versenkbarer Orchesterraum für 30 Musiker. Mit dem Bau der August-Bebel-Straße und des Parkhauses verschwindet das Haus 1979.

Johannisstraße 4

Das Lichtspielhaus Glocke ist das älteste der Hattinger Kinos. Schon 1907 wird es als „Riesen-Kinematograph“ eröffnet. Gezeigt wird der Film „Vorführung lebender Photographie in nie gesehener Schönheit und Vollendung“. Vorstellungen gibt es zunächst nur am Wochenende. Das Kino bietet in seiner Hochzeit bis zu 300 Plätze. Im Jahr 1931 wird es geschlossen.

Ecke Oststraße/ Heggerstraße

Das Lichtspiel-Theater gehört, ebenso wie das Lichtspielhaus Glocke, Gustav Drenhaus. 1911 eröffnet das Kino an der Ecke Ost-/Heggerstraße. Es zeigt das gleiche Programm wie die Glocke. Die Ausstattung zur Eröffnung stammt aus dem Edison-Theater an der Bahnhofstraße.

Heggerstraße 34

Wie es einst in der Lichtburg aussah, zeigt die Ausstellung im Museum im Bügeleisenhaus.
Wie es einst in der Lichtburg aussah, zeigt die Ausstellung im Museum im Bügeleisenhaus. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Ebenfalls zu den „Drenhaus-Kinos“ gehört die Lichtburg über dem Ein-Euro-Shop an der Heggerstraße. Noch heute gibt es in dem ehemaligen Saal im Obergeschoss die alten Sitzreihen und Logen. Die Lichtburg wird am 8. Oktober 1937 eröffnet. 34 Jahre lang flimmern hier Filme über die Leinwand. Der erste: „Sieben Ohrfeigen“.

Henschelstraße 2

Der Kino-Rundgang verlässt die Innenstadt in Richtung Welper. An der ehemaligen Henschelstraße, dem Teil, der Ende der 1970er-Jahre abgebrochen wurde, stand der Adlerpalast. Auch dieses Kino betreibt Gustav Drenhaus ab November 1931.

Allerdings erlaubt das Reichspropaganda-Ministerium dem Hattinger „Kino-Mogul“ nur den Betrieb eines Lichtspielhauses. Deshalb muss er Glocke und Lichtspiel-Theater schließen. Der Adler-Palast mit seinen 500 Plätzen bleibt. Nur sechs Jahre später ist aber Schluss. Denn einen Tag später eröffnet Drenhaus die Lichtburg.

Thingstraße 46

Der Heimatverein hat für die Ausstellung im Bügeleisenhaus viele Erinnerungen und Anekdoten zusammengetragen.
Der Heimatverein hat für die Ausstellung im Bügeleisenhaus viele Erinnerungen und Anekdoten zusammengetragen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

„Heidi“ mit Theo Lingen ist der Start für das Burg-Theater an der Thingstraße am 16. Oktober 1953. Elly und Wilhelm Bläser bieten Filmgenuss mit einer 15 Meter breiten Bühne und 554 Plätzen. Lange hält sich das Burg-Theater aber nicht. Neun Jahre nach „Heidi“ ist Schluss. Das Gebäude, in dem sich später unter anderem der Schlecker-Markt befand, wird 2017 abgerissen.

Im Welperfeld

Die Lichtspiele Friedenseiche waren an der damaligen Moltkestraße 2 – heute „Im Welperfeld“ angesiedelt. Fast zeitgleich mit dem Burg-Theater eröffnet dieses Kino im Oktober 1953. „Der fidele Bauer“ und „Der König von Texas“ laufen hier als erstes über die Leinwand. Für bis zu 522 Besucher ist Platz im Saal. Auch dieses Lichtspielhaus bleibt nicht lange: im August 1961 schließen die Lichtspiele Friedenseiche.

Ursprünglich sollte es noch ein weiteres Kino in Welper geben. Seit 1937 werden die Lichtspiele Hüttenau geplant. Sie eröffnen aber nie, weil erst der Krieg kommt, dann der Rohstoffmangel. In den 1950er-Jahren werden die Kinopläne endgültig aufgegeben.