Bochum/Hattingen. Eine Welle der Anteilnahme und Solidarität erreicht die Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen. Auch Ruhrbischof Overbeck schrieb einen Brief.

Eine Welle der Solidarität erlebte die Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen nach dem versuchten Anschlag auf die Synagoge in Halle vor zwei Wochen. Dabei drückten hunderte Menschen ihre Verbundenheit und Unterstützung mit ihrer Teilnahme an der Menschenkette unmittelbar vor dem Schabbat-Gottesdienst aus. Doch es gab noch ganz andere Zeichen der Unterstützung.

„Bei uns sind Dutzende Briefe und Postkarten eingegangen. Sehr viele Menschen, die am Freitagabend vor einer Woche verhindert waren, wollten trotzdem ihre Anteilnahme ausdrücken“, so Aleksander Chraga, Geschäftsführer der Gemeinde. Zudem griffen sehr viele Bürgerinnen und Bürger in den Tagen nach dem Anschlag einfach zum Telefon, um ihre Unterstützung mündlich zu versichern. Dabei fiel immer wieder der Satz: „Wir lassen Euch jetzt nicht allein und wir stehen zu Euch.“ Wieder andere schrieben E-Mails oder legten einfach Blumen an der Synagoge am Erich-Mendel-Platz nieder – allesamt Zeichen gegen Hass und Antisemitismus.

Jüdisches Leben entwickelt sich

Seit der Einweihung des neuen Synagoge und des Gemeindezentrums am 16. Dezember 2007 ist es der Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen gelungen, ihre Aktivitäten kontinuierlich auszubauen.

Mittlerweile gibt es einen Kindergarten, eine starke Seniorenarbeit und ein vielfältiges Angebot für Kinder und Jugendliche. Das Jugendzentrum ist in diesem Jahr ausgebaut worden.

Derzeit laufen die Arbeiten für einen neuen jüdischen Friedhof, da es auf dem alten Friedhof an der Wasserstraße in Bochum kaum noch freie Grabstellen gibt.

Unter den Bekundungen waren auch die Äußerungen vieler einfachen Menschen, aber auch Prominente und Personen des öffentlichen Lebens aus Bochum und den Nachbarstädten äußerten sich. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck etwa schickte einen Brief, in dem er seine Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde ausdrückte.

Die Jüdische Gemeinde selbst zeigte sich von den Vorgängen in Halle tief betroffen. Noch am Abend des Anschlags hatte sich der Gemeindevorsitzend Grigory Rabinovich geäußert. Ausgerechnet am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur sei dies passiert

Gemeinde bedankt sich für die große Anteilnahme

jüdische gemeinde bochum feiert jom kippur mit ÄngstenDie Gemeinde wendet sich nun schriftlich und öffentlich an all die Menschen, die auf vielfältige Weise ihre Unterstützung zum Ausdruck gebracht haben:

„Wir sind zutiefst bestürzt und möchten unser Beileid den Betroffenen in Halle bekunden. Für Ihre Anteilnahme hier vor Ort bedanken wir uns herzlich. Es ist für uns von großer Bedeutung, zu spüren, wie sehr wir ein integrierter Teil Bochums sind und Ihre Unterstützung erfahren. Nur durch solidarisches Auftreten können wir unmenschlichen Vorstellungen entgegentreten und Toleranz und Frieden vermitteln.“

Während die Gemeinde in der Synagoge Jom Kippur feierte, patrouillierten vor der Tür schwer bewaffnete Polizisten.
Während die Gemeinde in der Synagoge Jom Kippur feierte, patrouillierten vor der Tür schwer bewaffnete Polizisten. © Michael Weeke

Wie unverhohlen mittlerweile wieder auch in Bochum antisemitische Haltungen in die Öffentlichkeit gebracht werden, zeigte etwa eine Parole mit menschenverachtendem und antisemitischem Inhalt an einer Fernwärme-Rohrleitung der Stadtwerke. Ende August hatten dort unbekannte Täter Nazi-Schmierereien verübt. Hier sind die Ermittlungen der Abteilung Staatsschutz der Bochumer Polizei noch nicht abgeschlossen. Die Stadtwerke Bochum hatten unmittelbar nachdem sie von den Schmierereien auf der Fernwärmeleitung erfahren hatten, diese wieder übermalt.

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Von Andreas Rorowski, Michael Weeke und Bernd Kiesewetter

Die Polizei hatte direkt nach dem Anschlag ihre Sicherheitsmaßnahmen im Umfeld der Synagoge noch einmal erweitert. Zunächst standen rund um die Uhr mit Maschinenpistolen bewaffnete Beamte vor der Synagoge. „Unsere Aufmerksamkeit ist unvermindert hoch“, so ein Polizeisprecher, der jedoch – wie üblich – zu Einzelheiten der laufenden Überwachung nichts sagen mochte.