Bochum. Nach dem Attentat in Halle hat die Bochumer Polizei mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen reagiert. In der Synagoge wurde Jom Kippur gefeiert.
Auch am Morgen nach dem Attentat in Halle/Saale ist die Polizei mit schwer bewaffneten Kräften vor der Synagoge am Erich-Mendel-Platz präsent. Darunter ist auch Polizeihauptkommissar Norbert Reiß vom Einsatzschwerpunktdienst. Mit einem Kollegen bewacht er den Eingang der Synagoge, die ohnehin schon mit großen Sicherungsmaßnahmen und vielen Kameras ausgestattet ist.
Bis auf weiteres wird die Polizei dort ununterbrochen mit einem Mannschaftswagen präsent sein. Auch schon vor dem Anschlag in Halle hat die Polizei Objektschutzmaßnahmen an der Synagoge durchgeführt. Die Überwachung ist jetzt verstärkt und erhöht worden.
„Die Polizei hat sofort reagiert und Kontakt mit uns aufgenommen“
Bereits direkt nach dem Amoklauf am Mittwochnachmittag in Halle und im benachbarten Landsberg haben schwer bewaffnete Einsatzkräfte sogenannte Standortkontrollen an der Synagoge und an den Bochumer Moscheen und Gebetsräumen durchgeführt. Zusätzliche Kräfte kamen dabei bis zum Abend aber nicht zum Einsatz, so die Polizei. Besondere Vorkommnisse hat es bis zum Abend nicht gegeben.
„Die Polizei hat sofort reagiert und Kontakt mit uns aufgenommen“, sagte der Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde, Aleksander Chraga am Mittwochabend. Es ist Jom Kippur, das höchste jüdische Fest. Es geht um Buße und es geht um Versöhnung. Bereits am Mittwochabend kamen die Menschen in der Bochumer Synagoge zusammen. Am Donnerstag gab es bereits am Vormittag einen Gottesdienst. Am Abend sind weniger Menschen als erwartet gekommen. Obwohl gerade an Jom Kippur Juden gehalten sind, am Gottesdienst teilzunehmen. Einige Gemeindemitglieder hatten offenbar Angst zu kommen.
Ein paar Worte zum Versöhnungstag
Grigory Rabinovic ist seit vielen Jahren Gemeindevorsitzender. Es hat Tradition, dass er am Jom Kippur Tag ein paar Worte sagt. „Das habe ich auch heute getan, am Versöhnungstag. Wir sind sehr traurig, dass heute zwei unschuldige Menschen ums Leben gekommen sind.“ Ob er nicht wütend sei nach solch’ einem brutalen Attentat. „Nein. Ich bin eher traurig und nachdenklich“, antwortet er.
Drinnen spricht Kantor Daniel Tsach mit lauter Stimme. Die Gemeinde antwortet. Es ist eine festliche Stimmung. Mit Jom Kippur endet die zehntägige Bußzeit nach dem jüdischen Neujahrsfest Rosch ha -Schana. Juden, die dazu in der Lage sind fasten an diesem Tag. Es ist ein friedlicher Tag.
Polizei schützt Synagoge
Doch draußen vor der Synagoge ist die Stimmung weniger entspannt. Zwar stehen häufiger Streifenwagen vor dem Gemeindehaus und der Synagoge am Erich-Mendel-Platz. Doch an diesem Abend ist es etwas anders. Die Polizeibeamten sind schwer bewaffnet. Sie lassen zwar ihren VW Bulli fotografieren. Doch eine gewisse Anspannung ist ihnen anzumerken. Sie bleiben im Hintergrund, ihre Maschinenpistolen sollen nicht ins Bild. Der sonst so freie Zugang zur Synagoge, er ist nicht möglich. Ausweise müssen vorgezeigt werden.
„Wir sind doch ein offenes Haus“, sagt Aleksander Chraga ein paar Minuten später drinnen. Ein wenig dieser Offenheit ist an diesem Tag, an diesem Jom Kippur am 9. Oktober 2019 verloren gegangen.