Hattingen. Auf der 3. Armutskonferenz in Hattingen sind Strategien gefunden worden, wie man sich intensiver um Armut und Einsamkeit im Alter kümmern kann.

Die Nachbarschaft soll aktiviert und Öffentlichkeit geschaffen, Netzwerke sollen ausgebaut werden. Das ist das Fazit der dritten Armutskonferenz der Stadt Hattingen „Alt, arm und einsam - Leben ist mehr“.

Ein Thema, das offensichtlich den Nerv der Bevölkerung trifft. Der große Sitzungssaal des Rathauses ist voll mit Menschen, die sich ehrenamtlich, in Vereinen oder Verbänden engagieren. Es wird heftig diskutiert und vor allem gibt es zum Schluss konkrete Verabredungen. Das nächste Treffen findet am 9. Januar statt, um für verschiedene Themen die weitere Vorgehensweise abzusprechen.

An viele Senioren kommen die Helfer einfach nicht heran

Teilnehmer aus ganz unterschiedlichen Bereichen berichten übereinstimmend, dass es trotz der breitgefächerten Angebote in dieser Stadt sehr viele Senioren gibt, an die man einfach nicht herankommt. Sie leben zurückgezogen, öffnen sich nicht, gehen nicht zu Veranstaltungen und leben einsam - vom Leben abgeschnitten. Ohne eine Chance für Menschen, die helfen wollen, an sie heranzukommen.

Gabriele Krefting moderierte die Veranstaltung.
Gabriele Krefting moderierte die Veranstaltung. © Funke Foto Services GmbH | Walter Fischer

Für die meisten neu ist der „Telefonische Besuchsdienst“, über den Christine Drüke vom Seniorenbüro Bochum berichtet. Sie erzählt aus der Praxis, dass es Möglichkeiten gibt, mit Senioren Kontakt aufzunehmen, die nicht aus dem Haus möchten und auch niemanden in die Wohnung lassen wollen.

Es werden in solchen Fällen feste Telefontermine mit Ehrenamtlichen vereinbart, man redet über Gott und die Welt. Die Erfahrung zeige, dass sich daraus oftmals dauerhafte Beziehungen entwickeln.

Gute Erfahrungen mit dem Telefonischen Besuchsdienst

Die gute Bochumer Erfahrung soll sofort in Hattingen umgesetzt werden. Vera Moneke, die das Projekt „Altengerechtes Quartier Welper“ für den Fachbereich Soziales und Wohnen leitet, wird den Telefonischen Besuchsdienst nach dem Beispiel der Nachbarstadt anbieten.

Einen sehr interessanten Vortrag hielt auch Frieda Stahmer, Diplom Sozialpädagogin, Theaterpädagogin und Quartiersentwicklerin in Lübeck. Sie überzeugte mit ihrer Rede aus der Sicht einer Betroffenen und mit praktischen Beispielen, wie man an Menschen, die unerreichbar erscheinen, herankommt, ohne Schwellenängste aufzubauen.

Ehrenamtliche könnten zum Beispiel auf Menschen auf der Straße zugehen, sie ansprechen, ohne sie zu etwas überreden zu wollen, einfach mal winken und langsam eine Beziehung entstehen lassen. Die Sozialpädagogin stellte aber auch die kritische Frage, ob man diese Menschen wirklich dabei haben möchte und ob man damit umgehen kann, wenn sie auf das Angebot nicht so reagieren, wie man es sich vorstellt. So ein Aufbau von Beziehungen brauche Zeit und die Unterstützung der Menschen in den Quartieren.

Armut hat nicht nur mit fehlendem Geld zu tun

Die Hattinger Quartiersentwicklerin und Moderatorin des Abends, Gabriele Krefting, sieht in der Schilderung und Anregung eine weitere Möglichkeit, die Quartiersarbeit auf diese Weise auszubauen. Durch die Diskussionsfreudigkeit der Teilnehmer werden Ansätze gefunden, die Arbeit weiter zu entwickeln.

Klar wird durch viele Beitrage, dass sich Armut nicht nur auf die finanzielle Situation bezieht, sondern auch auf die soziale und kulturelle Situation. Armut und Einsamkeit im Alter sind Themen, die zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken.