Bochum. . Der telefonische Besuchsdienst vermittelt ehrenamtliche Gesprächspartner an alte Menschen. Einige von ihnen haben kaum noch soziale Kontakte.

Eine wehmütige Bemerkung erlaubt sich Christine Strube dann doch: „Man ist ja doch auch einsam im Alter“. Ansonsten kann man nicht anders, als die 87-jährige für ihre fröhliche Art zu bewundern. Nach allem, was war. Nach dem Tod ihres Mannes vor 17 Jahren, dem Tod ihres späteren Lebensgefährten vor sechs Jahren, dem Tod einer guten Freundin im vergangenen Jahr.

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Früher ist sie gern wandern gegangen, durch die Stadt geschlendert, hat auf dem Markt eingekauft – heute haben ihr die Gebrechen des Alters ein Stück Selbstständigkeit genommen. Und vor Kurzem hat auch noch das nette Café in der Nachbarschaft zugemacht. „Der Rewe ist für mich schon das Highlight“, sagt Christine Strube und lacht.

Plaudern über alles, was so anfällt

Was aber tut ein geselliger Mensch, dem die Gesellschaft fehlt? Der viele seiner Freunde, Bekannten, Nachbarn überlebt hat? Dessen Familie nicht ständig zu Besuch kommen kann? Christine Strube telefoniert. Jeden Montag von 14 bis 15 Uhr plaudert sie mit Roswitha Koch, 67, über alles, was gerade so anfällt. Backrezepte, „Frau Koch isst sehr gern Kuchen“, die Kinder, die Enkel, die Urenkel, Urlaubsreisen, „wir waren ja beide schon im Pfälzerwald“, das Wetter, natürlich, und auch über Politik. Seit zweieinhalb Jahren ist das Montagstelefonat eine feste Größe im Alltag der beiden Frauen.

Zusammengebracht hat sie der telefonische Besuchsdienst der Seniorenbüros Ost und Mitte. Die Idee: Ehrenamtliche telefonieren mit Senioren, die sich mehr oder überhaupt sozialen Kontakt wünschen.

Viele Senioren trauen sich nicht

23 aktive Telefonpärchen gibt es derzeit – und es könnten mehr sein, denn ehrenamtliche Telefonpaten sind genug da. Allein: Viele Senioren trauen sich nicht, das Angebot auszuprobieren. Dabei kann Christine Drüke vom Seniorenbüro Mitte etwaige Bedenken schnell ausräumen: „Das Ganze ist kostenlos und beschränkt sich auf Telefonate.“

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Niemand müsse Angst haben, dass plötzlich ungebetener Besuch auf der Matte stehe. Auch die Befürchtung, man könne mit dem zugeteilten Paten nicht zurechtkommen, lässt sich zerstreuen: Es gibt keine Verpflichtungen. Wenn man sich nicht versteht, werde eben ein neuer Pate gesucht, so Drüke. Alles schon dagewesen. Auch um die Telefonkosten müsse sich niemand sorgen – die Ehrenamtlichen rufen bei den Senioren an, nicht umgekehrt. Wobei das für Christine Strube kein Problem gewesen wäre: „Ich habe ja so eine Flatrate“.

Der Spickzettel war überflüssig

Während also Christine Strube dem ersten Telefonat mit der noch unbekannten „Frau Koch“ recht gelassen entgegensah, machte sich die Ehrenamtlerin schon so ihre Gedanken. Natürlich hatte sie vorab an einer Schulung teilgenommen und doch: „Ich wurde immer nervöser, je näher die Stunde rückte“.

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Einen Spickzettel mit Gesprächsthemen hatte sie vorbereitet, für den Notfall, für das große, peinliche Schweigen. Gebraucht hat sie ihn nicht: „Wir sind verbal aufeinander zugegangen“, sagt Roswitha Koch. „Das hat sofort gut geklappt.“ Und es klappt bis heute: Die Telefonfreundinnen haben sich immer etwas zu erzählen – und viel zu lachen. „Die Stunde ist schnell rum“, sagt Christine Strube, „ich bin froh, dass Frau Koch ihre Zeit für mich opfert“.

Info

Die nächste Schulung für Ehrenamtliche findet am 7. Juli von 10 bis 17 Uhr im Seniorenbüro Mitte, Heuversstraße 2, statt. Infos unter 0234/ 92 78 63 90 oder 0234/ 54 47 65 00

Als ein „Opfer“ würde „Frau Koch“ die Telefonate niemals bezeichnen: „Frau Strube macht es mir leicht.“ Ihren Termin jedenfalls lässt keine von beiden ohne Grund ausfallen. Nur, wenn Roswitha Koch in den Urlaub fährt, bleibt Christine Strubes Telefon montags still. Dafür gibt es dann eine Postkarte.