Hattingen. Die Landesregierung verspricht Personal für die Polizei. Die Behörde im EN-Kreis verliert aber Stellen. Der Krankenstand ist auf dem Höchststand.

Die Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis soll neues Personal bekommen. Doch während Oliver Flüshöh, CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, in einer Pressemitteilung voll des Lobes ist, erklärt Tanja Wallenfels, Vorsitzende der Polizeigewerkschaft im Ennepe-Ruhr-Kreis, warum die personellen Sorgen der Polizei sich sogar noch verschärfen.

Zahl der Polizisten geht laut Gewerkschaft effektiv zurück

Das NRW-Innenministerium hat die Personalverteilung für die 50 Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen festgelegt. „Die NRW-Koalition hält weiter Kurs und erhöht auch in diesem Jahr die Stellen bei den Kreispolizeibehörden“, freut sich Flüshöh. Er spricht von „insgesamt über vier Stellen“, die die Kreispolizeibehörde zusätzlich bekommen soll.

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Woher er diese Information schon in der vergangenen Woche hat, weiß Tanja Wallenfels nicht. Denn seit Montag steht fest: Die Kreispolizeibehörde verliert sogar Personal. „Wir stehen bei minus drei“, erklärt die Gewerkschafterin. Die Polizeigewerkschaft NRW erklärte kürzlich: „Effektiv geht die Zahl der Polizeibeamten in NRW in diesem Jahr um 151 zurück.“

Bürger erstatten häufiger Anzeigen

Viele Polizisten vor dem Ruhestand

Bei der Kreispolizei Ennepe-Ruhr arbeiten etwas mehr als 300 Polizisten. Viele von ihnen werden aber in absehbarer Zeit aus Altersgründen ausscheiden. Schon vor zwei Jahren kündigte Polizeioberrat Helmut Seelig an, dass 70 Kollegen bis zum Jahr 2023 in den Ruhestand gehen.

Gewerkschafterin Tanja Wallenfels erklärt, dass Lücken auch entstünden, weil die älteren Kollegen nicht nur zum 1. September ausscheiden, dem Termin, an dem neue Polizisten ihren Dienst auf den Wachen antreten.

Die Lage im EN-Kreis: „Zwölf junge Kollegen gehen zum September im Zuge des Versetzungsverfahrens“, erklärt Wallenfels. Sie haben die Möglichkeit zu wechseln, weil sie zuvor nicht in ihrer Wunschregion eingesetzt werden konnten. Weitere Kollegen werden zum Beispiel pensioniert. Insgesamt müssten 23 Stellen aufgefüllt werden. „Wir bekommen 17 fertige Auszubildende, wenn alle ihre Prüfung schaffen, und drei Kollegen wechseln in den EN-Kreis“, rechnet Wallenfels. Bleibt ein Minus.

Die Polizistin mahnt an, dass die Belastung im Dienst immer größer werde. Die Anzeigen von Bürgern, immer häufiger auch wegen Lappalien, stapelten sich auf den Schreibtischen der Kriminalpolizei. Dazu kommt ein neues Anzeigenprogramm, durch das vier Polizisten aus dem aktiven Dienst abgezogen werden mussten, um andere zu schulen. Auch viele schwangere Kolleginnen fehlten im Einsatz, da sie nur in geschützten Bereichen arbeiten dürften. Die Folge: „Eine so hohe Krankenquote wie jetzt hatten wir lange nicht mehr.“

Ausfälle durch Personallücken bei der Polizei

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Entlastungen, die die Landesregierung schon in der Vergangenheit versprochen hatte, seien im EN-Kreis nicht angekommen. Personal sei vor allem in Bereiche wie den Staatsschutz und die Beweissicherung gezogen worden. Arge Probleme habe es bei der Kreispolizei zuletzt in der Verkehrsabteilung gegeben, aus der Mitarbeiter abgezogen werden mussten, um Personallücken in anderen Bereichen zu stopfen. Zum Beispiel seien Verkehrskontrollen dadurch oft kaum mehr möglich. In dieser Woche wird nun erneut beraten, wie das Personal verteilt wird.

Mehr Polizeianwärter, aber auch mehr Abbrecher

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Flüshöh lobt: „2019 stellt das NRW-Innenministerium 2500 Polizeianwärter ein, die in drei Jahren ihren Dienst antreten werden. Das ist Rekord. Und damit setzt die Koalition in Düsseldorf nicht zuletzt den Wunsch der Kommunen und Kreise nach mehr Sicherheit für ihre Bürgerinnen und Bürger um.“

Wallenfels gibt dazu die gestiegene Quote an Durchfallern und Abbrechern in der Ausbildung zu bedenken. Inzwischen geht sie von etwa 16 Prozent der Anwärter aus. Weil so viel Personal eingestellt werde, leide auch die Strenge bei der Auswahl, entsprechend steigt die Ausfallquote.