Hattingen. Auf dem Hattinger Stüterhof steht die Ex-Galopperstute Roxan. Das Pferd leidet an einem Magengeschwür. Das stellt die Hofbesitzer vor Probleme.

Auf der Wiese des Stüterhofes steht vor dem Gesellschaftsraum namens „Thronsaal“ eine Sitzgruppe, munter plauschen Pferdefreunde hier. Vom Tisch greift sich Frank Seidel eine Riesenflasche mit einem Riesennuckel. Er ist für die zwei Fohlen. Ihre Mütter stammen aus einer Herde an der Grenze zu Dänemark, in die Wölfe einbrachen und die ein Parkbesitzer loswerden wollte. Wenige Meter weiter hält Heike Seidel der Stute Roxan zum x-ten Mal an diesem Tag einen Eimer mit Futter hin. Das Pferd hat ein Magengeschwür, muss aufgepäppelt werden. Mit Liebe - und mit Medikamenten. Die Kosten dafür bereiten dem Paar Kopfschmerzen.

Viele Pferde landen hier auf dem Stüterhof, die woanders nicht mehr gewollt sind, viele entgehen so dem Abdecker. Pferde sind dabei, die sich nicht mehr satteln oder reiten lassen wollten – wie Salou, der sogar bissig war.

Aus dem bissigen Hengst ist auf dem Hattinger Stüterhof ein Schmusepferd geworden

Video- So geht es dem kranken Pferd Roxan auf dem Hattinger Stüterhof

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    „Wenn ich ihn heute rufe, will er auf den Arm, er lässt sich reiten, macht keine Probleme. Er ist ein richtiges Schmusepferd“, sagt Frank Seidel (52). Geduld, Liebe, Verständnis sind das Rezept. „Er war einfach falsch behandelt worden.“

    Frank Seidel (52) vom Stüterhof in Hattingen kümmert sich um die Fohlen von zwei dänischen Wildpferden. Die Fohlen hatten nach ihrer Geburt Wundstarrkrampf. Er päppelt sie auch mit Milch aus einer Nuckelflasche groß
    Frank Seidel (52) vom Stüterhof in Hattingen kümmert sich um die Fohlen von zwei dänischen Wildpferden. Die Fohlen hatten nach ihrer Geburt Wundstarrkrampf. Er päppelt sie auch mit Milch aus einer Nuckelflasche groß © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

    Über Facebook erfuhren die Hofinhaber von den beiden Stuten an der dänischen Grenze. Beide waren trächtig, beide haben Tetanus, weshalb die vor wenigen Wochen geborenen Fohlen gleich an Wundstarrkrampf erkrankten, ärztlich behandelt werden mussten. Es geht ihnen inzwischen gut. Aber sie müssen eben zur Stutenmilch noch zusätzliche Nahrung erhalten, um gesund zu bleiben – dafür ist die Flasche.

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    „Ich bin vor drei Jahren auf den Hof gestoßen. Mir hat gefallen, dass hier Wohlbefinden und Gesunderhaltung der Pferde oberste Priorität haben. Für den Hof habe ich mich entschieden, weil ich hier als Mensch vom Tier lernen darf. Mit seiner wunderbaren landschaftlichen Lage ist es meine kleine Auszeit vom Alltag. Und in Roxan habe ich mich bereits in der ersten Reitstunde verliebt“, sagt Reitwiedereinsteigerin Kerstin Böhmer (49), die sich um Roxan Sorgen macht. Sie reitet Roxan gern, die in „Halbrente“ ist, wie die Hofbesitzer es nennen.

    Pferde bekommen auch im Alter Beschäftigung und Bewegung

    „Roxan wird normalerweise noch eine Stunde am Tag bewegt. Es ist wichtig, dass sie etwas tut. Das ist sonst wie bei Menschen, die in Rente gehen und nichts mehr machen. Das geht nicht lange gut. Die Pferde brauchen Beschäftigung – und zwar für Kopf und Körper“, erklärt Frank Seidel. Und die bekommt ein jedes Pferd so, wie es sie braucht. Die ehemalige Galopperstute hat derzeit wenig Gewicht, wird darum nicht geritten. Sie bekommt nicht nur normales Futter, sondern immer wieder auch Fressanreize wie Äpfel und Karotten. Liebevoll kümmern sich alle um das Pferd. Carolin Salewski (19), die eine sonntägliche Reitbeteiligung an Roxan hat, geht mit ihr spazieren, macht „Wellness-Programm“. Das Dressurreiten steht derzeit eben hinten an.

    Bodenarbeitskurse vermitteln Wissen über die Sprache der Pferde

    Stüterhof-Programm

    Der Stüterhof bietet eine kleine Reitschule, Selbstverteidigungskurse, Reitercamps, Ausflüge, Reitsport für behinderte Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit Depression, Yoga und Pferde, Rückenschule, Ferienprogramm. Die Gruppe Equitem Nebula übt Feuershows mit den Pferden ein.

    Kontakt: www.stueterhof.de, E-Mail an kontakt@stueterhof.de,
    0152 31 76 21 02

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    Nicht nur Reitkurse, eine Showgruppe und Ferienprogramm gibt es auf dem Stüterhof, sondern so genannte „Bodenarbeitskurse“. Da erlernen Interessierte die Sprache des Pferdes, thematisieren die Kommunikation zwischen Mensch und Tier. „Hat ein Reiter die falsche Haltung, versteht das Pferd ihn nicht“, erläutert Heike Seidel (51), die auch Tierheilpraktikerin ist und viele Beschwerden der Tiere selbst kurieren kann. 49 Pferde gibt es derzeit auf dem Hof An der Egge 85.

    Frank Seidel erklärt: „Wir haben hier eine Mischkalkulation, wir kommen aus, können uns und die Pferde ernähren, aber hohe Extrakosten sind nicht drin.“ 1800 Euro für sechs Wochen kosten die Medikamente von Roxan. Die Untersuchungen und sonstigen Tierarztkosten sind da noch gar nicht mitgerechnet. Und eine Verlängerung der Therapie steht wohl auch an. . .

    Kämpfen dafür, dass die Stute Roxan auf dem Stüterhof in Hattingen wieder gesund wird: (v.l.): Carolin Salewski (19), Kerstin Böhmer (49), Heike (51) und Frank (52) Seidel, Jessica Werner (26).
    Kämpfen dafür, dass die Stute Roxan auf dem Stüterhof in Hattingen wieder gesund wird: (v.l.): Carolin Salewski (19), Kerstin Böhmer (49), Heike (51) und Frank (52) Seidel, Jessica Werner (26). © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

    Viele Menschen – darunter viele Frauen – engagieren sich auf dem Hof. Für Jessica Werner (26) ist der Stüterhof längst ein zweites Zuhause geworden. Sie ist Trainerassistentin. Und hat stets Pferde und Reiter im Blick. „Jedes Pferd ist anders. Jeder Reiter ist anders. Und jede Kombination ist anders.“ Diese Sensibilität ist es, die Kerstin Böhmer gefällt, weil jeder sein eigenes Tempo leben kann, gleich ob Pferd oder Reiter. „Der Umgang miteinander ist super und sehr familiär.“

    Spendenaufruf für das kranke Pferd hängt im Thronsaal

    Vom Thronsaal des Stüterhofes, der so heißt, weil die Inhaber Mittelalterfans sind, haben Mütter von Reitschülern einen guten Blick in die Reithalle. Doch er bietet auch gemütliche Sitzmöglichkeiten für einen Plausch bei einer Tasse Kaffee. Derzeit hängt im Thronsaal ein Spendenaufruf für „Roxi“. Ein Foto von der Magenspiegelung ist darauf – und die Bitte, für die teuren Medikamente einen Beitrag in die Spendenkasse der Stube zu legen. Damit Roxan ihr Therapie bekommen kann und bald wieder gesund wird – und der Hof nicht an den Kosten krankt. Kontakt zum Stüterhof via E-Mail an kontakt@stueterhof.de oder Telefon:
    0152 31 76 21 02

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