Hattingen. Die großen Arbeitskämpfe in Hattingen haben Otto König geprägt – und er sie. 30 Jahre lang sitzt er bei wichtigen Entscheidungen mit am Tisch.

Mönninghoff. Die Henrichshütte, an erster Stelle natürlich. Und Kone. Drei Meilensteine im Arbeitsleben von Otto König. 30 Jahre lang ist er Erster Bevollmächtigter der IG Metall, ist für die Arbeiter „unser Otto“. Der König geht voran, er streitet für die Arbeitsplätze der Mitglieder, aber auch für die, die sich nicht seiner Gewerkschaft angeschlossen haben. Er wird laut, wenn es sein muss, kann aber auch die leisen Töne, wenn es darum geht, zu einer guten Lösung für alle zu kommen.

Mönninghoffer und IG Metall erabeiten das Hattinger Modell

„Es ging sofort volle Lotte los“, sagt er in einem Gespräch mit der WAZ-Redaktion. Mönninghoff meint er, Arbeitskampf 1983/84. Es geht um 800 Arbeitsplätze. „Und nicht mehr nur um Sozialpläne.“ Denn drei Jahre nach dem Kauf der ehemaligen Leo-Gottwald-Werke, jetzt Mönninghoff, gerät die Bochumer Bomin-Gruppe in finanzielle Schwierigkeiten. Dass nicht alle Arbeitsplätze gerettet werden können, weiß jeder, deshalb entwickeln Gewerkschaft und Belegschaft eine Alternative: das Hattinger Modell. Schmiede und Presswerk werden als GmbH weitergeführt, eine Berufsbildungsstätte für die Weiterqualifikation der ausgeschiedenen Arbeiter wird geschaffen.

2900 von 4700 Arbeitsplätzen auf der Hütte gestrichen

Hüttenkampf 1987: Otto König neben Otto Schily (li.)
Hüttenkampf 1987: Otto König neben Otto Schily (li.) © WAZ | Ficher/Repro

Sein bewegendster Arbeitskampf ist der um die Hütte. Hattingen, 19. Februar 1987: 2900 von 4700 Arbeitsplätzen werden an diesem Tag durch die Vorstände der Thyssen Stahl und der Thyssen-Henrichshütte gestrichen. Die 4,2-Meter-Walzstraße und die beiden Hochöfen werden stillgelegt, Mitarbeiter beim Werkschutz, bei der Feu­erwehr und in allen nicht­produzierenden Bereichen verlieren ihre Lebensgrund­lage, ihren Job. Hattingen am Boden, die Lebensplanung von Tausenden wird mit einem Schlag zerstört. „Die wollen unseren Stahlstandort kaputtmachen“, sagt Otto König in ungewohnt knappen Worten. Und: „Unser Kampf wird jetzt erst richtig losgehen!“

Die Menschenkette im Hüttenkampf macht ihn stolz

Ihn erschreckt, dass es keinen Sozialplan gibt. Eine seiner Forderungen: Ersatzarbeitsplätze schaffen! Tatsächlich kommen viele Hüttenarbeiter später in anderen Werken in Duisburg, Krefeld oder Witten unter. „Auch wenn wir das Werk nicht retten konnten“, sagt König, „am Ende lief die Aktion einigermaßen sozialverträglich ab.“ Niemand steht am Ende mit ganz leeren Händen da. „Beeindruckend fand ich, wie viele Menschen wir mobilisiert haben.“ Vor allem die Menschenkette von der Ruhr- bis zur Kosterbrücke hat bei König Stolz hinterlassen.

Otto König ist ein Pfälzer Junge

Otto König ist ein Pfälzer Junge. Im Jahr 1971 kommt er hauptamtlich ans IG-Metall-Bildungszentrum Sprockhövel, er zieht nach Hattingen. Neun Jahre bildet er Funktionäre und Betriebsräte aus, bevor er dann 1980 Erster Bevollmächtigter der IG Metall Hattingen wird. Das ist er bis zur Jahrtausendwende, danach macht er in der gleichen Position bei der neuen IG Metall Gevelsberg-Hattingen weiter.

Otto König Arne Poll
Otto König Arne Poll © Arne Poll | Arne Poll

2005 folgt der letzte schwere Schlag in Hattingen: Konzernboss Alahuhta verkündet das Aus für die Kone-Rolltreppenfertigung (ehemals O&K) – mehr als 300 Mitar­beiter stehen ohne Arbeitsplatz da. „Hattingen darf kein begehbares Museum werden“, ruft König bei der Maikundgebung auf dem Untermarkt. Wieder wird ein Sozialplan verhandelt - ein letztes Mal schlägt er mit seinen Kollegen das Beste für alle heraus.

>>> INFO: Im Jahr 2010 gibt er den Staffelstab weiter

Unsere Auseinandersetzungen hatten aber Zukunftsinitiativen des Landes für die Montanindustrie zur Folge“, sagt Otto König rückblickend auf seine 30 Jahre an der Spitze der örtlichen IG Metall. Im Jahr 2010 geht er in den Ruhestand und gibt den Staffelstab weiter an seine Nachfolgerin Clarissa Bader.

Hattingen ist der Pfälzer treu geblieben, hier ist seine Heimat. Und wenn es um soziale Gerechtigkeit geht, ist er auch immer noch vorne mit dabei