Hattingen. . Mit kreativen Ideen versuchten die Mönninghoffer 1984 ihre Firma zu retten. Ohne Erfolg. Aber ihr Vorgehen wurde Vorbild für andere.

Die 1980er-Jahre waren eine prägende Phase für Hattingen „Das war der klassische Strukturwandel im Ruhrgebiet“, weiß Otto König, damals Erster Bevollmächtigter der IG Metall. Gemeinsam mit Tausenden Arbeitern hatte er einige Kämpfe auszufechten. In unserem Rückblick auf „50 Jahre WAZ Hattingen“ greifen wir pro Jahrzehnt ein Thema auf und hoffen auf viel mehr Erinnerungen von Ihnen, liebe Leser. Nun geht es um den Betrieb, bei dem in den 1980er-Jahren alles angefangen hat und der als „Hattinger Modell“ bundesweit bekannt wurde: Mönninghoff.

„Mönninghoff war ein großes Lernbeispiel. Da haben wir vieles ausprobiert, was dann auch bei der Hütte umgesetzt wurde“, sagt Otto König. Der Kampf um den Metallbetrieb mit 800 Beschäftigten war der drittgrößte in Hattingen.

Keine drei Jahre nach dem Kauf der ehemaligen Leo-Gottwald-Werke, jetzt Mönninghoff, geriet die Bochumer Bomin-Gruppe 1983 in finanzielle Schieflage. „Unser Ziel war es, das Werk aus dem Vergleich rauszuhalten“, erinnert sich König. Nach schwierigen Gesprächen mit den Banken gelang es, Mönninghoff selbstständig zu machen und eine Bürgschaft beim Land NRW zu bekommen.

Rückzieher der Banken

Doch die Ruhe hielt nur bis zum Dezember 1983. Dann stellten die Banken die Kreditzahlungen ein. Und das, obwohl die Bürgschaft noch nicht voll ausgereizt war. „Ich kann das bis heute nicht verstehen“, sagt der Gewerkschafter.

Anfang 1984 erhöhte die Gewerkschaft den Druck auf die Banken und arbeitete gegen einen Insolvenzverwalter an, der den Betrieb abwickeln wollte, nicht erhalten. Die Folge: Die Belegschaft griff zu einem drastischen Mittel und besetzte den Betrieb, um weiter produzieren zu können. Denn innerhalb kürzester Zeit stauten sich die Lkw vor dem Werkstor, um Materialien zurückzuholen. König erinnert sich: „Die Belegschaft hat tags gearbeitet und nachts in der Firma die Waren bewacht“.

Dass nicht alle Arbeitsplätze gerettet werden könnten, war aber jedem bewusst. Also entwickelten Gewerkschaft und Belegschaft mit Hilfe externer Berater eine Alternative: das Hattinger Modell. Danach würden Schmiede und Presswerk als GmbH weitergeführt und eine Berufsbildungsstätte für die Weiterqualifikation der ausgeschiedenen Arbeiter geschaffen.

Otto König, ehemaliger erster Bevollmächtigter der IG Metall Gevelsberg-Hattingen sitzt am Mittwoch, dem 06.06.2018 im Stadteingangstor Weiltor in Hattingen Foto: Walter Fischer / Funke Foto Services GmbH
Otto König, ehemaliger erster Bevollmächtigter der IG Metall Gevelsberg-Hattingen sitzt am Mittwoch, dem 06.06.2018 im Stadteingangstor Weiltor in Hattingen Foto: Walter Fischer / Funke Foto Services GmbH © Fischer

Auch die Finanzierung war durchdacht: Der Stadtrat sagte zwei Millionen D-Mark zu, die Landesbürgschaft bestand und die Banken erklärten sich zu einem Teilverzicht bereit. Sie würden ausbezahlt, wenn der Betrieb wieder läuft. Alles schien bestens vorbereitet. Bis zur letzten Sitzung, auf der alle ihre Zusage bestätigten – bis auf die Dresdner Bank, die einen Rückzieher machte. „Sie versprachen sich von einem Verkauf der Firma mehr als von unserem Modell“, blickt König zurück. Das Ende für Mönninghoff.

Die letzte Aktion der Hattinger: Der Zug vor die Dresdner Bank mit einem Sarg und dem Spruch: „Das grüne Band hat uns erwürgt“. Im Sommer 1984 war Schluss an der Gottwaldstraße.

Was bleibt nach Mönninghoff? Zunächst das Aktionshaus. Ein Verein, der die Mitarbeiter, die damals ohne Transfergesellschaft sofort in die Arbeitslosigkeit fielen, aufgefangen hat, Beratung bot und Zusammenhalt. 2013 löste sich der Förderverein endgültig auf.

Mönninghoff war auch Eisbrecher in der Frage, wie Betriebsräte Berater finanzieren können. „Das Land hat am Beispiel Mönninghoff einen Topf für sowas geschaffen. Das war eine der positiven Geschichten“, resümiert König.

Schicken Sie uns Ihre Erinnerungen an die 1980er

In diesem Jahr feiert die WAZ in Hattingen ihr 50-jähriges Bestehen. Auf diese Jahrzehnte möchten wir mit Ihrer Hilfe zurückblicken – aktuell auf die 1980er Jahre. Die Geschichte über den ideenreichen Kampf um Mönninghoff soll dabei als Anstoß dienen. Denn natürlich ist sie nur ein Ausschnitt aus einem bewegten Jahrzehnt.

Die Arbeitskämpfe haben die 1980er Jahre in unserer Stadt geprägt, waren aber längst nicht alles. Woran erinnern Sie sich in diesem Jahrzehnt besonders? Wo wurde in Hattingen gelacht und gefeiert, aber wo auch geschuftet und getrauert? Welche Ereignisse sind Ihnen positiv oder negativ im Gedächtnis geblieben?

Haben Sie mit Armin Eichholz gefiebert, als der mit dem Ruderachter Olympiasieger 1988 in Seoul wurde? Oder, um beim Sport zu bleiben, mit dem VfL Winz-Baak mit dem heutigen Dynamo-Dresden-Trainer Uwe Neuhaus in der Fußball-Landesliga?

Erinnern Sie sich an das Treidelfest des Hattinger Verkehrsvereins, an das erste Heimatfest in Niederbonsfeld oder die Eröffnung des Kemnader Stausees 1980?

Liebe Leserinnen und Leser, was sind Ihre Erinnerungen an die 1980er Jahre in Hattingen? ­Schreiben Sie uns an die WAZ-Redaktion, Große Weilstraße 19, 45525 Hattingen oder per E-Mail an redaktion.hattingen@waz.de.