Hattingen. . Die Pläne zur Renaturierung des Ruhrbogens in Hattingen werden kritisiert. Politiker kündigen Protestaktionen für den Erhalt des Denkmals an.

Der Umbau des Ruhrbogens war erneut Thema in politischen Gremien der Stadt. Uwe Koenzen vom zuständigen Planungsbüro stellte den überarbeiteten Maßnahmenkatalog vor. Von der Hattinger Politik gab es zum Teil heftige Kritik.

Vor fünf Jahren hatte Koenzen das Projekt erstmals vorgestellt. Die Planungen laufen sogar seit neun Jahren. Seitdem ist viel passiert. Der Initiativkreis zum Erhalt des Ruhrbogens erreichte, dass der Abschnitt unter Denkmalschutz gestellt wurde. Außerdem wurden die Pläne mehrfach überarbeitet. „Dass die Buhnen eine solche Bedeutung haben, haben wir am Anfang so nicht abschätzen können“, erklärt Koenzen. Die aktuelle Planung sieht vor, dass 40 Prozent der Buhnen bleiben. Allerdings werden Nebenrinnen geschaffen, die hinter den Buhnen verlaufen.

Vorwürfe gegen die Bezirksregierung Düsseldorf

„Sie zerstören ein einmaliges Industrie- und Kulturgut, ein Stück Identität, eine zentrale Infrastruktur des Tourismus. Sie schädigen so die Wirtschaft nachhaltig“, ereiferte sich Gilbert Gratzel (FDP). Er kündigte an, kein Bagger werde ungehindert rollen: „Es wird Aktionen geben.“ Dem schloss sich auch Gunnar Hartmann (Linke-Piraten) an und wetterte: „Das ist der größte Quatsch, den ich je gehört habe“. Er warf der Bezirksregierung vor, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen.

Die Heckrinder sollen auch in Zukunft an der Ruhr grasen dürfen.
Die Heckrinder sollen auch in Zukunft an der Ruhr grasen dürfen. © Blossey

Dass der Besitz der anliegenden Grundstücke nicht ausschlaggebend sei, versicherte Jörg Matthes, Leiter des Dezernates Wasserwirtschaft bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Es gebe zehn Projekte dieser Art allein an der unteren Ruhr – Hattingen sei eines davon, der Ruhrbogen geeignet, weil er einer der wenigen frei fließenden Abschnitte des Flusses sei. Deshalb kommt auch eine Renaturierung für den Abschnitt an der Henrichshütte, den der Initiativkreis vorgeschlagen hatte, nicht in Frage. Dort sei der Fluss gestaut und deshalb ungeeignet, so Koenzen.

Bürgermeister erwartet positive Effekte vom Umbau

Er betonte außerdem, dass der Radweg an einer Stelle nahe der Ruhrbrücke verlegt werden müsse und sonst kaum beeinträchtigt sei. Im Wesentlichen wolle man des weiteren Erdreich aus den Randbereichen zur Gestaltung der Flusssohle nutzen. Lediglich die oberste Schicht könne aufgrund von Belastungen dafür nicht genutzt werden. Die soll auf Bodenablagerungsflächen gesammelt werden und als Aussicht dienen, erklärt der Planer.

Von den Buhnen ist bei Hochwasser nicht viel zu sehen. So soll es künftig dauerhaft sein.
Von den Buhnen ist bei Hochwasser nicht viel zu sehen. So soll es künftig dauerhaft sein. © Volker Speckenwirth

Keine abschließende Meinung haben sich die Fraktionen von SPD und CDU gebildet, wenngleich Manfred Lehmann (SPD und Mitglied des Initiativkreises) keinen Zweifel daran ließ, dass er persönlich den Umbau für unnötig hält: „Das Ruhrgebiet wie es ist, ist zu großen Teilen den Buhnen und der Schiffbarmachung der Ruhr zu verdanken.“ Sein Parteikollege Uwe Fry befürwortete dagegen die Pläne als „Zurück zu mehr Natürlichkeit“. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen stellte sich mehrheitlich hinter den Umbau.

Auch der Bürgermeister äußerte sich positiv zu den Plänen. Es gebe bereits gute Erfahrungen mit solchen Umgestaltungen. Für den Tourismus erwarte er sogar positive Effekte. Eine Reise zum Beispiel nach Arnsberg und zu anderen abgeschlossenen Bauarbeiten könnte viele Ängste nehmen.

>>> Stimmungsbilderzum Ruhr-Umbau

In einer aktuellen Umfrage auf der Facebook-Seite der WAZ Hattingen und Sprockhövel hatten sich 281 Teilnehmer für die Buhnen und 112 für die Renaturierung ausgesprochen.

Der Initiativkreis hatte bei Bekanntwerden erster Pläne vor fünf Jahren 4000 Unterschriften gegen den Umbau gesammelt.

>>> KOMMENTAR: Überraschende Vehemenz

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Der Ruhr-Umbau wird zur unendlichen Geschichte. Mit dem massiven Widerstand der Hattinger hatten die Planer nicht gerechnet.

Dabei war es bisher vor allem eine kleine Gruppe engagierter Bürger, die sich gegen die Pläne stemmte. Die Politik hat sich in den vergangenen fünf Jahren nicht öffentlich zu Wort gemeldet – vom privaten Engagement Einzelner abgesehen.

Man kann von der Umgestaltung halten, was man möchte. Dass sich die Geister hier scheiden, zeigt sich in der Diskussion deutlich. Doch die Vehemenz, mit der plötzlich prostestiert wird, überrascht angesichts der bisherigen politischen Sprachlosigkeit doch.

Natürlich hat die Stadt, haben die Bürger, nur begrenzt die Möglichkeit zur Einflussnahme bei der nun anstehenden Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren. Der Initiativkreis zeigt mit seiner Nachdrücklichkeit aber, wie schon im Vorfeld etwas bewegt werden konnte. Bleibt also abzuwarten, ob jetzt den scharfen Worten auch Taten folgen. Sabine Weidemann