Hattingen. Ein Essener stand vor Gericht. Er hat eine Halle weiter vermietet. Was sein Untermieter dort angebaut hat, will er nicht gewusst haben.

  • Essener untervermietete eine Halle in Hattingen, die wurde zum Haschischanbau genutzt
  • Im September 2016 stießen Beamte des Bundeskriminalamtes zufällig auf die 300 Pflanzen große Plantage
  • Wegen Beihilfe zu der Straftat verurteilte das Gericht den Angeklagten zu zwei Jahren auf Bewährung - trotz laufender Auflagen

Eine allerletzte Chance gab es jetzt für einen jungen Essener: Wegen Beihilfe zu einem Verbrechen in Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgesetz verurteilte ihn das Hattinger Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Und das, obwohl er bereits unter einer Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren stand. Die Staatsanwältin machte klar: Begeht S. in nächster Zeit noch irgendeine Straftat, werden beide Bewährungsstrafen zusammen fällig – und er geht für dreieinhalb Jahren ins Gefängnis. Eine weitere Chance gibt es für ihn nicht.

Kommissar Zufall half der Polizei bei dem Fall. Der damals 22-jährige S., der zusammen mit seinem Vater eine Autosattlerei in einer Nachbarstadt betrieb, hatte eine Halle in Hattingen angemietet. Einige Zeit später brauchten zwei Kunden von ihm Räume und S. vermietete die Halle weiter, ohne seinen Hattinger Vermieter um Erlaubnis zu fragen. Dass er dazu verpflichtet gewesen sei, habe er gewusst, räumte er vor Gericht ein.

Vermieter hat nichts mitbekommen, sagt er

Dann, Anfang September 2016, suchte wegen eines völlig anderen Falls das Bundeskriminalamt (BKA) das Gelände ab, durchforstete auch Räume der sehr abseits gelegenen Halle. Dabei stießen die Beamten auf eine Haschischplantage, deren Ausmaß auch die hinzu gerufene Polizei in Staunen versetzte. 300 Pflanzen wurden dort gezüchtet – eine „erhebliche Menge“, so das Gericht. Ein entscheidendes Kriterium für das Strafmaß. S. behauptete vor Gericht indes lange, er habe vom Treiben seiner Untermieter nichts mitbekommen.

Polizei und BKA recherchierten in dem Fall intensiv. Und fanden heraus, dass es den Namen auf dem Untervermietungsvertrag in Zusammenhang mit der Stadt, in der der Untermieter angeblich wohnte, gar nicht gibt. Auch alle weiteren Ermittlungen liefen ins Leere.

Um das Ausmaß des Verbrechens einordnen zu können, wies Richter Johannes Kimmeskamp darauf hin, dass extra ein Gutachten angefertigt wurde, um den Ertrag zu berechnen, den man mit 300 Pflanzen erzielen kann. „Eine Ernte bringt demnach 12 000 Euro, bei drei Ernten im Jahr kann man von 36 000 Euro ausgehen. Das ist wirklich erheblich“, stellte er fest. Eine Polizistin wies außerdem in der Verhandlung darauf hin, dass in der Halle bereits zum wiederholten Male eine Drogenplantage gefunden worden sei.

Nach der Pause gab es eine andere Version

Richter, Staatsanwältin und der Verteidiger von S. zogen sich einige Zeit zur Beratung zurück, später dann noch einmal der Verteidiger mit seinem Mandanten. Als die Verhandlung weiterging, hörte sich die Version des Angeklagten etwas anders an als zuvor. Er räumte plötzlich ein, dass er geahnt habe, dass es in der Halle nicht ganz gesetzeskonform zugegangen sei. Man habe ihn aber unter Druck gesetzt, nicht zur Polizei zu gehen. Aus Angst habe er geschwiegen.

Durch das Geständnis und weil S. mittlerweile eine ganz gute Prognose habe, war die Staatsanwältin daraufhin bereit, eine weitere Bewährungsstrafe zu fordern, der Richter Kimmeskamp folgte. Der Hallenbesitzer, der die Verhandlung als Besucher im Gericht verfolgte, konnte es kaum glauben, dass S. ein weiteres Mal mit einer hohen Bewährungsstrafe davonkam. „Das ist nicht zu fassen“, sagte er.