Hattingen. . Der gebürtige Wattenscheider Sascha bittet in der Hattinger Innenstadt um Geld. Er würde auch gerne arbeiten und darum fast jeden Job annehmen.
- Sascha sitzt am Platz vor dem Reschop-Carré – vor sich aufgestapelte Pappbecher
- Er ist gelernter Schlosser, wohnt in Essen und kommt nach Hattingen, wenn er Geld braucht
- Seit einem Arbeitsunfall ist er auf einem Auge blind. Sein Leben geriet aus den Fugen
Wer vom Busbahnhof aus in Richtung Heggerstraße geht, wird ihn schon gesehen haben. Den Mann mit den unzähligen, gestapelten Pappbechern.
Dann und wann werfen Passanten Geld hinein und lesen das Schild, das Sascha mit schwarzem und rotem Filzstift auf neon-gelber Pappe geschrieben hat. Dort steht, nebst Handynummer: „Hallo, ich bin Sascha. Kein Alkohol, keine Drogen! Bin schlichtweg total pleite, suche dringend einen Job! Bin Schlosser, mach’ aber ,fast’ alles.“
In Hattingen sind die Menschen freundlicher
Seit einigen Monaten fährt der gebürtige Wattenscheider, wenn er Geld braucht, mit der S-Bahn von seinem jetzigen Wohnort Essen nach Hattingen. „Hier sind die Menschen einfach freundlicher als in großen Städten wie Herne oder Essen“, erklärt er.
Außerdem finde er es selbst nicht gut, wie manche Menschen andere geradezu nötigen, ihnen Geld in die Hand zu drücken. „Das mache ich so nicht“, sagt er bestimmt. Auf seinem alten Schild stand zusätzlich noch: „Bitte keine falsche Scheu. Sprechen Sie mich ruhig an, ich beiße nicht.“ Der Karton war aber zu klein, für so viel Information, und die Passanten konnten die kleine Schrift nur schwer entziffern.
Sein Wunsch ist eine bezahlbare Wohnung
Schlechte Erfahrungen habe aber auch er schon gemacht, obwohl er selbst niemanden offensiv um Geld bittet. „Letztens kam ein Alt-Nazi zu mir und meinte, früher habe man Leute wie mich erschossen“, erzählt er. Das sei aber eher die Ausnahme. Er habe sogar schon Bekanntschaften in Hattingen gemacht, seit er regelmäßig herkomme. Sein Wunsch ist es, eine bezahlbare Wohnung in Hattingen zu finden. In Essen bewohnt er aktuell nur ein Zimmer in einem Männerwohnheim.
Trotz vieler schlechter Erlebnisse bleibt der 45-Jährige positiv. „Ich lasse mich nicht unterkriegen und gebe fremden Menschen immer einen Vertrauensvorschuss.“ Der Grund, weshalb er heute Passanten um Geld bitten muss, liegt schon einige Jahrzehnte zurück.
Deckenleuchte explodierte, Glasscherben trafen Auge
Mitte 20 war Sascha damals, als ein Arbeitsunfall sein Leben komplett veränderte. Der junge Mann arbeitete als gelernter KFZ-Mechaniker im Betrieb, als eine Deckenleuchte explodierte und Glasscherben sein Auge verletzten. Seitdem fehlt ihm auf einem Auge das Augenlicht.
„Auf dem ersten Arbeitsmarkt habe ich keine Chance mehr“, erzählt er. Er schlage sich mit Gelegenheitsjobs durch und mit dem Geld, das ihm als Hartz IV-Empfänger zusteht. Da er auch noch Schulden abzubezahlen hat, reicht das Geld vorne und hinten nicht. „Wenn der Schuh drückt, fahre ich nach Hattingen“, erzählt Sascha.
Manchmal kommen nur wenige Euro zusammen
Manchmal läuft es aber auch hier schlecht. Dann sitzt er den ganzen Tag hinter seinen Pappbechern und bekommt nur wenige Euro zusammen. Es gibt aber auch die Momente, wo er über die Großzügigkeit der Menschen überrascht ist: „Zur Weihnachtszeit hat mir jemand einen Hunderter in die Hand gedrückt.“
Von sich selbst sagt er, dass er sich nicht über die Dicke seiner Brieftasche definiere und das auch gar nicht wolle. Nur einen Traum, den habe er schon: „So ein schönes E-Bike, das wäre toll.“