Hattingen. . Finanzaufsicht will Bürger mit 80 statt 50 Prozent an Straßenbau-Kosten beteiligen. Stadtrat muss bald entscheiden. Haus und Grund ist alarmiert.

  • Finanzaufsicht will Bürger mit 80 statt 50 Prozent an Kosten beteiligen
  • Rat der Stadt muss in naher Zukunft darüber entscheiden
  • Eigentümerband Haus und Grund ist alarmiert und will klagen

Kein Thema bringt die Bürger schneller auf die Palme als Anliegergebühren. In keinem anderen Bereich ziehen die Hattinger so oft vor Gericht. „Dabei geht es um Grundgerechtigkeit“, sagt Baudezernent Jens Hendrix. „Ich bin Stadtplaner geworden, weil ich Spaß daran habe und nicht, weil ich die Bürger ärgern will.“

Aber gerade dieser Ärger scheint programmiert, weil es oft erhebliche Kosten sind, zu denen die Anlieger herangezogen werden, wenn eine marode Straße erneuert werden muss. In Neubaugebieten dagegen gebe es keine Probleme, so Hendrix. Da würden die Bewohner, die zu 90 Prozent die Kosten übernehmen müssen, akzeptieren, dass die Stadt diese auf die Anlieger umlegen muss. „Auf wen denn sonst?“ fragt der Dezernent.

In anderen Städten liegt der Satz höher

Dabei liege Hattingen am unteren Rand der Gebühren. „Wenn alte Straßen erneuert werden, müssen sich unsere Bürger bisher nur zu 50 Prozent an den Kosten beteiligen. In vielen anderen Städten liegt der Satz deutlich höher.“

Auch interessant

112685894-085.jpg
Von Frank Christiansen und Holger Dumke

Das Kommunale Abgaben Gesetz schreibt vor, dass die Städte einen Teil der Kosten wieder eintreiben. Und nicht nur das. Die Gemeindeprüfungsanstalt hat verfügt, dass der Anteil, den die Bürger übernehmen müssen, von 50 Prozent auf 80 Prozent anzuheben sei. „Zurzeit ist das bei uns zwar kein Thema, aber wir haben es auf der Agenda“, räumt Hendrix ein.

Bisherige Praxis scheint akzeptiert zu werden

„Ein Schwerpunktthema sind Anliegergebühren bei mir bisher nicht“, erklärt Thomas Klein, Geschäftsführer bei Haus und Grund. Die bisherige Praxis der Stadt scheine von den Bürgern akzeptiert zu werden. „Wenn da aber schon wieder etwas in der Pipeline ist und die Erschließungsbeiträge tatsächlich von 50 auf 80 Prozent erhöht werden sollen, dann werden wir dagegen vorgehen. Die privaten Haushalte sind durch die extrem hohe Grundsteuer genug belastet“, stellt der Rechtsanwalt klar.

Willkür bei der Straßenerneuerung gebe es nicht, betont der Dezernent. Man prüfe ständig alle Straßen. „Die Bürger schimpfen über Schlaglöcher und fordern, dass die Stadt die Straßen repariert. Das aber ist sehr teuer und nach dem nächsten Frost hat man wieder dieselbe Situation.“

Teilzahlungen können vereinbart werden

Die Stadt versuche häufig, nur die Deckschicht zu erneuern. Grundsätzlich sei so eine Reparatur“ immer nur mit Ärger verbunden. „Bei uns bindet es Leute, wir müssen private Baufirmen kontrollieren, manchmal geht dann auch noch eine Firma pleite“, erläutert der Dezernent. Teuer wird es für die Bürger, wenn eine Straße komplett erneuert werden muss. Das sind dann 70 Zentimeter Straßenbelag. Nicht zu vergessen die alten Kanäle. „Es muss aber niemand auf der Stelle große Beträge auf den Tisch legen. Man kann immer mit der Stadt Teilzahlungen vereinbaren, da kommen wir den Bürgern natürlich entgegen“, sagt Hendrix.

Fest steht aber: Die Politik muss in absehbarer Zeit über eine Gebührenerhöhung entscheiden.

Kriterien sichern den Blick auf Gerechtigkeit

„Klagen wegen Anliegergebühren sind eigentlich immer anhängig“, schildert Baudezernent Jens Hendrix die Situation. Natürlich mache die Stadt auch schon mal Fehler. In der Regel sei man aber auf der sicheren Seite, weil es für fast alle Situationen Gerichtsurteile gibt.

Baudezernent Jens Hendrix.
Baudezernent Jens Hendrix. © Fischer

Von einigen Hundert bis hin zu Tausenden Euro müssten die Bürger für Straßenerneuerungen bezahlen. „Wir informieren sehr frühzeitig, damit jeder weiß, was auf ihn zukommt“, sagt Hendrix. Dabei gibt es Kriterien zu bedenken, nach denen die Stadt bei der Berechnung vorgeht. Wenn jemand etwa auf einem großen Grundstück ein kleines Häuschen stehen hat, dann sei das anders zu bewerten, als wenn jemand ein 15-Parteien-Haus auf ein Grundstück stellt und so den Platz viel intensiver nutzt. Zudem kann die Breite von Häusern eine Rolle spielen oder die Nutzung des Grundstücks.

Es gehe um Gerechtigkeit, so Jens Hendrix. Ein Beispiel: Wenn eine kleine Seitenstraße komplett erneuert wird, haben davon eigentlich nur die Anlieger etwas. „Warum sollten dann alle Steuerzahler belastet werden“, fragt der Baudezernent. Anders die Erneuerung in der Stadtmitte. „Warum sollen wir die Anwohner zu Zahlungen heranziehen, wenn die Innenstadt auch von Hunderttausenden anderen Menschen und Besuchern genutzt wird“, macht der Baudezernent die unterschiedlichen Kriterien klar.