Bochum. . Bochums größte Eier sind 39 Meter hoch und 22 Meter breit. Sie gehören zur Kläranlage Ölbachtal und sind „Faulbehälter“ für Klärschlamm.
Das sind Bochums größte Eier! Sie sind 39 Meter hoch, 22 Meter breit und haben jeweils ein Volumen von rund 9000 Kubikmetern. Darin befindet sich aber keine Schokolade, sondern Schlamm, der dort 20 Tage lang vor sich hinfault.
Die silber-grauen Riesen-Eier sind zwei bauchige Türme, heißen offiziell „Faulbehälter“ und gehören zur Bochumer Kläranlage Ölbachtal in Querenberg, haarscharf an der Stadtgrenze zu Witten-Heven gelegen. Wer über die nahe A43 oder die Universitätsstraße fährt, kann sie deutlich erkennen. Die Form eines Eis haben die 20 Jahre alten Türme, weil sie so die kleinstmögliche Oberfläche haben und dadurch der Inhalt, der Klärschlamm, am besten durchgemischt werden kann. Dafür sorgt ein so genannter „Faulraummischer“, dessen Antrieb ganz oben auf der flachen Spitze der Eier installiert ist: Er funktioniert wie ein Küchen-Stabmixer und rührt den Klärschlamm rund um die Uhr um.
Abwasser von 290.000 Menschen
Die in den vorigen Jahrzehnten mehrfach überarbeitete Kläranlage reinigt das Abwasser von rund 290.000 Menschen in Bochum und Witten, vor allem die Abwasser aus Gerthe, Langendreer, Harpen, Laer, Altenbochum und Querenburg bzw. aus Witten-Mitte, Annen, Heven und Bommern. Die Reinigung erfolgt in verschiedenen Klärbecken auf biologische und chemische Weise. Dem vorgeschaltet ist noch eine mechanische Säuberung, eine Art Rechen, denn einige Menschen werfen gedankenloserweise auch Dinge wie Windeln, Damenbinden und Feuchttücher in die Toilette. Am Ende dieser ganzen Reinigungskette bleibt ein Klärschlamm übrig, der in den beiden großen Eier-Türmen gründlich zersetzt wird.
Dieser Prozess ist ungeheuer schaurig, denn in den Eiern ist es stinkend, giftig, und stockfinster. Das Innere ist absolut luftdicht verschlossen und rund 37 Grad warm. Gigantische Mengen Bakterien arbeiten dort. Mit großem Appetit fressen sie weite Teile der organischen Inhaltsstoffe des Klärschlamms auf – vor allem Kohlenstoff – und lassen fast nur noch anorganisches Material zurück. Bei diesem biologischen Faulungsprozess entstehen Faul- oder Biogase, vor allem Methangas. Es steigt auf an die Oberfläche des Schlammes und wird von einer technischen Anlage in einen 3500 Kubikmeter großen Gasbehälter abgezapft. Mit diesem Gas wird ein Blockheizkraftwerk betrieben, das ebenfalls zur Kläranlage gehört und Strom und Wärme für die Eigennutzung erzeugt. „Wir können 99 Prozent unseres Bedarfs selbst erzeugen“, sagt Ingenieur Christian Lux vom Betreiber der Anlage, dem Ruhrverband. Mit der Energie wird auch der Faulbehälter auf 37 Grad geheizt.
400 bis 600 Liter gereinigtes Wasser fließen pro Sekunde wieder in die Ruhr
Das beim Faulungsprozess in den Eiern zurückgebliebene anorganische Material wird später mit Zentrifugen (Schleudertechnik) entwässert und extern verbrannt.
Ganz am Ende des Klärprozesses fließt das gereinigte Wasser über den Ölbach in den Kemnader See und die Ruhr – das sind 400 bis 600 Liter pro Sekunde. Aus dem Ruhrwasser wird dann wieder Trinkwasser gewonnen. Dafür sind weitere Reinigungsstufen erforderlich.
Insgesamt 14 Mitarbeiterarbeiten in der Kläranlage. Die Maschinen laufen zwar sieben Tage pro Woche rund um die Uhr. Doch das Personal ist nur tagsüber und werktags im Einsatz. Die Sicherheit ist trotzdem gewährleistet; mögliche Störungen werden automatisch gemeldet. Es herrscht Rufbereitschaft.