Hattingen/Wetter. Sanierungsstau wie bei Straßen: In Hattingen-Welper sind fast alle Spielplätze heruntergewirtschaftet. Doch im Revier gibt es auch positive Beispiele.

Die Anwohnerin Ursula Timmerhoff weist uns den Weg: „Früher war da mal ein Spielplatz.“ – Aber nein, offiziell ist der Luisenspielplatz in Hattingen-Welper noch immer einer, auch wenn sämtliche Geräte verschwunden sind. Nur ein Sandkasten ist geblieben, eingeklemmt zwischen Garagen, daneben hat mal jemand in größerem Maßstab Sand verklappt, das Gras erobert sich büschelweise die Wüste zurück. „Ist schon traurig“, sagt die 74-jährige Nachbarin. „Früher haben die Kinder und die Enkel ihn genutzt. Und jetzt? Hunde und Katzen.“

Kies ist der günstigste Fallschutz

Die Stadt hat die 23 Spielflächen im Stadtteil bewerten lassen. Demnach sind fast alle in „beginnend sanierungsbedürftigen Zustand“. Über den Luisenspielplatz heißt es widersprüchlich: „Derzeit findet keine Nutzung statt. Kinder beobachten oft alkoholkonsumierende Personen.“ Der Grund, natürlich: das Geld. Für den Unterhalt seiner Spielplätze hält Hattingen nur noch 5000 Euro bereit – will allerdings mit Landesförderung 100.000 Euro in die Modernisierung stecken. Die Anwohner am Luisenplatz wünschen sich übrigens eine „Boulebahn“, sozusagen einen Seniorenspielplatz.

Was ist zu tun auf dem Spielplatz Schöntal? Dunja Barabasch, Egbert Feuerstack und Margot Wiese (v.l.)  von der Stadt besprechen sich.
Was ist zu tun auf dem Spielplatz Schöntal? Dunja Barabasch, Egbert Feuerstack und Margot Wiese (v.l.) von der Stadt besprechen sich. © Volker Hartmann

Solche Nicht-Spielplätze verschwinden nach und nach. Die meisten Städte geben Kleinstflächen auf, erklärt Holger Hoffmann, Chef des Deutschen Kinderhilfswerks – vor allem dort, wo die Grundstückspreise hoch liegen. Zwar werden private Investoren verpflichtet, in Neubaugebieten Spielflächen zu schaffen – nur gebe es meist keine Pflicht, sie in einem bestimmten Zustand zu erhalten. Auch mache sich ein „hoher Sanierungsstau“ bemerkbar.

In Welper ist er offensichtlich, das andere Ende des Spektrums finden wir in Wetter. Der Spielplatz Schöntal wirkt auf den ersten Blick ganz annehmbar. Aber „in Düsseldorf oder Köln würde sowas sofort dicht gemacht“, versichert Egbert Feuerstack, der Grünflächenplaner der Stadt. – Warum, die beiden Baumhäuschen sind doch ganz hübsch? – „Man sieht es nicht“, sagt Feuerstack, „aber der Pilz steckt in den Wurzeln des Ahorns“. Der Baum wird bald fallen müssen.

Man kann sich nicht immer gegen die Eltern stemmen

Dort vorne steht doch ein interessantes Kreiselrad! Just tritt Anwohner Nabil Cherni heran, und erklärt, wie sich sein Neffe Yussef auf dem Kiesboden die Beine aufschlage. „Kies ist der günstigste Fallschutz“, gibt Feuerstack zu. „Gummibelag ist unwahrscheinlich teuer.“ Aber: „Es soll ja Gefahrenmomente geben. Wenn wir alles abpolstern, haben wir später viel mehr Kinder mit motorischen Problemen.“ Später sagt er auch: „Man kann sich nicht immer gegen den Wunsch der Eltern stemmen.“ Es ist wie mit den Ascheplätzen – war früher okay, heute sollte es schon Rasen sein beim Grätschen.

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Wetter ist zwar in der Haushaltssicherung und „hat Investitionsstau“, aber immerhin stehen noch jährlich 210.000 Euro zum Spielen bereit. Hinzu kommt Geld von Sponsoren und vor allem aus dem Verkauf der Grundstücke von aufgegebenen Spielplätzen: 70.000 Euro aktuell! Mit diesem „Trick“ will Wetter auch den Spielplatz Schöntal, den letzten verbliebenen im Stadtteil, neu gestalten: eine Spielbaustelle mit Sandaufzug vielleicht, eine Rutsche, eine Kletterwand. Und eine neue Schaukel.

Ein Vorzeigespielplatz

Auf einem anderen Spielplatz in Wetter schaufelt Fabian Matsch in die archimedische Spirale. Seine Mutter dreht an dem Gerät und die Klumpen schrauben sich empor, dass es eine Fabianfreude ist. Der alte Archimedes ist ein recht neuer Trend auf Spielplätzen. Denn beweglich plus Wasser gleich teuer. Aber die Stadt Wetter hat ihren Spielplatz am See „wirklich vernünftig“ hergerichtet, findet die Mutter. Ein Kletterboot aus Holz, der überdimensionale Eimer und nicht zuletzt ein Bagger, mit dem der dreijährige Julius baggert und baggert und immer noch baggert.

Manchen Plätzen sieht man ihre Qualität an. Der am Hüller Weg in Bochum-Wattenscheid ist unscheinbar, gilt aber als Modellspielplatz, seit er 2012 mit 75 000 Euro der Fanta-Spielplatzinitiative saniert wurde: Zwischen Bäumen finden wir einen Balancierpfad, Schaukeln, einen Bolzplatz samt Versammlungshütte, die Rutsche und eine kaputte Wasserpumpe.

Ein Trampolin war nicht drin

Die Spielplatzexperten der Stadt Bochum: Volker Oehmig (li.) und Andreas Knost (rechts) am Spielplatz Hüller Weg. Den Basketballkorb hatten sich die Anwohner gewünscht.
Die Spielplatzexperten der Stadt Bochum: Volker Oehmig (li.) und Andreas Knost (rechts) am Spielplatz Hüller Weg. Den Basketballkorb hatten sich die Anwohner gewünscht. © Volker Hartmann

Modellhaft ist vielleicht, wie intensiv man die Bürger nach ihren Wünschen gefragt hat. Andreas Knost, Spielplatzexperte der Stadt: „So hört man, dass der Ball öfter über den Zaun und im Kanälchen gelandet ist. Der Zaun wurde höher gebaut. Und der Basketballkorb musste sein.“ Die Wünsche nach Trampolin, Hundekotpatrouille und Schlittschuhbahn dagegen waren nicht erfüllbar.

„Früher hat man Spielplätze schön glatt gebaut“, sagt Knost. „Heute modelliert man sie.“ Das ist teurer beim Grünschnitt, aber die Wälle schaffen Räume und verhindern nebenbei, dass der Ball wegrollt. Von Wippetieren, Schaukeln und ähnlichem Gerät hält er nicht viel: „Das macht ein Kind dreimal, dann ist es fertig. Aber was für uns abgerockt aussieht, kann für das Kind attraktiv sein: Erde, Unrat, sogar Brennnesseln und Dornen. Das bedauern oft die Eltern.“ Holger Hoffmann vom Deutschen Kinderhilfswerk sagt es ähnlich: „Kinder wollen Spuren hinterlassen.“

In Wattenscheid hatten sie darum ein Weidenwäldchen gepflanzt. Aber das Experiment ist gescheitert, sagt Knost. Die Kinder haben wohl eine Bude zu viel gebaut. „Die Weiden haben es nicht überlebt.“