Gladbeck. . Eine Gladbeckerin fand hochsensible Patientendaten im Sperrmüll. Im Internet recherchierte sie nach dem Gang zur Polizei, was zu tun wäre. „Wer ist eigentlich zuständig?“ fragte sie sich. Jetzt wird sie die Akten an die Ärztekammer schicken.
Der Sperrmüllhaufen vor der Arztpraxis war schon mehrfach durchgewühlt worden, als Anna S. dort vorbei ging. Die Gladbeckerin sah dennoch genauer hin und entdeckte geradezu Unglaubliches: Patientenakten lagen lose verstreut auf dem Bürgersteig, ein Teil befand sich noch in einem offenen Schubladencontainer.
„Unterlagen von 50 Patienten mit Diagnosen und Angaben von verschriebenen Medikamenten, dazu Entlasspapiere aus Kliniken, Gesprächsberichte und Erklärungen zur Entbindung von der Ärztlichen Schweigepflicht. Alles aus den letzen Jahren.“ Anna S., selbst beruflich im Gesundheitsbereich tätig, erkannte die Brisanz dieses Fundes. „Es geht um 50 Menschenleben, um hochsensible Daten. Wer weiß, was passiert, wenn diese Unterlagen in falsche Hände geraten.“ Sie sammelte die Akten ein und ging damit zur Polizei.
Wer ist zuständig?
Das geschah alles in der vergangenen Woche, und eigentlich wäre die Geschichte damit schon zu Ende – tatsächlich fing sie aber erst an. Auf der Wache am Jovyplatz war an dem Abend viel zu tun, der diensthabende Beamte in einem Gespräch. Sie solle die Unterlagen doch ‘mal da lassen, so sein Angebot. Anna S. war das zu unsicher, sie entschied sich anders, nahm die Akten wieder mit nach Hause. Und recherchierte im Internet, was zu tun wäre. „Wer ist eigentlich zuständig?“ fragte sie sich. Das wäre ein Fall für den Datenschutz, so ihre erste Erkenntnis. Nach mehreren Telefonaten mit den Behörden verwies man sie an die zuständige Ärztekammer in Münster.
Das war im Prinzip die richtige Adresse, aber „dort fühlte ich mich zunächst abgewimmelt“, berichtet die Gladbeckerin im Gespräch mit der WAZ Mediengruppe. Als sie dazu noch den Rat erhielt, die Akten doch einfach an die Ärztin zurück zu geben, fühlte sie sich und ihr Anliegen nicht ernst genommen. „Ein Arzt darf doch nicht so mit Patientendaten umgehen, dafür muss er zur Verantwortung gezogen werden“, erklärt sie ihre Beharrlichkeit.
Das nächste Gespräch mit der Kammer war dann erfolgreicher. Am Donnerstag in dieser Woche erfolgte ein Rückruf. Anna S. wird die Akten nun nach Münster schicken, aber als Einschreiben. „Damit sie nicht verloren gehen.“
Welche Konsequenzen der fahrlässige Umgang mit Patientenakten für die Gladbecker Ärztin haben wird? Klaus Derks, Pressesprecher der Ärztekammer: „Wir werden natürlich aktiv, sobald die Akten in Münster angekommen sind und werden die Ärztin mit den Vorwürfen konfrontieren.“ Sie müsse dazu Stellung nehmen und mit Ermahnung oder einem Bußgeld rechnen. Eine strafrechtliche Konsequenz ergebe sich nicht, dafür sei die Ärztekammer nicht zuständig.
Die Berufsordnung legt übrigens fest, dass Arztunterlagen ordnungsgemäß aufzubewahren sind. Wenn die Frist dafür nach zehn Jahren abgelaufen sei, müssen sie sachgerecht entsorgt werden. Sachgerecht heißt sicherlich: Ab in den Schredder damit und nicht auf den Sperrmüll.
Rücksicht auf Patienten
Aus Rücksicht auf die Patienten, um deren Daten es hier geht, wird die Praxis, aus der die Daten stammen, hier nicht genannt. Das könnte Betroffene verunsichern, so die Befürchtung von Anna S., die ebenfalls ungenannt bleiben möchte.
Fälle wie dieser passierten äußerst selten, so der Pressesprecher der Ärztekammer