Gladbeck. . Mit diesem „Empfangskomitee“ hatte Bettina M. offensichtlich nicht gerechnet: Die geschäftsführende Gesellschafterin des insolventen Brauereihotels Alte Post ist am Vormittag auf dem Weg zu ihrem Steuerberater. In unmittelbarer Nähe warten einige ihrer Mitarbeiter auf sie.
Wenige Meter vom Steuerberaterbüro haben sie gewartet, um ihre Chefin zu stellen. Gerechnet hatte Bettina M. mit solch einem „Empfangskomitee“ am Dienstag aber ganz offensichtlich nicht. Die geschäftsführende Gesellschafterin des insolventen Brauereihotels Alte Post war am Vormittag auf dem Weg zu ihrem Steuerberater. In unmittelbarer Nähe warten einige ihrer Mitarbeiter auf sie.
Sie wollen ihre Chefin zur Rede stellen, wollen wissen, ob sie ihr Gehalt für Mai noch bekommen, warum sie vom Insolvenzantrag völlig überrascht wurden, wie es überhaupt weitergehen soll . . . „Übersehen“ kann Bettina M. sie nicht, will sie wohl auch gar nicht, aber das Gespräch ist schnell beendet. „Ich bin im A...“, redet die 30-jährige Servicekraft Klartext. „Meinst du, ich nicht?“, gibt die Noch-Chefin brüsk zurück. Die zweite Frage bleibt schon unbeantwortet. „Warum haben Sie uns nichts gesagt? Sie wussten doch nicht erst seit gestern von der bevorstehenden Pleite!“
Kein Arbeitslosengeld, weil Kündigung fehlt
„Wir wollen ihr ja gar keinen Ärger machen“, stellt die 30-Jährige klar, als Bettina M. schon weiter eilt. „Aber sie muss uns doch auch verstehen. Wir hängen völlig in der Luft.“ Eine Kündigung hat noch keiner bekommen.
Deshalb konnten die fünf Festangestellten bisher keinen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen. Übergangsweise steht ihnen und den zahlreichen Aushilfskräften nach dem, was sie bisher in Erfahrungen bringen konnten, Insolvenzgeld zu. Um darüber zu befinden braucht die Arbeitsagentur aber eine Bescheinigung des Insolvenzverwalters.
Insolvenzverwalter noch nicht eingesetzt
Der wiederum ist noch nicht eingesetzt, hat die Brauhausbelegschaft beim zuständigen Amtsgericht in Essen erfahren. „Wir können leider im Moment nichts für Sie tun – das hören wir an allen Stellen“, klagt eine 41-Jährige, die als Zimmermädchen im Brauereihotel gearbeitet hat.
Am vergangenen Samstag hat sie, wie alle anderen auch, erfahren, dass sie nicht mehr kommen muss. Der Steuerberater hatte Einige angerufen, bei den Anderen verbreitete sich die schlimme Nachricht wie ein Lauffeuer. Keiner habe damit gerechnet, sagen sie.
Klar, der Laden habe nicht gerade gebrummt, das Gehalt sei in den letzten Monaten auch nicht immer pünktlich auf dem Konto eingegangen, manchmal auch cash ausgezahlt worden, aber ihre Information war eben: Das Haus bleibt vorübergehend wegen kleinerer Renovierungsarbeiten geschlossen.
Überstunden fürs Public Viewing
Einige haben dabei sogar noch geholfen und den Gastraum anschließend fürs Public Viewing dekoriert. „Noch ein paar Stunden mehr, die vielleicht nie bezahlt werden“, befürchten sie.
Einige aus dem Team arbeiten schon seit Jahren im Brauereihotel Alte Post. Früher, sagen sie, lief alles besser. Seit Bettina M. das Sagen hat, gebe es keinen Betriebsleiter mehr vor Ort. „Wir mussten alles allein organisieren und entscheiden, Frau M. war kaum einmal für uns zu sprechen, und wenn, gab es nie eine klare Antwort auf unsere Fragen.“ – So wie gestern eben.