Gladbeck. . Kunst soll ja auch für Kontroversen sorgen. Die neue Ausstellung in der Neuen Galerie wird das sicherlich erreichen. Der Berliner Künstler Markus Draper hat die Ereignisse um Rösler und Degowski unter dem schlichten Titel „Rentfort-Nord“ verarbeitet.
Das Gladbecker Geiseldrama hat sich tief in das Gedächtnis der Republik eingebrannt und liegt seit 23 Jahren wie ein dunkler Fleck auf der Imagekarte der Stadt. Jetzt wird das Geschehen von damals zum Gegenstand in der Kunst: Der Berliner Künstler Markus Draper hat die Ereignisse um Rösler und Degowski unter dem schlichten Titel „Rentfort-Nord“ verarbeitet. Und stellt diese künstlerische Installation im Rahmen der Ausstellung „Häuser und Schatten“ in der Neuen Galerie aus.
Diese ungeheure, schreckliche Geschichte als Kunstwerk – geht das überhaupt? Ja, doch und es passiert etwas ganz Erstaunliches: Der Fokus wird weggelenkt von Gladbeck, das mit dem Banküberfall an der Schwechater Straße 38 zwar Ausgangspunkt des Geschehens war, aber eben nur der Anfang. Ein Ort mit einer Bank eben, willkürlich ausgewählt. Draper lässt Täter und Opfer jedoch völlig außen vor, reduziert das Drama auf die Orte und Gebäude, an denen es seinen Verlauf nahm. Und hat fünf der wichtigsten Standorte originalgetreu im Maßstab 1:100 auf fünf Tischen nachgebaut.
Nachgedrehte Filmszenen
Scheinbar harmlos wirken die Modellbauten mit ebenso neutralen Titeln. „Die Bank“ (Gladbeck), „Die Tankstelle“ (Bremen), „Die Raststätte“, „Die Fußgängerzone (Köln), „Die Autobahn“. Blassgraue, farblos erscheinende Szenerien, deren Bedeutung erst mit der eigenen Erinnerung und dem Wissen um die Geschichte scharf hervortritt. Bewegung entsteht durch schwarz-weiß nachgedrehte Filmszenen via Bildschirm, und einige O-Töne von damals erinnern unerbittlich an das Grauen hinter diesen Fassaden. „Wer sind Sie denn bitte? „Der Bankräuber“. Da ist es ganz nah, das Geschehen von damals.
Durch die Installation als Ganzes aber „enthebt es sich vom Lokalen, wirkt dagegen“, ist die Absicht des Künstlers. Das Trauma der Stadt, in dunkler Schublade versteckt, kommt zwar wieder ans Tageslicht, verliert aber seine belastende Bedeutung.
Kurator Gerd Weggel ist gespannt auf Reaktionen
Ob die Gladbecker Ausstellungsbesucher das auch so sehen werden? Darauf ist Kurator Gerd Weggel, dem die Brisanz des Themas dieser Ausstellung in der Neuen Galerie wohl bewusst ist, gespannt.
Es gibt aber noch die andere Dimension dieses Themas „Häuser und Schatten“, die in der Schwechater Straße 38 ebenfalls präsent ist: Gescheiterte Utopien moderner Architektur. So wie die Schwechater heute ein leeres Wohngebäude ist, so stand lange Zeit auch der Windsor-Tower in Madrid wie ein zerbrochener Architektur-Traum mitten in der „Weißen Stadt“. Das 100 Meter hohe Gebäude war bei Aufbauarbeiten in Brand geraten, die Ruine mit dem Kran oben drauf erinnerte einem Mahnmal gleich an die hochfliegenden Pläne der Erbauer.