Gladbeck. .

Britta S. versteht die Welt nicht mehr. Ihr Sohn Tim (18), Schüler an einem Berufskolleg, hat sich im Sommer 2009 einen Job besorgt, um sich Taschengeld zu verdienen. 200 Euro bekam er monatlich für seine Arbeit in einem Getränkemarkt – und muss sich für diese Zeit selbst krankenversichern. Den Mindestbeitrag von 132 Euro pro Monat fordert die AOK rückwirkend. Mit Säumniszuschlägen sind mittlerweile ungefähr 1000 Euro fällig.

Beim leiblichen Kind gibt es das nicht

„Tim kann das natürlich nicht bezahlen, und wir können die Summe auch nicht aufbringen“, sagt Britta S., die sich doppelt bestraft fühlt, weil die vorübergehenden Einkünfte des Sohnes schon zu einer Reduzierung des Wohngeldes führten. Die Begründung für die Forderung der AOK kann sie nicht nachvollziehen: Tim ist im „Normalfall“ über die Familienversicherung kostenlos mitversichert. Die Monate, in denen er jobbte, waren aber nicht der Normalfall. Weil das Einkommen des allein verdienenden Vaters relativ gering ist, zahlte er in diesem Zeitraum nicht den „überwiegenden Unterhalt“ für Tim mit der Folge, dass sich der 18-Jährige selbst versichern muss – und das auch nur, weil das Familienoberhaupt sein Stiefvater ist. Bei leiblichen Kindern gibt es dieses Problem nicht. „Ich finde es sehr traurig, dass dieser Unterschied gemacht wird“, sagt die Mutter. „Mein Mann hat mich damals mit vier kleinen Kindern geheiratet und alles für sie getan.“

Weil die Familie das Geld, das die AOK fordert, nicht aufbringen kann, stand Ende letzter Woche ein Vollstreckungsbeamter der Krankenkasse vor der Tür. Jetzt sieht es so aus, als müsse Tim eine Eidesstattliche Versicherung abgeben. „Dann landet der Junge unverschuldet mit einem negativen Eintrag bei der Schufa.“

Dieter Hanker, Niederlassungsleiter der AOK, hat sich die Akte herausgesucht und bestätigt im Grundsatz die Darstellung der Mutter. Das Gesetz unterscheide tatsächlich zwischen leiblichen Eltern sowie Stief- und Großeltern, und das Einkommen des Familienvaters lasse der AOK keinen Ermessensspielraum. Allerdings: Dass mittlerweile rd. 1000 Euro ausstehen, habe sich der 18-Jährige selber zuzuschreiben. Er habe weder auf die erste Rechnung aus 2009 noch auf die Mahnungen reagiert. Hanker: „Und das seit immerhin zwei Jahren. Die Familie hätte zumindest das Gespräch mit uns suchen müssen.“ Der Bezirksleiter will Familie S. jetzt erneut Ratenzahlungen anbieten.