Gladbeck. .
Langzeitarbeitslose werden oft ausgegrenzt. In der aktuellen Debatte spricht man meist über sie, nicht mit ihnen. Die Hartz-IV-Initiative und die Ratsfraktion Soziale Liste wollen mit den Gladbeckern ins Gespräch kommen.
Das Klischee des arbeitsscheuen Hartz-IV-Empfängers, der eigentlich nur auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung lebt – es ist nicht totzukriegen, Sobald über Sozialgesetze diskutiert wird kann man die Uhr danach stellen, irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, dann wird gnadenlos die Populismuskeule geschwungen. Das muss noch nicht einmal die große Politik sein, auch auf lokaler Ebene versuchen sich Politiker auf diese Weise zu profilieren. Zum Thema Hartz-IV kann jeder etwas sagen, über Langzeitarbeitslose spricht jeder, mit ihnen jedoch kaum jemand.
„Wir sind die Bevölkerungsgruppe, über die im Moment in den Gremien kontrovers diskutiert wird. Wir sind aber selbst in den Gremien in der Regel nicht vertreten“, sagt Johannes Gay, Ratsherr, Mitglied der Fraktion „Soziale Liste“ und selbst Hartz-IV-Empfänger. Mit den Mitstreitern der Hartz-IV-Initiative steht er am Samstag in der Fußgängerzone, will mit den Gladbeckern sprechen und sammelt Unterschriften. Die sollen CDU-Ratsherr Holger Winterfeld dazu bringen, mit der Initiative zu sprechen und seine allseits kritisierten Aussagen zu dem Thema zurück zu nehmen.
Doch es bleiben nicht viele Gladbecker stehen. Die Unterschriftenliste füllt sich kaum, die Passanten verstecken sich unter Schirmen, hasten vorüber. Einige Male hören Gay und seine Helfer auch den bekannten Spruch, wonach jeder, der arbeiten möchte auch Arbeit findet. Auch da versuchen sie ruhig und sachlich zu argumentieren.
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Trotzdem wird klar, dass sie sich ausgegrenzt fühlen. In der derzeitigen Integrationsdebatte kämen ALG-II-Empfänger gar nicht vor, müssten aber ein Thema sein. Peter Jarosch möchte erreichen, dass das Thema Integration gesamtgesellschaftlich gesehen wird, nicht mehr nur auf den Aspekt Zuwanderung beschränkt: „Wer seit zwei Jahren keine Arbeit mehr hat, der ist nicht mehr in die Gesellschaft integriert.“ Die Gruppe der Dauerarbeitslosen lebe mittlerweile in einer „Parallelgesellschaft“. „Es wird wissentlich darauf hin gearbeitet, dass eine Ausgrenzung stattfindet“, erhebt René Zlomke schwere Vorwürfe. Von einer „voranschreitenden Stigmatisierung“ spricht auch Johannes Gay.
Daher will die Soziale Liste am Samstag an ihrem Stand für ein Umdenken werben. Nur wenn Politik, Wirtschaft und Betroffene gemeinsam gegen die Arbeitslosigkeit und fortschreitende Verarmung einiger Bevölkerungsgruppen angingen, könne man das Problem in den Griff bekommen. „Bis zur Agenda 2010 war das gemeinsame Vorgehen üblich“ erinnert Zlomke.