Gladbeck. Für Hefte, Stifte und Co. kommen in jedem Schuljahr hohe Kosten zusammen. Vier Eltern erzählen, wie viel Schule in Gladbeck jährlich kostet.
- Übungsbücher für 80 Euro, Farbkästen für 20 Euro, Sportsachen für 50 Euro – rechnen Gladbecker Eltern zusammen, wie viele Kosten sie im Jahr für vermeintliche „Kleinigkeiten“ für den Schulbesuch des Kindes ausgeben, kommt einiges zusammen.
- Besonders eine alleinerziehende Mutter aus Gladbeck muss bei den hohen Ausgaben schlucken – sie hat sogar einen Nebenjob, um die Zusatzkosten zu finanzieren.
- Happig sind insbesondere die Preise für Tornister, es gibt sogar sogenannte „Ranzen-Partys“, auf denen Rabatt-Gutscheine verteilt werden.
Schule kostet Geld, viel Geld – und zwar nicht nur, wenn Klassenfahrten oder Ausflüge anstehen. Schon vor dem Beginn eines Schuljahres summieren sich die Kosten für Hefte, Stifte und viele weitere Lernmittel zu happigen Beträgen. Vier Eltern von Gladbecker Schulkindern haben uns Einblicke in ihre Ausgaben rund ums Thema Schulmaterialien gegeben – als sie alle Kosten aufgelistet sehen, müssen sie bei den hohen Summen selbst schlucken.
Lernmittelfreiheit in NRW federt nur einen Bruchteil der Schulausgaben ab
Um insbesondere die Kosten für Schulbücher auf einen relativ geringen Eigenbeitrag der Eltern zu drücken, gibt es in Nordrhein-Westfalen die so genannte „Lernmittelfreiheit“. Diese bezieht sich allerdings nur auf Bücher, geografische Karten und Ähnliches, während „Gebrauchs- oder Übungsmaterial“, wie es die Landesregierung nennt, ausdrücklich nicht von dieser Lernmittelfreiheit abgefedert werden. Doch auch hier kommen hohe Summen für Hefte, Zeichenblöcke, Mäppchen, Spitzer und Farbkästen und Übungsbücher zusammen. Manche Materialien können sich dabei zwar über mehrere Schuljahre halten – beispielsweise ein Taschenrechner oder ein Federmäppchen – doch andere Materialien müssen laufend neu besorgt werden. Zusammengenommen kommen so schnell mehrere hundert Euro zusammen. Deshalb forden Lehrergewerkschaften oder Wohlfahrtsverbände schon seit längerem eine Ausweitung der Lernmittelfreiheit, zuletzt hat die SPD-Opposition im Landtag gar eine „echte“ Lernmittelfreiheit gefordert.
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„Unser Sohn ist in diesem Schuljahr in die erste Klasse gekommen und wir haben locker zwischen 150 und 200 Euro für Schreib- und Lernmaterialien ausgegeben“, berichtet Vater Marvin Sönnichsen. Ob Notenblöcke für den Musikunterricht, Radierer oder Bücher zum Lesen lernen – es sei enorm, was für die Familie an Ausgaben zusammenkomme, mehr, als sie erwartet hätten.
Jennifer Bork, deren sechsjährige Tochter frisch eingeschult wurde, zählt weitere Kosten auf: „Für Übungsbücher waren 60 bis 80 Euro fällig, für Materialien wie Scheren, Kleber und Ordner etwa 50 Euro.“ Da die Mutter die Utensilien alle über mehrere Monate hinweg kaufte, seien die Kosten zunächst nicht so stark aufgefallen. „Aber wenn ich jetzt alle Ausgaben aufgelistet sehe, bin ich doch überrascht, wie viel da zusammengekommen ist. Und die ersten Stifte kann ich bald schon wieder nachkaufen“, so Bork.
Tornister kosten mehr als 300 Euro – es gibt sogar Partys, auf denen Gutscheine verteilt werden
Noch nicht mit eingenommen bei diesen Ausgaben ist beispielsweise der Tornister. Sönnichsen berichtet, dass dieser für seinen Sohn stolze 370 Euro gekostet habe. „Es fällt schon auf, wie teuer alles geworden ist, bei unserer älteren Tochter hat die Schultasche vor ein paar Jahren noch etwa 120 Euro gekostet. Da wird einem schlecht bei den Preisen.“
Ähnliches berichtet Heiko Bach, der vor einem Jahr zur Einschulung seiner Zwillinge zwei Ranzen kaufen musste – unter 300 Euro habe er keine vernünftigen Modelle gesehen. Er berichtet: „Mittlerweile gibt es sogar Ranzenpartys, auf denen man Rabattgutscheine bekommt oder zumindest ein kostenloses Etui dazu.“ Neben dem teuren Tornister muss auch Sportzeug her. Jennifer Bork erzählt: „Das Sportzeug müssen wir jedes Jahr neu kaufen, weil die Kinder so schnell wachsen.“ Für Schuhe, T-Shirts und Hosen kämen schnell mehr als 50 Euro zusammen, immerhin der Turnbeutel sei beim Ranzen der Tochter bereits dabei gewesen.
Alleinerziehende Mutter hat zwei Jobs, um Schulkosten finanzieren zu können
Auch die alleinerziehende Mutter von drei Töchtern, Jennifer Albrecht, weiß bestens, wie teuer Schulmaterialien sind, zumal sie die Ausgaben immer mal drei nehmen muss. „Lernbücher für um die 150 Euro, dazu Sportzeug, das pro Kind zwischen 40 und 55 Euro kostet, dann drei Farbkästen à 20 Euro, Pinsel, Füller für jeweils 25 Euro...“, beginnt Albrecht die Aufzählung. Aufs Jahr gerechnet komme da ordentlich etwas zusammen für die drei Kinder, die die vierte, achte und zehnte Klasse in Gladbecker Schulen besuchen.
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Um die hohen Ausgaben finanzieren zu können, hat die Mutter neben ihrem Vollzeitjob noch einen 450-Euro-Job, „die Einnahmen daraus gehen eben genau für solche permanenten Kosten hier drauf“, so die alleinerziehende Mutter. Auch sie bekommt die Preissteigerungen deutlich zu spüren, ein gutes Beispiel seien hierbei Wachsmalstifte. Die Schule gebe hier immer eine bestimmte Marke vor, die gekauft werden solle. Albrecht erinnert sich: „Bei meiner Tochter haben ich damals noch 17 Euro für das Päckchen gezahlt, bei meinem jüngsten Sohn sind es jetzt schon 22 Euro.“
Zwar gibt es für einkommensschwache Familien und Sozialhilfeempfänger Zuschüsse aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Landes, wodurch unter anderem auch Kosten für Lernmaterialien übernommen werden. Eltern, die gerade so über der Bezuschussungsgrenze liegen, müssen allerdings bei geringem Einkommen dennoch alle Kosten alleine tragen. Heiko Bach, der selbst als Lehrer arbeitet, weiß, wie schwer es so insbesondere für alleinerziehende Eltern werden kann. Sein nüchternes Fazit lautet: „Bildung sollte in unserer Gesellschaft ein kostenloses Gut sein. Aber machen wir uns nichts vor, das ist nicht mehr so.“