Gladbeck. Die Gesellschaft für Jugendhilfe und Familien möchte in der Stadt Gladbeck expandieren. Was ihnen dabei große Schwierigkeiten bereitet

Zehn bis 20 Mal täglich schellt das Telefon bei der 24-Stunden-Rufbereitschaft der Junikum Gesellschaft für Jugendhilfe und Familien, fragen Jugendämter nach freien Plätzen für Kinder und Jugendliche. „Und seit geraumer Zeit schon lautet unsere Antwort: „Nein, denn wir sind voll bis unters Dach“, bedauert Thomas Reil, Bereichsleiter Pädagogik und zuständig für die stationären Einrichtungen in Gladbeck.

Die Junikum GmbH mit Hauptsitz in Oer-Erkenschwick betreibt in sieben Städten stationäre Einrichtungen. In ihren Gladbecker Häusern finden 47 Kinder und Jugendliche ein temporäres Zuhause. In der Regelgruppe leben neun Sechs- bis 18-Jährige, sieben Zimmer stehen in der Intensivwohngruppe für Betroffene mit erhöhtem pädagogischen Betreuungsbedarf zur Verfügung, um die speziellen Themen der über 13-Jährigen kümmern sich die Mitarbeiter in der Jugendwohngruppe, und 13 junge Menschen zwischen 17 und 21 Jahren werden in ihrer WG auf ein selbstständiges Leben vorbereitet.

Jugendhilfe will in Gladbeck wachsen: „Es funktioniert nicht“

In allen Gruppen gibt es ausnahmslos Einzelzimmer und große Gemeinschaftsräume. Die Bewohner werden von fünf bis sechs Mitarbeitern betreut und von einer Hauswirtschaftskraft versorgt. „Die Rückführung der Kinder und Jugendlichen in ihre Familien ist unser oberstes Ziel“, erklärt Thomas Reil. „Wir arbeiten eng mit den Eltern zusammen. Vater und Mutter besuchen ihr Kind, beschäftigen sich mit ihm, können mit ihm in seinem Zimmer übernachten. So gelingt in den meisten Fällen, die Bindung zwischen Eltern und Kind zu reaktivieren oder überhaupt erst herzustellen.“

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Zurück zu den vollen Wohngruppen: Die Junikum GmbH würde ihr Angebot liebend gern ausweiten, auch in Gladbeck, sagt Thomas Reil. „Die Konzepte stehen, unsere Bereitschaft ist vorhanden, aber es funktioniert nicht. Wohnraum, wie wir ihn benötigen, gibt es nicht von der Stange, Neubauten sind aktuell sehr teuer, und selbst, wenn wir Investoren fänden, scheitert eine Expansion am fehlenden Personal.“ In seinen 25 Dienstjahren sei es nie so schwer gewesen wie jetzt, Fachkräfte zu finden, obwohl die Junikum GmbH selbst ausbildet. „Längst nicht jeder ist bereit, an sechs Tagen in der Woche im Drei-Schicht-Dienst, auch nachts und an Wochenenden, zu arbeiten. Das muss man aushalten können. Aber wenn die Zahlen der Kinder und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen untergebracht werden müssen, weiter steigen, stehen wir Träger vor einem Kollaps.“ Stellenangebote für Fachkräfte und Informationen über Ausbildungsplätze sind unter junikum.de zu finden.