Gladbeck. Zum „autofreien Tag“ werden in Gladbeck wohl nur wenige Pendler ihre Autos stehen lassen – zu schlecht ist die Verbindung mit Bussen und Bahnen.
Wenn am Freitag auf den Gladbecker Straßen etwas weniger Verkehr herrscht als sonst, könnte das am „Autofreien Tag“ liegen, der jährlich am 22. September deutschlandweit stattfindet. Der Aktionstag dient dabei lediglich als Empfehlung, das Auto stehen zu lassen und stattdessen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs zu sein. Eine Facebookumfrage dieser Redaktion zeigt allerdings, dass viele Einwohner kaum eine andere Möglichkeit sehen, als mit dem Auto zu fahren.
Aktionstag will Autofahrer dazu bewegen, freiwillig das Auto stehen zu lassen
Während es in den 1950er und 1970er Jahren aufgrund von Erdöl-Engpässen verpflichtende autofreie Tage gab, die von den Behörden verfügt wurden, spielen heutzutage besonders Umweltschutzgründe eine wichtige Rolle an diesem bundesweiten Aktionstag. In einigen deutschen Städten werden für diesen Tag bestimmte Straßen für den Verkehr gesperrt und ausschließlich Fußgängern und Radfahrern zur Verfügung gestellt, in Gladbeck ist allerdings nichts derartiges geplant.
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Müssten die Gladbecker tatsächlich für einen Tag auf ihr Auto verzichten, würde das viele Pendler vor große Probleme stellen. Denn: In der Regel dauert insbesondere der Arbeitsweg mit dem Auto deutlich kürzer als mit der Bahn, mit dem Fahrrad oder zu Fuß ist die Strecke oft gar nicht zu bewältigen. Facebooknutzer Jürgen Pfänder kommentiert unter einem Post dieser Redaktion beispielsweise: „Je nach Einsatzort fahre ich zwischen 100 und 140 Kilometer täglich. Wenn ich gut durchkomme, dann dauert es zirka eine Stunde und 45 Minuten, ansonsten zweieinhalb Stunden für den Hin- und Rückweg.“ Die Bahn sei keine Alternative, damit wäre er etwa fünf Stunden unterwegs. Sein nüchternes Fazit: „Wäre ich aber auf die Bahn angewiesen, dann wäre ich bestimmt schon arbeitslos. Es fällt ja täglich immer irgendeine Bahn aus.“
Gladbecker sind öffentlich oft doppelt so lange unterwegs wie mit dem Auto
Ähnliches bestätigt Michaela Asic. Mit dem Fahrrad (kein E-Bike) brauche sie für acht Kilometer 25 bis 30 Minuten, mit dem Auto 15 bis 20 Minuten – und mit dem Bus gleich eine Stunde. „Was wähle ich also? Bestimmt nicht die öffentlichen Verkehrsmittel“, meint Asic. Auch eine Recherche auf Google Maps zeigt, dass die Wege mit Bussen und Bahnen oft deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als derselbe Weg mit dem Auto – ein geringer Anreiz für Gladbeckerinnen und Gladbecker, den Pkw stehen zu lassen.
In diese Städte pendeln Gladbecker am häufigsten
- Daten des deutschen Pendleratlasses zeigen, dass es in Gladbeck zurzeit jeden Tag 37.621 Pendlerbewegungen gibt – 10.604 Menschen pendeln demnach nach Gladbeck, während 19.696 Menschen aus der Stadt herausfahren. In der Stadt selbst pendeln zudem 7321 Menschen täglich.
- Damit ist Gladbeck, wie die meisten kleineren Ruhrgebietsstädte, eine Auspendlerstadt. Heißt: Morgens verlassen mehr Menschen die Stadt, um zur Arbeit zu fahren, als umgekehrt hineinkommen.
- Die meisten Auspendler führt der Weg von Gladbeck aus in die umliegenden Städte Gelsenkirchen, Essen und Bottrop – in dieser Reihenfolge. Dabei ist der Weg nach Essen mit im Schnitt 15,6 Kilometern der Weiteste.
- Auch Duisburg, Oberhausen, Bochum, Dorsten, Düsseldorf, Recklinghausen und Marl sind beliebte Pendlerstädte für Gladbecker.
- Die meisten Auswärtigen, die in Gladbeck arbeiten, kommen ebenfalls aus den Nachbarstädten Gelsenkirchen, Bottrop und Essen.
- Die Daten im Pendlerportal Deutschland basieren auf den Angaben der Statistischen Landesämter.
Vom Willy-Brandt-Platz in der Gladbecker Innenstadt ausgehend brauchen Pendler beispielsweise in die Essener Innenstadt (Berliner Platz) mit dem Auto rund 25 Minuten, mit der Bahn dauert es laut Google Maps mindestens doppelt so lange – selbst wenn alles pünktlich fährt, ist man mit Bus und U-Bahn etwa eine Stunde unterwegs. Ähnlich schaut es für Pendler nach Gelsenkirchen aus: Zum Hauptbahnhof brauchen Autofahrer etwa 25 Minuten, mit Bus und Straßenbahn sind Fahrgäste hingegen zwischen 50 Minuten und einer Stunde unterwegs. Noch größer sind die zeitlichen Unterschiede auf der Strecke nach Recklinghausen: Mit dem Auto dauert die Fahrt in die Innenstadt (Rathaus) etwa 24 Minuten, öffentlich müssen Fahrgäste mit dem Bus mindestens eine Stunde und zehn Minuten einplanen.
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Wollen Gladbecker das Auto doch mal stehen lassen, benutzen sie laut der WAZ-Facebookumfrage am liebsten das Rad. Frank Langenhorst kommentiert: „Ich fahre mit dem Auto 20 Minuten hin und wieder 20 zurück, bei trockenen Wetter wird das Radl genutzt.“ Silvia Hälker berichtet, dass sie nur zum Einkaufen das Auto nutzt: „Der Rest wird mit dem Fahrrad erledigt.“