Recklinghausen/Gladbeck. 18 Städte und Kreise lotsen per App Ersthelfer zum Patienten, bevor der Rettungsdienst eintrifft. Das wäre auch eine Option für den Kreis RE
Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand entscheiden Minuten über die Rettungschancen des Patienten. Das ist die Zeitspanne zwischen dem Aussetzen der Sauerstoffversorgung im Gehirn und der Wiederbelebung. Um Leben zu retten, beteiligen sich 18 Städte und Kreise in Deutschland an einem Smartphone-basierten Rettungssystem („Corhelper“). Im kommenden Jahr will auch der Kreis Recklinghausen mitmachen, bestätigt die Pressestelle im Kreishaus auf Anfrage.
Lesen Sie auch
- LWL-Museen. Ferienspaß für Kids: Vom Matrosenleben und falschen Münzen
- Rückblick. Als Gladbeck in den 70ern noch einmal eine Blütezeit erlebt
- WAZ-Spielplatz-Check. Spielplatz Dorstener Straße: Ein Kletterparadies mit Mängeln
- Problemhochhaus. Ruhestörung: Stadt hat Lärm am Hochhaus Steinstraße gemessen
- Gastronomie. Mit Joe`s Café wird Gladbecks Mitte um ein Lokal reicher
Bei der App „Corhelper“ handelt es sich um ein Smartphone-basiertes Rettungssystem. Qualifizierte Ersthelfer können diese App auf ihrem Smartphone installieren und sich als mobile Ersthelfer registrieren. Nach der Freigabe durch den Träger des Rettungsdienstes kann der freiwillige Ersthelfer zu einem Einsatz alarmiert werden.
In NRW gibt es die Corhelper-App u.a. schon in Duisburg
16 der bislang beteiligten 18 Städte und Kreise befinden sich in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. In NRW machen unter anderem die Stadt Duisburg, der Kreis Wesel und der Kreis Borken mit. Wie sind die bisherigen Erfahrungen? Im Nachbarkreis Borken liegt die Zahl der in der Corhelper-App registrierten qualifizierten Ersthelferinnen und Ersthelfer mittlerweile bei rund 800 (Stand Ende 2022). Diese sind bereits in mehreren hundert Fällen zu einem Notfalleinsatz wegen eines Herz-Kreislauf-Stillstandes gerufen worden und konnten im Regelfall noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes mit der Reanimation des Patienten beginnen, berichtet der Kreis Borken, der offensiv um weitere Ersthelfer wirbt.
Neuer Rettungsdienstbedarfsplan in Arbeit
Der Kreis ist Träger des Rettungsdienstes, die Städte halten die Rettungswachen vor. Aktuell wird ein neuer Rettungsdienstbedarfsplan erarbeitet. Dort wird dokumentiert, was – unter anderem an Fahrzeugen und Personal – erforderlich ist, um die Hilfsfristen einzuhalten.
Die Finanzierung obliegt den Krankenkassen. Seit der letzten Bedarfsplanung (2017) hat sich die Zahl der Notfall-Rettungseinsätze um 22 Prozent erhöht.
Personen, die sich als Ersthelfer in den Dienst der guten Sache stellen wollen, müssen im Kreis Borken eine mindestens 24 Stunden umfassende Grundausbildung im medizinischen Bereich aufweisen. Prädestiniert für die Aufgabe sind medizinische Fachangestellte, Physiotherapeuten, Ärzte und Mitarbeiter im Rettungsdienst; also Menschen, die auch Praxiserfahrung haben. Der Kreis Borken weist darauf hin, dass ein Corhelper auch in Situationen kommen kann, die psychisch stark belastend sind.
Leitstelle alarmiert parallel zum Rettungsdienst die Corhelper-App
Kommt es zu einem Notruf mit der Diagnose Herz-Kreislauf-Stillstand, kann die zuständige Leitstelle -parallel zum Rettungsdienst – die Corhelper-App aktivieren. Dabei werden unmittelbar in der Nähe befindliche Ersthelfer durch die GPS-Funktion ihres Handys geortet und anhand eines massiven Alarmtons auf den Notfall hingewiesen. Wird der Einsatz durch einen Ersthelfer angenommen, bekommt er per App die für den Einsatz erforderlichen Daten übermittelt und wird zum Einsatzort navigiert.
++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook! ++
Bleibt die Frage, warum das Ersthelfer-System im Kreis Recklinghausen erst im nächsten Jahr eingeführt werden soll? Zumindest ist das der Plan. „Die Sache ist nicht trivial“, sagt Kreis-Sprecherin Svenja Küchmeister. Potenzielle Helfer mit medizinischem Know-how müssten erst gefunden und geschult werden.
Innerhalb von acht Minuten soll der Notarzt im Ernstfall beim Patienten eintreffen
Innerhalb von acht Minuten soll der Notarzt im Ernstfall beim Patienten eintreffen. Im ländlichen Raum gelten zwölf Minuten als angemessene Frist. Die vorgegebenen Hilfsfristen werden im Kreis Recklinghausen allerdings nur zu 50,7 Prozent (8 Minuten-Bereich) beziehungsweise 56,7 Prozent (12 Minuten-Bereich) eingehalten. Der Zielwert liegt bei 90 Prozent.