Gladbeck. 25-Jährige beschuldigt Angeklagten unter anderem der sexuellen Nötigung und Körperverletzung. Den Juristen war ihr Auftritt „zu theatralisch“.
So einig sind sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht selten: Ein 29-Jähriger, angeklagt der sexuellen Nötigung, der Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Sachbeschädigung wurde freigesprochen. Grund war vor allem der „theatralische Auftritt“ (übereinstimmendes Zitat der Juristen) der Belastungszeugin vor dem Amtsgericht Gladbeck.
Immer wieder von Weinattacken unterbrochen, erhob die 25 Jahre alte Frau aus Bochum schwere Vorwürfe gegen den 29-Jährigen, den sie über eine Dating-Plattform kennengelernt hatte. Bei ihrem dritten Treffen sei er mit ihr zum Wasserschloss Wittringen gefahren. Eigentlich habe sie ihn nicht mehr sehen wollen, weil sie am Telefon gestritten hätten. „Ich habe gesagt, dass ich auch künftig, selbst in einer Ehe, mit Freundinnen feiern und verreisen werde. Das hielt er mit unserer Religion für nicht vereinbar, ist sehr laut geworden, und ich wollte keinen Kontakt mehr.“ Weil er sie wenig später um Entschuldigung gebeten habe, sei sie seiner Bitte nach einem weiteren Treffen nachgekommen, „um ihm face to face zu sagen, dass es vorbei ist, und ein letztes Mal mit ihm essen zu gehen“.
Angeklagter soll Zeugin als „Schlampe“ bezeichnet haben
Statt zum Schloss sei er in einen Waldweg gefahren. Zuvor habe er sich aufgeregt, weil sie unterwegs eine Nachricht von einem Freund bekommen habe. Er habe ihr das Handy aus der Hand gerissen und sie als Schlampe tituliert. Dann habe er sich auf die hintere Bank des Fahrzeugs gesetzt und sie genötigt, zu ihm zu kommen, „sonst würde er mich nicht nach Hause fahren und mir mein Handy nicht zurückgeben“.
Aus Angst habe sie sich zu ihm gesetzt. Die Türen habe er verriegelt. „Er hat mich angefasst, wollte, dass ich mich auf seinen Schoß setze, hat mich bedrängt, geschlagen und geboxt, mein Kopftuch weggerissen, an meinen Haaren gezogen, mich gewürgt. Ich habe mich nach besten Kräften gewehrt und laut um Hilfe gerufen, aber niemand hat mich gehört. Ich hatte Angst, dass er mich umbringt.“
Schilderung des Angeklagten weicht erheblich von der der Bochumerin ab
Als er ausgestiegen sei, habe auch sie die Tür öffnen können. „Mit war schwarz vor Augen, ich bin aus dem Auto gefallen, konnte nicht aufstehen, bin weggekrabbelt. Er hat gedroht, mich zu überfahren, dann versprochen, mir mein Handy zurückzugeben, wenn ich wieder einsteige. Das wollte ich unbedingt haben, um die Polizei anzurufen. Deshalb bin ich wieder eingestiegen.“ Als sie heimlich die 110 wählen wollte, habe er ihr das Handy weggerissen und aus dem Fenster geworfen. Weil ihre Nase blutete, habe der sie vor einem Krankenhaus aussteigen lassen. Die Ärzte diagnostizierten Prellungen an der rechten Wange und Schulter sowie ein oberflächliches Hämatom an der Lippe.
Die Gesichtsverletzungen habe er schon bemerkt, als sie sich trafen, sagte der Angeklagte, dessen Schilderung der Vorfälle in Wittringen erheblich von ihren abwich. Sie habe auf dem Weg von Bochum nach Gladbeck etliche Nachrichten von anderen Männern bekommen, die sie ihm schließlich auch gezeigt habe. „Ich wollte, dass wir ein Foto von uns machen, damit die anderen Männer sehen, dass wir ein Paar sind. Ich habe es wirklich ernst gemeint mit ihr.“ Sie habe zunächst eingewilligt, sich dann aber doch geziert und sei aus dem Wagen gestiegen. Vorher sei man sich auf dem Rücksitz, wie bei den Treffen zuvor, einvernehmlich „näher gekommen“.
Angebliches Opfer hat sich vor Gericht in Widersprüche verstrickt
Er habe sie gebeten, wieder einzusteigen. „Es war spät. Ich wollte sie nach Hause fahren. Unterwegs hat sie plötzlich ihr Handy aus dem Fenster geschmissen. In Bochum habe ich sie an einem Krankenhaus aussteigen lassen. Am nächsten Tag stand die Polizei vor meiner Tür.“ Die Beamten hätten keinerlei Abwehrspuren an seinem Körper gefunden und festgestellt, dass sich die Autotüren von innen öffnen lassen, selbst wenn sie verriegelt sind. Eine Polizistin sagte als Zeugin, der 29-Jährige habe die Vorwürfe der Frau nicht ernst genommen, sondern gelacht und gesagt, er habe schon erwartet, dass so etwas kommt.
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Dem Schöffengericht war nicht nur der Auftritt der Frau suspekt. Sie habe sich zudem in Widersprüche verwickelt, sagte der Vorsitzende Richter Markus Bley. Deshalb: Freispruch auf Kosten der Landeskasse. Die Rechnung ihrer Anwältin, die sie als Nebenklägerin eingeschaltet hatte, muss die 25-Jährige selber begleichen.
Vielleicht sieht sich das Ex-Paar noch einmal vor Gericht wieder. „Was sie gemacht hat, grenzt an Rufmord. Ich könnte wegen Verleumdung gegen sie vorgehen“, sagte der 29-Jährige nach der Verhandlung.