Gladbeck. „Die Schönheit einer Frau hängt nicht von ihrer Brust ab“, sagt Fotografin Mirja Nicolussi. Warum sie Fotos von Frauen nach Brustkrebs-OPs macht.

„Die Schönheit einer Frau hängt nicht von ihrer Brust ab!“ Das sagt Mirja Nicolussi, und das will die Fotografin vor allem auch zeigen. Deshalb fotografiert sie für ihr Projekt „Brustlos schön“ Frauen, denen wegen Brustkrebs die Brust entfernt wurde. Dabei will sie herausstellen, dass ihre Models auch nach der Mastektomie – also der Brustamputation – „noch Frauen sind, starke und schöne Frauen“.

Wer sich die Fotos anschaut, muss sicher erst einmal schlucken. Doch man schaut nicht weg. Die Fotos verströmen keine Betroffenheit, verstören nicht. Im Gegenteil, sie ziehen den Betrachter in den Bann. Und genau das ist das Ziel der Gladbeckerin. „Ich will damit auch diejenigen ansprechen, die sonst keine Berührung mit dem Thema Brustkrebs haben.“

Mutter der Gladbeckerin ist an Krebs gestorben, Schwester hatte Brustkrebs

Dabei sei Brustkrebs unter Frauen – aber auch unter Männern – ein weit verbreitetes Thema, weiß Mirja Nicolussi. Sie selbst hat es im Familienkreis erfahren. Ihre Mutter ist an Krebs verstorben, hatte unter anderem auch Brustkrebs. Ihre Schwester war ebenfalls erkrankt, hat sich dann entschlossen, sich die Brüste entfernen zu lassen. So entstand dann die Idee zu dem Fotoprojekt.

Die Gladbecker Fotografin Mirja Nicolussi hat das Projekt „Brustlos schön“ ins Leben gerufen.
Die Gladbecker Fotografin Mirja Nicolussi hat das Projekt „Brustlos schön“ ins Leben gerufen. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Die 50-Jährige arbeitet hauptberuflich als Modefotografin. Diese Erfahrung setzt sie auch bei „Brustlos schön“ ein. Denn: „Die Fotos sollen eben keine Betroffenheit transportieren. Ja, die Frauen sind gezeichnet, und sie haben was durchgemacht, und trotzdem können sie ein tolles Leben haben.“ Eines ihrer Models etwa sei Europameisterin im Gewichtheben in ihrer Altersklasse. Setze man dagegen voll auf Betroffenheit, sei womöglich beim Betrachter die Bereitschaft nicht besonders ausgeprägt, sich mit dem Thema zu befassen, befürchtet Mirja Nicolussi.

Für die sensiblen Motive braucht es Vertrauen zwischen Model und Fotografin

Deshalb nutzt sie farbige, helle Hintergründe, arbeitet zusammen mit Stylistinnen und Visagistinnen, die ihre Modelle vorbereiten, damit genau diese Stärke, das Selbstbewusstsein, auf den Fotos auch transportiert wird. Gleichzeitig helfe diese Vorbereitung, um die richtige Atmosphäre im Studio aufzubauen, das Wohlbefinden zu stärken.

Mirja Nicolussi arbeitet hauptberuflich als Modefotografin. Das kommt ihr bei dem Projekt entgegen.
Mirja Nicolussi arbeitet hauptberuflich als Modefotografin. Das kommt ihr bei dem Projekt entgegen. © Mirja Nicolussi | Mirja Nicolussi

Denn für diese sensiblen Motive braucht es Vertrauen zwischen den Frauen vor und hinter der Kamera. Doch bisher sei der Funke immer übergesprungen, berichtet Mirja Nicolussi. „Bei den Shootings hatten die Frauen sehr viel Spaß, fanden sich und die Atmosphäre schön, und es war eine total positive Grundstimmung.“ Selbstverständlich habe man sich auch über die Krankheitsgeschichten unterhalten, „aber ganz normal, völlig unverkrampft“.

Gladbeckerin will das Leben nach Brustkrebs porträtieren

Mirja Nicolussis Schwester hat einen Verein mitgegründet, „Ablatio mammae – Selbstbewusst ohne Brust e.V.“ – kurz Amsob. Über den kam der Kontakt zu den ersten Models zustande. Mit denen hat sich die Fotografin ausgetauscht, ihr Konzept vorgestellt und am Ende dieses Prozesses entstanden die Fotos. Nun hofft die Gladbeckerin, dass weitere Frauen den Mut finden, sich von ihr fotografieren zu lassen. Für nächstes Jahr plant Mirja Nicolussi eine Ausstellung. „Die Frauen sollen gesehen werden, und das Thema soll so in den öffentlichen Raum getragen werden.“ Dieses Anliegen teilen die Frauen, die sie fotografiert hat.

Von der Idee bis zum fertigen Konzept und den ersten Fotos hat es ein Jahr gedauert. Bisher hat Mirja Nicolussi Frauen fotografiert, die sich nach der Mastektomie bewusst gegen einen Brustaufbau entschieden haben. Das sei eine Minderheit. Die meisten Frauen lassen die Brust nach einer solchen Operation wieder aufbauen – mit Implantaten oder mittels Eigengewebe. Langfristig möchte sie jedoch alle Frauen ansprechen – wie auch immer sie sich entschieden hätten. „Es geht darum, das Leben mit Brustkrebs beziehungsweise nach Brustkrebs zu porträtieren.“

Und das ist ihr ein echtes Anliegen, „das ich durch meine Familiengeschichte hoffentlich authentisch transportieren kann“.

Frauen, die sich vorstellen können, sich fotografieren zu lassen oder die Fotografin erst einmal kennenlernen wollen, können sich direkt an Mirja Nicolussi wenden unter: mirja@ruhrpottrodeo.de oder bei Instagram, www.instagram.com/mirja_nicolussi.