Gladbeck. Die Polizei macht beim NRW-Projekt „Kurve kriegen“ mit. Zudem wurde ein eigenes Konzept für junge Intensivtäter auch aus Gladbeck entwickelt.
Auch das Polizeipräsidium Recklinghausen gehört zu den 38 Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen, die sich an dem Programm „Kurve kriegen“ beteiligen. Mit diesem Engagement soll verhindert werden, dass straffällig gewordene Minderjährige komplett in die Kriminalität abrutschen. Die Erfolgsquote des Programms liegt nach Angaben des NRW-Innenministeriums landesweit bei 46 Prozent. Das heißt, fast jeder zweite Teilnehmer wird nicht mehr rückfällig. Das spiegelt sich auch in den Erfahrungen der Kreispolizeibehörde Recklinghausen wieder, die auch für junge Täterin Gladbeck zuständig ist.
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Polizeisprecherin Corinna Kutschke verweist auf die aktuelle Bilanz. Von 16 jungen Menschen, die zuletzt betreut wurden, seien sechs erfolgreich aus dem Programm entlassen worden, weitere sechs hätten die Kooperation vorzeitig abgebrochen. Die übrigen vier seien aus dem Vest weggezogen und würden jetzt von anderen Polizeibehörden betreut. Insgesamt sind nach Angaben des Polizeipräsidiums in den zurückliegenden vier Jahren insgesamt 36 Teilnehmer mit „Kurve kriegen“ begleitet worden.
Junger Intensivtäter verursacht Millionenschaden
Die sozialen Folgekosten, die ein junger Intensivtäter bis zu seinem 25. Lebensjahr anrichtet (z.B. Langzeittherapien für die Opfer) sind hoch. Sie belaufen sich nach Angaben der Landespolizei bei einer längeren kriminellen „Karriere“ auf eine Summe von 1,2 bis zu 1,7 Millionen Euro.
Im Schnitt 13.000 Euro pro Jahr kostet die Intensivbetreuung eines Teilnehmers, der am Präventionskonzept „Kurve kriegen“ teilnimmt. 40 Prozent der beteiligten Kinder und Jugendlichen sind nach Beendigung der Maßnahme nicht mehr straffällig geworden.
Die ersten NRW-Polizeibehörden haben bereits 2011 mit dieser Initiative begonnen. Inzwischen wird das Programm landesweit in 38 von 47 Kreispolizeibehörden des Landes angewendet. Derzeit kümmern sich die Macher um 572 junge Delinquenten. Das Durchschnittsalter bei der Aufnahme ins Programm liegt bei 12,8 Jahren. „Kurve kriegen“ richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 15 Jahren, die mit mindestens einer Gewalttat oder drei Eigentumsdelikten auffällig geworden sind und denen eine „Karriere“ zum Intensivtäter droht. Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen hatte das 2018 im Kreis Recklinghausen eingeführte Programm vorgestellt.
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Nach Angaben des Polizeipräsidiums Recklinghausen befindet sich die Jugendkriminalität im Vest auf dem niedrigsten Niveau seit 18 Jahren. Im vergangenen Jahr konnten insgesamt 3527 Tatverdächtige unter 21 Jahren ermittelt werden. Ihr Anteil an allen Tatverdächtigen ist von 20,2 im Jahr 2020 auf 19,5 Prozent (2021) gesunken. Im Jahr 2007 betrug die Quote immerhin noch 30,2 Prozent.
Polizeibehörde hat ein eigenes Konzept für Intensivtäter eingeführt
Das war auch das Jahr, in dem die Kreispolizeibehörde Recklinghausen ihr eigenes Konzept zur „Bekämpfung der Kriminalität durch Mehrfach- und Intensivtäter/innen“ eingeführt hat. Seitdem, so das Präsidium, lag der Anteil der jugendlichen Tatverdächtigen stets deutlich unter den Werten der Vorjahre.
Die Bilanz: Seit Beginn der Umsetzung des Konzeptes sind insgesamt 368 Personen, die zuvor in großer Zahl Straftaten begangen haben, nicht mehr auffällig geworden. 208 junge Leute, die sich nicht positiv beeinflussen ließen und weiter Straftaten begingen, seien längerfristig in Haft gegangen. Auch dadurch hätten sich die Fallzahlen reduziert. Im Jahr 2021 wurden im Vest 22 Personen aus dem Konzept entlassen, da sie sich nichts mehr hatten zuschulden kommen lassen.