Gladbeck. Präventionsprojekt für junge Täter von 8 bis 15 Jahren ist vor einem Jahr kreisweit angelaufen. Beteiligte Fachkräfte zogen jetzt Zwischenbilanz.
Schon mit acht Jahren ein gefürchteter Schläger, nicht nur auf dem Pausenhof der Grundschule, oder mit zwölf Jahren ein Gelegenheitsdieb, der mit der Clique lieber mal einen Joint raucht, als zur Schule zu gehen. Beides Fälle strafrechtlich aufgefallener Kinder, die drohen weiter in kriminelle Karrieren abzurutschen. Aus diesem Grund werden junge Täter im Kreis Recklinghausen im Rahmen des vor einem Jahr gestarteten Präventionsprojekts „Kurve kriegen – Wege aus der Kriminalität“ besonders in den Blick genommen und betreut. Zum Stand berichteten jetzt Projekt-Fachkräfte dem Gladbecker Jugendhilfeausschuss über ihre bisherigen Projekterfahrungen.
Zu Gast im Ratssaal waren Kriminalhauptkommissar Thomas Kranjc, polizeilicher Ansprechpartner für „Kurve kriegen“ im Polizeipräsidium Recklinghausen, und Diplom Pädagoge Stefan Bohm als pädagogische Fachkraft. Um mögliche Klienten für das Projekt herauszufiltern, erhalte er tagesaktuell das Lagebild mit den darin verzeichneten Polizeieinsätzen, informierte Kranjc. „Das durchforste ich dann präsidiumsweit nach Kindern und Jugendlichen, die Straftaten, beispielsweise Körperverletzung oder Diebstahl, begangen haben.“ Zur Zielgruppe gehörten Täter im Alter von 8 bis 15 Jahren, „die ein Gewaltdelikt begangen haben, oder die bereits durch drei Eigentumsdelikte aufgefallen sind“.
Mögliche Teilnehmer werden in den Fokus genommen
Mögliche Teilnehmer für das Projekt, die dann weiter in den Fokus genommen werden, bezogen auf Risikofaktoren, in eine kriminelle Karriere
Der Erfolg des Projekts ist wissenschaftlich belegt
In NRW wurde „Kurve kriegen“ 2011 gestartet mit bislang landesweit 1200 Teilnehmern. 40 Prozent der beteiligten Kinder und Jugendlichen sind nach Beendigung der Maßnahme nicht mehr straffällig geworden.
Jeder Erfolg entlastet auch die Gesellschaft finanziell, da ein Intensivtäter bis zum 25. Lebensjahr im Schnitt soziale Folgekosten von 1,7 Mio. Euro verursacht
abzurutschen (Schulverweigerer, schlechtes Umfeld, problembehaftete Familie). Bei einem Risiko folgt ein Hausbesuch des Zivilpolizisten, um auch mit den Eltern zu sprechen und ihre Einwilligung zu erhalten, ihr Kind in das Projekt „Kurve kriegen“ aufzunehmen. „Denn“, so Kranjc, „die Teilnahme basiert auf Freiwilligkeit“.
Bislang hätten aber alle Eltern zugestimmt, so dass aktuell zwölf Teilnehmer kreisweit betreut werden, darunter ein mittlerweile 15-jähriges Mädchen und sonst nur Jungen, insgesamt mit einem Altersdurchschnitt von 12 Jahren. Davon habe übrigens nur der geringere Teil, vier Personen, „einen Migrationshintergrund“, so Kranjc.
Vertrauen aufbauen und Hilfsmaßnahmen anbieten
Im nächsten Schritt wird Thomas Bohm als pädagogische Fachkraft hinzugezogen, um weiter Vertrauen aufzubauen und Hilfsmaßnahmen auch mit weiteren Partnern etwa Psychologen, Drogenberatung oder Schulnachhilfe anzubieten, um die Klienten zu stabilisieren „und die Kriminalität möglichst auf Null herunterzuschrauben“.
Mindestens zwei Jahre verbleiben die Teilnehmer in der Maßnahme, bei Bedarf auch länger. Die Verweildauer sei vom achten bis zum 18. Lebensjahr möglich. Stefan Bohm: „Und wir erarbeiten in jedem Fall eine vernünftige Prognose in Sachen Schulabschluss oder Berufsausbildung, bevor wir uns aus der Zusammenarbeit verabschieden.“
Die bisherige Erfahrung zeigt, dass das Projekt wirkt
Zum Langfristerfolg im Kreis könne noch nichts bilanziert werden, da alle Maßnahmen ja erst angelaufen seien, so Thomas Kranjc, „aber wir haben bislang nur positive Erfahrungen gemacht und können sagen: es wirkt!“