Gladbeck. Ab 1. Juli sollen Bürger für Corona-Tests bezahlen müssen. Was Teststellenbetreiber in Gladbeck besonders kritisieren, und wie sie nun planen.

Auch wenn man beim Blick auf Straßen und Flughäfen gerade einen anderen Eindruck gewinnen könnte: Die Pandemie ist nicht vorbei. Im Gegenteil: Die Inzidenzwerte im Kreis Recklinghausen und in Gladbeck sind deutlich höher als vor einem Jahr um diese Zeit. Lag die Inzidenz in Gladbeck am 28. Juni 2021 noch bei 10,6, lag sie am 24. Juni 2022 bei 537,6. Da stößt die Neuregelung bei den Corona-Tests ab 1. Juli auch auf Kritik. Und: Erste Betreiber geben bereits auf.

Ab Freitag soll der Bürgertest drei Euro kosten – mit Ausnahmen für einige vulnerable Gruppen und beispielsweise Besucherinnen und Besucher in Kliniken und Pflegeheimen. Für Patrick Schürhoff vom Teststellenbetreiber TestCov mit Standorten auf dem Festplatz und am Glückauf-Center sind noch viele Fragen offen. Und: „Ich befürchte, dass es zig Lücken für Betrüger gibt, um sich an den Regeln vorbeizuschlängeln.“ Denn wie solle jemand beispielsweise nachweisen, dass er gerade auf dem Weg in ein Krankenhaus ist, um dort einen Angehörigen zu besuchen, fragt sich Schürhoff.

Mit sinkenden Corona-Tests könnten etliche Infektionen unentdeckt bleiben

Eventuelle Nachweise müssten überprüft werden, das erhöhe den Verwaltungsaufwand in den Teststellen enorm. Zudem könnte die Zahl der Tests aufgrund der Kosten sinken, und auch die Vergütung für die Betreiber soll verringert werden. „Das kann dazu führen, dass einige Stellen nicht mehr rentabel sind.“ Dass sich manche Menschen die Kosten für einen Test nicht mehr leisten könnten, könnte wiederum dafür sorgen, dass etliche Infektionen unentdeckt blieben. Unklar ist allerdings noch, ob das Land nicht doch die Kosten in Höhe der drei Euro übernimmt.

Sieben weitere Todesfälle im Kreis

Der Kreis Recklinghausen meldete am Montag sieben weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Gestorben sind ein Mann aus Castrop-Rauxel im Alter von 90 Jahren, ein 94-jähriger Mann aus Herten, ein 95-jähriger Mann aus Marl, ein Mann aus Oer-Erkenschwick im Alter von 83 Jahren, eine 84-jährige Frau sowie ein 77-jähriger Mann aus Recklinghausen und eine Frau aus Waltrop im Alter von 89 Jahren. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Todesfälle im Kreis auf 1377. In Gladbeck sind seit Ausbruch der Pandemie 196 Todesfälle bekannt.

Aktuell bekommen die Teststellen-Betreiber pro Abstrich 11,50 Euro, dieser Betrag soll auf 9,50 Euro reduziert werden. „6,50 Euro fließen aus Bundesmitteln, drei Euro kommen dann künftig von den Bürgern. Bei einer Befreiung werden die 9,50 Euro wohl komplett vom Bund finanziert, das ist aber noch nicht fix“, erklärt Kreissprecherin Svenja Küchmeister.

Teststellen-Betreiber in Gladbeck warten auf klare Regelungen

Es gebe noch 1000 offene Fragen. Ein paar Betreiber im Kreis haben ihre Teststelle bereits in letzter Zeit abgemeldet. Die Vermutung liege nahe, dass das mit der Neuregelung zusammenhänge. „Wenn die Regelung so kommt wie angekündigt, ist davon auszugehen, dass weitere Betreiber sagen werden, dass ihnen der Aufwand zu groß ist“, vermutet Küchmeister.

Viele Corona-Tests sind aktuell positiv. In Teststellen in Gladbeck sind es zwischen 15 und 20 Prozent der Abstriche.
Viele Corona-Tests sind aktuell positiv. In Teststellen in Gladbeck sind es zwischen 15 und 20 Prozent der Abstriche. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Die Kürze für die Zeit der Umsetzung sei eine Zumutung, findet auch Patrick Schürhoff. Dass noch wenige Tage vor Beginn der neuen Regelung noch immer unklar ist, ob das Land NRW die Kosten von drei Euro doch übernimmt, eine genaue Definition der befreiten Gruppen fehlt, das ärgert ihn. „Wir werden in letzter Minute reagieren müssen.“ Eventuell müssten die Buchungssysteme umgeschrieben werden, um einen berechtigten Grund für einen kostenlosen Test eintragen zu können. „Wir haben jetzt drei Versionen einer möglichen Buchungsseite vorbereitet“, verdeutlicht Schürhoff den Aufwand. Die beiden Teststellen von TestCov in der Stadt sollen aber auf jeden Fall bestehen bleiben.

Teststelle in Wittringen registriert Höchststand an positiven Tests

Das beteuert auch Mike Henning, Prokurist der H&K Systemgastronomie Betriebs GmbH & Co KG, die die Teststelle in Wittringen betreibt. „Corona ist schließlich nicht vorbei. Und die richtige Welle wird erst noch kommen, wenn die Leute aus dem Urlaub kommen.“ Denn dem Gedränge am Flughafen könne keiner entkommen. „Und Maske trägt dort niemand mehr, nicht einmal das Sicherheitspersonal“, kritisiert er. So seien auch viele Ergebnisse von Schnell- und PCR-Tests aktuell positiv, etwa 15 bis 20 Prozent jeden Tag. „Wir haben im Moment wieder einen Höchststand von positiven Tests“, so Henning.

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Er beobachtet, dass vor allem nach Wochenenden sich vermehrt Menschen krank fühlten. „Am Wochenende stehen mehr Aktivitäten an, und dann kommen die ersten Symptome.“ Symptomatische Kunden dürfen in Teststellen nicht bedient werden, sondern müssen an einen Arzt verwiesen werden. „Diese Regel muss schnellstmöglich gekippt werden, da sie keinen Sinn macht.“