Gladbeck. Die Künstlerin Iwajla Klinke ist eine Wanderin zwischen den Welten. Das macht ihre Fotokunst so besonders, die jetzt in Gladbeck zu sehen ist.
Als „gegengängig“ bezeichnet der Publizist und Kunstkritiker Heinz-Norbert Jocks die Ausstrahlung der Porträtfotografien von Iwajla Klinke, die ab Freitag in der Neuen Galerie Gladbeck gezeigt werden.
Die großformatigen Bilder fokussieren stark auf ihre Protagonisten, indem diese ausschließlich vor einem schwarzen Hintergrund präsentiert werden. „Was ich brauche, ist eine Leiter, ein schwarzes Tuch und meine Spiegelreflex“, sagt die Fotokünstlerin über ihre Arbeit. Auch arbeite sie ausschließlich ohne künstliches Licht. „Hypnopomp“ lautet der Titel dieser Sammlung von rund 15 Arbeiten. Der Fachbegriff beschreibt jene Phase kurz nach dem Erwachen aus dem Schlaf. Die Zwischenwelt, die in diesem Moment entsteht kann ganz besondere Sinneswahrnehmungen und Lichteffekte hervorrufen.
Künstlerisches Thema sind traditionelle Rituale
Auch Iwajla Klinke ist künstlerisch eine Wanderin zwischen den Welten. Dies drückt sich sehr deutlich in ihren Arbeiten über traditionelle Rituale aus, wie sie zum Beispiel während der Passionszeit vor Ostern in besonderem Maße in Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal stattfinden. Die 46-Jährige arbeitet mit dem Mittel der Verfremdung und setzt dabei auf den Begriff der „Transformation“. Diese spielt mit Vergangenheit und Gegenwart. Eine Jungengruppe trägt exotische Papiermasken als festen Bestandteil einer jahrhundertealten Zeremonie und dazu moderne Markenshirts.
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Dabei geht es Iwajla Klinke nicht um Folklore
Transformation kann aber auch die vom Jungen zum Mädchen meinen, oder vom Menschen zum Tier, deutlich gemacht in den fantasievollen Masken. Iwajla Klinke ist es wichtig zu betonen, es ginge ihr nicht um Folklore. Vielmehr suche sie die Irritation, den Widerspruch. Das Hybride sei ihr künstlerisches Interesse sowie die Brüche darin: „Trüge ein Mädchen oder eine Frau diesen Blütenhut, dann hätte mich das nicht sonderlich interessiert.“ Intensiv hat sich Klinke mit der kleinen Volksgruppe der Sorben in der Lausitz beschäftigt, die ihre Traditionen pflegen. Junge Männer tragen imposante, mit Perlen und Schmuck besetzte Kopfbedeckungen.
Die Verwandlung vom jungen Priesteranwärter zum Weihbischof
Eröffnung Freitagabend
Die Ausstellung „Hypnopomp“ mit Fotografien von Iwajla Klinke wird dem Freitag, 1. April, in der Neuen Galerie Gladbeck um 19.30 Uhr eröffnet. Sie dauert bis zum 5. Juni 2022, der Eintritt ist kostenlos. Die Galerie ist geöffnet Mittwoch – Sonntag, 15.00 – 20.00 Uhr. Zu der Ausstellung erscheint eine Edition. Weiter Informationen www.galeriegladbeck.de.
Iwajla Klinke wurde 1976 in Greifswald geboren. Nach dem Studium arbeitete sie als freie Autorin für verschiedene Fernsehsender in Tel Aviv und Gaza, in Jordanien, Italien und Polen und drehte Dokumentarfilme, bevor sie sich der künstlerischen Fotografie zuwandte. Sie lebt in Berlin. Seit 2011 werden ihre Fotografien ausgestellt.
Wer den Ausstellungsraum der Neuen Galerie betritt und sich nach rechts wendet, der sieht sich mit zwei langformatigen Arbeiten konfrontiert, die gegenüber angeordnet sind. Unter „Prostatio“ – so sind beide Exponate benannt - versteht man in der römisch-katholischen Kirche das Sich-Niederwerfen einer Person im Altarraum als Zeichen der Demut und des Flehens. Auch hier die Verwandlung vom jungen Priesteranwärter bei der ersten Weihe in Weiß zum Weihbischof ihm gegenüber.
Ja, die Künstlerin dokumentiert Traditionen, religiöse und mythologische Zeremonien, aber stets respektvoll und emotional beteiligt. Die jungen Porträtierten schauen ernst drein, sie sind sich ihrer Aufgabe bewusst. Und es wird klar, wenn Klinke sagt, das Aufwendigste sei zuvor die Recherche. Die Bilder der Künstlerin strahlen eine große Stille und Ernsthaftigkeit aus. Und das ist auch genau so gewollt.
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