Gladbeck. Um für die Klimafolgen besser gewappnet zu sein, startet die Stadt Gladbeck ein Modellprojekt. Eine neue Straße wird klimarobust überplant.
Der bald größte Kreisverkehr in Gladbeck, der jetzt an der Großbaustelle Wiesmannstraße Form annimmt, ist allein schon ein Referenzprojekt. In dessen Umfeld wird im Stadtsüden zudem ein Pilotprojekt unter den Stichworten „klimarobustere Schwammstadt“ umgesetzt. „Das als Zukunftsmodell Vorbildcharakter über Gladbeck hinaus hat“, sagt Stadtbaurat Volker Kreuzer – und das auch in den Kommunalverwaltungen in der Region mit großem Interesse verfolgt werde. Konkret geht es um Starkregen und Hitzeperioden, die durch den Klimawandel auch in Gladbeck zunehmen, und um öffentliche Straßenbäume sowie einen Puffer zur Wasserhaushaltung.
Von Bäumen mit schmucken Kronen ist zurzeit auf der Baustelle an der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen-Horst noch wenig zu sehen. Stattdessen viel durch Regen aufgeweichter Matschboden und eine riesige Mulde, die von Baggern vom künftigen Kreisverkehr am Ende der Horster Straße in Richtung Hügelstraße gebuddelt wurde – und die zu großen Teilen schon wieder verfüllt ist. „Das muss man sich wie eine riesige Badewanne vorstellen“, erklärt Bauleiter Lars Neubauer vor Ort anschaulich. „Ein nach unten zulaufender Trog, mit einer Tiefe von 2,80 Metern, der rund 300 Meter lang ist.“
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Lösungen in der Klimakrise finden
Dieses Auffangbecken sei „das Ergebnis grundsätzlicher Überlegungen gewesen“, sagt Britta Pleiss, Abteilungsleiterin Straßenwesen bei der Stadt Gladbeck. Zunächst, „dass der überplante Straßenbereich mit Fahrbahnen, Gehwegen und Parkflächen eine große Fläche von 28 Metern Breite hat“. Zur Entwässerung wären viele Gullys nötig gewesen, „die in engen Abständen von etwa sechs Metern gesetzt werden müssten“. So dass die Idee entstanden sei, unter dem Stichwort Schwammstadt und Klimakrise andere Lösungen zu finden, „um dort möglichst viel Niederschlagswasser aufzunehmen und im Kreislauf zur Versorgung der Straßenbäume halten zu können“.
Die große zur Verfügung stehende Fläche habe die Planungsmöglichkeiten begünstigt, führt Christian Weiß, der hauptverantwortliche Straßenplaner weiter aus. So dass der die Fahrbahnen trennende begrünte Mittelstreifen jetzt als Rigole angelegt zum gigantischen Regenrückhaltebecken und zur natürlichen Klimaanlage werde. Quasi die Öko-Variante zu den konventionellen Betonbecken im Untergrund. Denn der ausgekofferte Riesentrog wird so im Straßenzentrum angelegt, „dass das Regenwasser von den versiegelten Oberflächen zur Mitte hin abfließt und in die Rigole versickern kann, die zum Wasserreservoir für die Straßenbäume wird“. Ein Pufferspeicher, um große Niederschlagsmengen bei Starkregen aufzunehmen und Überschwemmungen von der Straße bis in Privatgärten und Keller zu verhindern, und um Wasserreserven für Trockenperioden vorzuhalten, über die sich die Wurzeln der Straßenbäume versorgen können.
Der Regenpuffer ist raffiniert aufgebaut
Für den Wasserpuffer sorgt der raffinierte Aufbau der Rigole. Ganz unten wird grober Kies auf 30 Zentimetern Höhe eingebracht und in ein Filtervlies eingepackt, damit die Zwischenräume nicht von feinerem Material
Unterirdische Baumbewässerung
Die Straßenplaner der Stadtverwaltung haben beim Modellprojekt auch an die weiteren 140 Straßenbäume gedacht, die den Rest des Bauabschnitts der Horster- und die Wiesmannstraße zudem rechts und links als grünes, schattenspendendes Band beflanken werden.„Hier werden wir eine automatisierte unterirdische Anlage einbauen, die jede Baumwurzel über eine Tröpfchenbewässerung versorgt“, so Straßenplaner Christian Weiß. Letztlich ergebe sich so auch ein guter Vergleich, inwieweit das neue Rigolensystem oder die automatisierte Bewässerung funktionieren.
zugeschwemmt werden und so als Wasserreservoir erhalten bleiben. Darüber wird eine Feinfilterschicht aus Kiessand geschüttet und der Rest der Grube mit Substrat aufgefüllt, in dem sich die Baumwurzeln wohlfühlen, das Ganze dann von einer Rasenfläche abgeschlossen. Eine natürliche Tonschicht in der Tiefe unter der Mulde begünstigt, dass das Niederschlagswasser nicht so schnell versickert. „In dem Mulden-Rigolen-System können etwa 1000 Kubikmeter Wasser zwischengespeichert werden“, sagt Straßenplaner Weiß.
Um auch vor anhaltenden Regengüssen gewappnet zu sein, werden Notüberlaufe eingebaut, um bei voller Mulde Wasser ins Kanalnetz ableiten zu können. Das ganze System werde letztlich auch mit Sensorik versehen, „damit wir feststellen können, wie das Modell in der Praxis funktioniert, wie viel Wasser verdunstet, wie viel Wasser versickert und wie viel Wasser von den Bäumen aufgenommen wird“, so Christian Weiß. Bei Erfolg, ist die Ausweitung des Rigolen-Systems bei weiteren Straßenbauprojekten in Gladbeck wahrscheinlich.