Recklinghausen / Gladbeck. Das Projekt „Soziale Arbeitsmarkt“ hat auch Langzeitarbeitlosen aus Gladbeck wieder in den Job gebracht. Doch die Förderung ist nun gefährdet.

Der Kreis Recklinghausen – und somit auch Gladbeck – gehört in dem Bundesprogramm „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ zu den fünf erfolgreichsten Regionen in Deutschland. Doch für neue Stellen dürfte 2022 das Geld fehlen.

Auch die Kunden des Jobcenters profitieren von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt

Auch die Kunden des Jobcenters profitieren von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt, der im Kreis Recklinghausen mittlerweile wieder das Niveau aus der Zeit vor der Pandemie erreicht hat. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, die als erwerbsfähig gelten, wird vom Jobcenter aktuell mit 48.000 angegeben. Vor vier Jahren waren es noch 55.000. Der erfreuliche Rückgang geht auch auf das Konto des 2019 bundesweit eingeführten „Sozialen Arbeitsmarktes“. Neben Hamburg, Köln, Hannover und Essen gehört der Kreis Recklinghausen zu den fünf Regionen, die dieses Modell der öffentlich geförderten Beschäftigung am erfolgreichsten umgesetzt haben.

1040 Männer und Frauen haben auf diesem Weg im Vest einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz gefunden und damit auch die kommunalen Haushalte erheblich entlastet. Geplant war, den Sozialen Arbeitsmarkt im nächsten Jahr im Kreis RE weiter auszubauen. Doch Stand jetzt fehlen dafür die finanziellen Mittel, wie Jobcenter-Chef Dominik Schad am Montag in der Sitzung des Kreis-Sozialausschusses bedauernd feststellte. Dass weniger Menschen im Vest auf Hartz IV angewiesen sind – die Zahl der Bedarfsgemeinschaften (Familien) verringerte sich seit 2017 von 39.500 auf 34.400 -, führt dazu, dass der Bund den Rotstift ansetzt.

In 2022 sollen noch 64 Millionen Euro an das Jobcenter Kreis Recklinghausen überwiesen werden

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Für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sollen 2022 noch 64 Millionen Euro an das Jobcenter Kreis Recklinghausen überwiesen werden – fünf Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr. Und aus diesem Topf wird das Jobcenter weitere 2,9 Millionen Euro in den Verwaltungshaushalt umschichten müssen, um für die mehr als 1000 Beschäftigten die von den Sozialpartnern beschlossene Tarifsteigerung von 1,8 Prozent auffangen zu können. 36,5 Stellen sollen im Jobcenter kreisweit abgebaut werden.

Doch auch bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wird gespart. Das trifft vor allem den Sozialen Arbeitsmarkt. Die Bundesregierung hatte 2019 mit dem neu in das Sozialgesetzbuch II (SGB II) aufgenommenen Paragrafen 16i („Teilhabe am Arbeitsmarkt“) die Grundlage für die öffentlich geförderte Beschäftigung geschaffen, die von den Arbeitsmarkt-Akteuren in der Emscher-Lippe-Region bereits Jahre zuvor gefordert worden war, um der Langzeitarbeitslosigkeit in der vom Zechensterben gebeutelten Region Herr zu werden.

Die Stellen können bis zu fünf Jahre gefördert werden

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Das Angebot des „16i“ gilt für Jobcenter-Kunden, die mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben. Die überwiegend nach Tariflohn bezahlten Stellen, die von Wohlfahrtsverbänden, Kommunen und privaten Arbeitgebern angeboten werden, können bis zu fünf Jahre gefördert werden. Nachdem in diesem Jahr bereits 170 neue Arbeitsverträge im Sozialen Arbeitsmarkt unterschrieben werden konnten, wird das Neugeschäft im kommenden Jahr – bis auf einzelne Ausnahmen – wohl zum Erliegen kommen. Die zur Verfügung stehenden 14,2 Millionen Euro reichen nach Angaben von Dominik Schad gerade aus, um die laufenden Fälle zu finanzieren.

Über 100 Vermittlungen in Gladbeck

1040 Männer und Frauen sind im Kreis Recklinghausen seit 2019 vom Jobcenter in den Sozialen Arbeitsmarkt vermittelt worden, davon 115 in Gladbeck. 72 Prozent von ihnen werden nach Tariflohn bezahlt, 28 Prozent erhalten den Mindestlohn. 61 Prozent gehen einer Vollzeitbeschäftigung nach, 39 Prozent haben einen Teilzeitjob.

Mancher Beschäftigte auf dem Sozialen Arbeitsmarkt hat bereits während der fünfjährigen Förderphase den Sprung in eine reguläre Beschäftigung geschafft. Genaue Zahlen dazu konnte das Jobcenter nicht nennen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Männer und Frauen, die nicht durchgehalten haben. Die Abbrecherquote beziffert das Jobcenter auf zwölf Prozent.

„Da Langzeitarbeitslose die Verlierer der Corona-Pandemie sind, wäre aber gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, mehr zu machen“, gibt der Jobcenter-Chef zu bedenken. Allerdings ist noch offen, wie eine neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP sich bei diesem Thema positioniert. Größer ist wahrscheinlich die Chance, dass der Kreis Recklinghausen noch einmal in die Bresche springt, um die Erfolgsgeschichte des Sozialen Arbeitsmarktes fortzuschreiben. Bereits 2019 hatte der Kreistag das entsprechende Budget des Jobcenters um drei Millionen Euro aufgestockt. CDU und SPD sendeten am Montag im Sozialausschuss des Kreistages jedenfalls ein deutliches Signal, dass es am Geld nicht scheitern soll.

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