Gladbeck. Zu langes Warten auf die Booster-Impfung? Einige ältere Patienten in Gladbeck sind in Sorge. Ein Mediziner und die KVWL beurteilen die Lage so.

Die Coronazahlen steigen rasant, schneller als im Herbst 2020. Und auch in den Kliniken müssen wieder mehr Patienten behandelt werden, die schwer an Covid-19 erkrankt sind. Die vierte Welle ist da. Politik und Experten erklären, sie sei nur durch ein rasches Auffrischen der Impfung (Booster-Impfung) zu brechen. Ältere Patienten auch in Gladbeck reagieren besorgt – vor allem, wenn es ihnen nicht gelingt, in ihrer Hausarztpraxis zeitnah einen Termin für die dritte Corona-Impfung zu erhalten. So ist aktuell die Situation.

Der Impfschutz ist nicht nach sechs Monaten auf einmal komplett verschwunden

Gregor Nagel, Sprecher vom Ärztenetzwerk Gladbeck ist es wichtig, die Menschen zu beruhigen. „Es ist nicht so, dass der Impfschutz nach sechs Monaten und einem Tag von jetzt auf gleich komplett verschwunden ist. Der Abstand von sechs Monaten zu den ersten beiden Impfungen gegen Corona ist eher als Faustregel zu sehen“, betont er. Bei der WAZ-Redaktion Gladbeck haben sich aber dennoch in den vergangenen Tagen telefonisch einige Seniorinnen und Senioren gemeldet, denen die Wartezeit bei ihrem Hausarzt bis zu ihrer Booster-Impfung als zu lang erscheint. In einem Fall war sogar von einem Impftermin erst im Februar kommenden Jahres die Rede.

Eine Zeitspanne, die sich Gregor Nagel kaum vorstellen kann. „Da könnte es sich höchstens um eine sehr kleine Praxis handeln, in der es schon schwierig ist, die Abstandsregeln einzuhalten“, meint er. In seiner Praxis im Hausarztzentrum Butendorf werde praktisch täglich geimpft. Wer morgens anrufe, könne am Nachmittag zum Impfen vorbeikommen. Im Moment seien es ja die älteren Patienten, die die Booster-Impfung bekommen sollen. „Und die kommen in der Regel ja sowieso quartalsmäßig zum Hausarzt, dann kann das Impfen nach einem Aufklärungsgespräch gleich miterledigt werden. Das geht ja jetzt sogar zusammen mit der Grippeimpfung“, so der Mediziner.

Gladbecker Mediziner sieht die Hausarztpraxen nicht vor eine besonderes Herausforderung gestellt

Tatsächlich würden in letzter Zeit vermehrt Menschen nach der Auffrischung der Corona-Impfung fragen, seitdem das Thema so vehement diskutiert und jetzt auch die Booster-Impfung für alle von Noch-Gesundheitsminister Spahn gefordert werde.

Wo auch praxisfremde Patienten geimpft werden

Die Stiko empfiehlt die Booster-Impfung gegen Corona für Menschen ab 70. Grundsätzlich können sich aber alle Bürgerinnen und Bürger eine Auffrischungsimpfung geben lassen und haben Anspruch auf eine Übernahme der anfallenden Kosten, so das Bundesgesundheitsministerium

Die KVWL-Liste mit Praxen, in denen auch Nichtpatienten geimpft werden, findet man auch auf der Homepage vom Kreis Recklinghausen, www.kreis-re.de/corona, Stichwort Corona-Impfung. Einfach die eigene Postleitzahl eingeben und man erhält die in Frage kommenden Praxen in Gladbeck und Umgebung.

Laut Einschätzung von Gregor Nagel stelle das aber die Hausarztpraxen nicht vor größere Herausforderungen. „Die Aufbereitung des Biontech-Impfstoffes ist mittlerweile nicht mehr so aufwendig wie noch zu Anfang, und wir haben ja auch alle mittlerweile eine gewisse Routine entwickelt.“ Ein wenig höher sei der bürokratische Aufwand bei den Patientinnen und Patienten, die ihre ersten Impfungen in einem Impfzentrum erhalten haben. Auf die Unterlagen aus den Zentren haben die Ärzte keinen Zugriff, so dass der Aufklärungsbogen dann vor dem Boostern noch einmal ausgefüllt werden muss.

Im Moment empfiehlt die Ständige Impfkommission die Booster-Impfung für Menschen ab 70. Bei Jüngeren, so Gregor Nagel, sei das aktuell noch eine Einzelfallentscheidung, die der Arzt zu treffen habe. In Frage komme sie beispielsweise bei Menschen, die zuhause einen Angehörigen pflegen, nennt er ein Beispiel.

Von der Kassenärztlichen Vereinigung gibt es keine Vorgaben für die Booster-Impfung in den Praxen

Von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) gibt es keine Vorgaben, wie das Impfen in den Hausarztpraxen stattfinden soll. „Das kann jede Praxis so organisieren, wie es am besten in den Ablauf passt“, erklärt KVWL-Presssprecherin Vanessa Pudlo. Es gebe Hausärzte, die impfen immer nachmittags oder in bestimmten Impf-Sprechstunden. Einige würden auch den Samstag dafür nutzen. Zu beachten sei lediglich, dass zwischen der Bestellung des Impfstoffes und der Auslieferung immer zwei Wochen liegen.

Sollten Gladbeckerinnen und Gladbecker, die sechs Monate nach der Erstimpfung nun auch die Auffrischungsimpfung gegen Corona haben wollen, tatsächlich in ihrer Hausarztpraxis einmal nicht zurechtkommen, weist Gregor Nagel auf die Liste der Kassenärztlichen Vereinigung hin. Die enthält, aufgeteilt nach Städten, die Hausärztinnen und Hausärzte, die auch praxisfremde Patienten gegen Corona impfen (siehe Infokasten).