Gladbeck. Eine uneingeschränkte Empfehlung der Stiko für die Impfung Schwangerer gibt es noch nicht. Das raten Frauenärzte und Hebammen in Gladbeck.
Kleine Kinder und Schwangere – für beide Gruppen hat die Ständige Impfkommission noch keine Empfehlung zu einer Corona-Schutzimpfung herausgegeben. Während die Inzidenz bei jungen Menschen im Kreis Recklinghausen und auch in Gladbeck derzeit besonders hoch ist, wächst bei schwangeren Frauen die Verunsicherung. Erst recht, nachdem vor einigen Tagen in Dortmund eine junge, ungeimpfte Frau an einer Covid-Infektion gestorben war – das Baby konnte nur über einen Kaiserschnitt gerettet werden.
Der Chef der Dortmunder Frauenklinik richtete daraufhin einen Appell an alle Schwangeren, sich gegen das Virus impfen zu lassen. Frauenärztin Tatiana Riegel, die ihre Praxis an der Lambertistraße in Stadtmitte hat, sieht das ähnlich. Sie beobachtet bei ihren Patientinnen, die ein Kind erwarten, eine große Ablehnung gegenüber der Immunisierung. Geimpft hat Riegel bisher rund 500 Menschen – doch darunter keine schwangere Frau. „Trotz der Aufklärung möchten sich viele Schwangere nicht impfen lassen“, so Riegel. Zu groß sei die Sorge, dem Ungeborenen schaden zu können. Tatiana Riegel empfiehlt die Impfung aber durchaus. „Das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, ist bei Schwangeren größer, da das Immunsystem geschwächt ist“, sagt sie. Ohnehin gehe sie davon aus, dass die Stiko-Empfehlung bald komme. „In anderen Ländern werden Schwangere schon längst geimpft.“
Nicht alle Frauenärzte impfen
Der Anruf der WAZ bei einigen Frauenarzt-Praxen in Gladbeck zeigt, viele sind bereit, schwangere Frauen zu impfen, ihr Angebot aber findet nur wenig Nachfrage.
Hebamme Caroline Theisen hingegen beobachtet: „Zum Teil hatten Schwangere Schwierigkeiten, einen Frauenarzt zu finden, der sie impft. Einige Praxen sagten, dass sie Schwangere nicht impfen, andere aber machen es schon.“
Der Informationsbedarf bei schwangeren Frauen ist sehr hoch
Darauf weist auch Hebamme Caroline Theisen regelmäßig die Frauen hin, die sie betreut. Denn der Informationsbedarf ist unglaublich groß. „Ich spreche bei jedem Termin über die Impfung. Die Frauen sind verunsichert und fragen viel, etwa zu Nebenwirkungen und Gefahren.“ Nur ein Bruchteil derer, die Theisen und ihre sechs Kolleginnen der Hebammenpraxis Gladbeck betreuen, rund drei Schwangere, hätten sich für die Immunisierung während der Schwangerschaft entschieden.
Die Bereitschaft, sich nach der Geburt impfen zu lassen, sei hingegen deutlich größer. Am besten sei, schon geimpft zu sein, bevor man schwanger werde, so Theisen. Da bei vielen Schwangeren die Angst groß sei, mit einer Impfung etwas falsch machen zu können und so dem Baby zu schaden, verzichten sie auf die Impfung. Da die Sorge vor einer Ansteckung aber ebenso groß ist, isolieren sich viele. So würden häufig Familienangehörige nur mit dem Nachweis eines Negativ-Testes in die Wohnung gelassen. Auch die Hebammenpraxis hat schon Schwangere betreut, die mit Corona infiziert waren. „Eine von ihnen lag auf der Intensivstation. Jetzt geht es ihr wieder gut, sie hat Glück gehabt“, so Theisen. Dass in der Schwangerschaft die Gefahr einer schweren Infektion wohl erhöht ist, verunsichert nun viele Schwangere zusätzlich.
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Ohnehin: „Die psychische Belastung in der Schwangerschaft in Zeiten von Corona ist nicht ohne“, so die 30-Jährige, die selbst junge Mutter ist. Denn der Austausch mit anderen, die in der gleichen Situation sind, sei enorm wichtig. Die Hebammen seien in der Pandemie daher stärker gefordert als ohnehin schon. „Wir sind zeitweise der einzige soziale Kontakt.“
Auch, dass die Partner etwa nicht mit zu Untersuchungen beim Frauenarzt kommen dürfen, belaste viele. Theisen und ihre Kolleginnen stellen außerdem fest: „Die Zahl ambulanter Geburten ist enorm gestiegen. So viele wie in diesem Jahr habe ich noch nie erlebt.“ Die Frauen wollen nach der Geburt das Krankenhaus einfach schnell wieder verlassen.