Gladbeck. Werdende und junge Eltern stehen derzeit vor großen Herausforderungen. Darum entscheiden sich immer mehr aus Gladbeck für eine ambulante Geburt.
Die Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen stellt auch werdende sowie junge Eltern vor enorme Herausforderungen. Seit März registrieren Hebammen in Gladbeck einen eklatanten Anstieg von ambulanten Geburten. Grund sind unter anderem Besuchsbeschränkungen in den Kliniken und auch die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Vor allem Männer würden gerade weniger von den Schwangerschaften ihrer Frauen mitbekommen: „Männern wird das Erlebnis Schwangerschaft und Geburt genommen“, so Katharina Schulte-Batenbrock, Mitbegründerin der Hebammenpraxis Gladbeck.
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Sie dürfen etwa bei Ultraschällen nicht dabei sein und bauen so schon während der Schwangerschaft weniger Bindung zu dem Ungeborenen auf als normalerweise, stellen Schulte-Batenbrock und ihre Kollegin Leyla Gürses fest. Die in Corona-Zeiten stark gestiegene Zunahme an ambulanten Geburten hat auch mit den Besuchsregeln in den Geburtskliniken zu tun. „Besuch darf nach der Entbindung nicht kommen, das ist besonder schwierig für Familien, wenn das Neugeborene noch ein Geschwisterkind hat“, berichtet Gürses.
Babyboom in Zeiten von Corona
Auch die Hebammenpraxis stellt fest, dass die Schwangerschaften in Zeiten von Corona zunehmen. „Wir haben im Moment schon sehr viele Anfragen“, berichtet Katharina Schulte-Batenbrock. Aufgrund des Hebammen-Mangels kann die Hebammenpraxis nicht alle Familien aufnehmen.
Im Schnitt nimmt eine Hebamme pro Monat drei bis sieben Familien an. Das sechsköpfige Team bekommt im nächsten Jahr Unterstützung von einer weiteren Hebamme und zieht in das neue Ärztehaus in Butendorf mit größeren Praxisräumen ein.
Familien aus Gladbeck müssen auf Kliniken im Umkreis ausweichen
Seit die Geburtenstation im St. Barbara-Hospital geschlossen wurde, müssen Gladbecker Familien auf Krankenhäuser in den umliegenden Städten ausweichen. Im Marienhospital Gelsenkirchen und im Sankt Marien-Hospital Buer dürfen Väter, oder eine andere Begleitperson, derzeit bei der Geburt dabei sein, auch im Marienhospital Bottrop darf eine Begleitung kurz vor der Entbindung dazustoßen, Besuche nach der Geburt sind dort nicht erlaubt. In den beiden Gelsenkirchener Krankenhäusern darf der Vater täglich für eine Stunde zu Besuch kommen. Besuch von anderen Angehörigen ist nicht erlaubt, heißt es auf Anfrage. „Einige werdende Eltern rufen täglich in den Kliniken an, um zu erfragen, wie die aktuellen Regelungen sind. Leider wählen einige dann auch Krankenhäuser aus, in die sie unter normalen Umständen nicht gegangen wären“, berichtet Schulte-Batenbrock.
Für Hebammen bedeutet eine ambulante Geburt, bei der die Mütter wenige Stunden nach der Geburt die Klinik verlassen und wieder nach Hause gehen, einen gestiegenen Arbeitsaufwand. „Wir sind zwei Mal am Tag bei den Familien, achten darauf, dass es mit dem Stillen klappt, das Baby etwa nicht an Gewicht verliert, und wir behalten auch die Mutter im Blick“, erklärt Schulte-Batenbrock. Die Hebammen übernehmen alle Untersuchungen, die anstehen. „Das Private muss im Moment ein bisschen zurückstecken.“
Aber nicht nur die Geburt, auch die Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt hat sich in Zeiten von Corona für die werdenden bzw. frischen Eltern verändert. Geburtsvorbereitungs- und auch Rückbildungskurse finden nur online statt. „Im Sommer konnten wir noch auf unseren Praxis-Garten ausweichen, das ist jetzt nicht mehr möglich“, sagt Gürses. Die Reaktionen der Paare sind ganz unterschiedlich, einige wollen Kurse unter diesen Voraussetzungen absagen, die meisten aber sind froh um jede Unterstützung. Dankbar sind die Frauen vor allem, dass die Hebammen für Untersuchungen nach der Geburt nach wie vor in die Familien gehen. „Wir hören manchmal, dass einige ihre Hebamme nur über die Videotelefonie kennen.“
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Hausbesuche finden nur noch mit FFP2-Maske statt
Bei Hausbesuchen oder Besuchen von Frauen in der Praxis – die derzeit nur allein kommen dürfen – werde auf Abstand und vorheriges gutes Lüften geachtet. „Wir arbeiten immer mit FFP2-Maske , wir haben auch eine Verantwortung der Babys gegenüber“, so Schulte-Batenbrock. Dass durch die ganzen Einschränkungen das Vertrauensverhältnis leide, oder die Frauen unvorbereiteter in die Geburt gehen, sehen die Hebammen nicht. „Wegen des großen Hebammen-Mangels habe ich schon immer zugesehen, dass ich die Männer fit für die Geburt bekomme“, sagt die Hebamme.
Jungen Müttern und Vätern fehlt in Zeiten von Corona vor allem auch der Austausch mit anderen Eltern. „Babyschwimmen, Massage, Elterncafés – im Moment fällt alles aus, das ist sehr hart“, sagt Gürses. Die jungen Familien verbringen den Tag zu Hause, es gebe nichts, das ablenkt. „Sie wollen auch mal hören, wie es bei den anderen läuft, manche fühlen sich schon recht einsam.“