Gladbeck. Tierarztpraxen arbeiten vielerorts an der Belastungsgrenze. Für diese Situation gibt es mehrere Gründe. So sieht die Lage in Gladbeck aus.
Es ist ziemlich viel los in der tierärztlichen Praxis von Dr. Christian Wüst in Rentfort. Aber das sei mittlerweile normal, sagt dieser „und heute geht es eigentlich noch.“ Denn Tierärzte haben in Gladbeck derzeit alle Hände voll zu tun, dafür gibt es mehrere Gründe.
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Wüst beobachtet eine kontinuierliche Zunahme seiner tierischen Patienten, der ein ebenso kontinuierlich wachsender Mangel an Fachkräften gegenübersteht. „Viele Tierarztpraxen arbeiten am Limit“, konstatiert der Mediziner. Die Gründe dafür sind schnell aufgezählt: „Viele Tierkliniken, die sich nur so nennen dürfen, wenn sie einen 24-Stunden-Dienst anbieten, können diesen Service nicht mehr leisten.“ Und so suchten Tierhalter eher die Veterinärpraxen auf, wenn ihr Haustier Krankheitssymptome zeige.
Tierärztin Susan Busch aus Gladbeck betreibt viel Aufklärungsarbeit
Immer wieder heißt es, Tierheime könnten sich vor potenziellen Hundebesitzern kaum retten. Die Isolation während der Corona-Pandemie hat vielfach Vereinsamungstendenzen hervorgerufen, und nicht selten kaufen Eltern für ihre Kinder, beiderseits gestresst durch Homeschooling, zur Ablenkung ein Haustier.
Auch Tierärztin Susan Busch aus Gladbeck-Mitte berichtet ähnliches aus ihrer Praxis. Es gebe einen regelrechten „Boom“. Wie viele ihrer Kollegen auch, verarztet sie nur noch nach Termin: „Damit versuche ich, lange Wartezeiten zu vermeiden.“ Im Grunde genommen sieht Busch die steigende Tendenz bei den Tierhaltern positiv, wenn sich denn auch ausreichend gekümmert werde. Deshalb betreibe sie viel Aufklärungsarbeit, wenn der Zustand des Tieres etwa zu wünschen übrig lasse: „Dann muss manchmal der Wink mit dem Zaunpfahl sein.“
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Ziemlich hart ins Gericht geht Christian Wüst mit vielen seiner Mitmenschen. Gerne würden inzwischen bei Katzen und Hunden „modische Rassen“ bevorzugt – und dafür werde viel zu viel Geld bezahlt. „Bis zu 4000 Euro sind keine Seltenheit.“ Das Tier gelte leider häufig als Statussymbol. „Auf jeden Fall muss es zum Lifestyle seines Besitzers passen“, konstatiert der Veterinär bitter.
Das Angebot im Überblick
In Gladbeck gibt es sechs niedergelassene Tierärzte in den Stadtteilen Butendorf, Mitte und Rentfort Dazu kommen einen Tierheilpraktiker und eine Physiotherapie für Hunde.
In Recklinghausen, Gelsenkirchen sowie in Duisburg und Essen sind noch Tierkliniken aktiv, die einen 24- Stunden-Notdienst anbieten. Allerdings kann es wegen Überbelastung zu kurzfristigen Aufnahmestopps kommen. Aufgrund von Covid 19 gibt es keine offene Sprechstunde mehr.
Es werden abenteuerliche Kreuzungen verschiedener Hunderassen vorgenommen, um einen neuen Typ zu kreieren. „Aber immer sind Pudel mit im Spiel“, sagt Jennifer Löbert, tiermedizinische Fachangestellte bei Christian Wüst, „weil sie weniger haaren als andere Rassen; so bleiben das Auto und der teure Teppich sauber“, fügt sie nicht ohne Sarkasmus hinzu. Beide kritisieren eine „Amazon- und Ebay-Mentalität“, die sich während der Pandemie herausgeschält habe. Tiere würden oft nicht als lebendige Wesen betrachtet sondern eher als Objekte, die man im Internet bestellt und am nächsten Tag geliefert bekommt.
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Der Internethandel mit Tieren führt oft zu dubiosen Praktiken, aber Tierärztin Ulrike Mack prangert mit den sogenannten Kofferraumverkäufen ein weiteres Übel an: „Es muss unbedingt ein Hund her, und dann gerät man an Händler, die sich darauf spezialisiert haben. Die Tiere sind angeblich geimpft und stammen häufig aus Rumänien oder Bulgarien.“ Sie würden der Mutter viel zu früh weggenommen: „Die Hündinnen, mit denen diese Händler arbeiten, sind reine Gebärmaschinen.“
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Bei derlei Geschäften müsse seitens der Aufsichtsbehörden viel intensiver draufgeschaut werden, fordert Ulrike Mack. Die starke Belastung der Tierärzte, verknüpft mit dem Mangel an Fachpersonal und der hohen Erwartungshaltung der Kunden, bringe viele Tierarztpraxen an ihre Grenze. Christian Wüst appelliert an Hundehalter: „Kümmert Euch um Eure Tiere, macht rechtzeitig Termine beim Veterinär und lernt zu unterscheiden, wann es sich um einen Notfall handelt und wann nicht.“