Gladbeck. An Gladbecker Schulen will die Stadt das Landesprojekt Extra-Zeit ermöglichen. Coronabedingte Defizite sollen durch Förderung angegangen werden.

Distanz- und Präsenzunterricht, mehr oder weniger gute Unterstützungsmöglichkeit Zuhause und jetzt der nahende Wechsel von der Grund- zur weiterführenden Schule: Viele Eltern von Viertklässlern sind besorgt, ob ihrem Kind genügend Lernstoff vermittelt werden konnte, um die Anforderungen der fünften Klasse zu bewältigen. Das aktuell vom Land aufgelegte Förderprogramm „Extra-Zeit zum Lernen“ soll Abhilfe schaffen und Coronafolgen abmildern. Gladbecker Schulen sind jetzt aufgerufen, ihren Bedarf anzumelden.

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„Ja, es gibt viele Fragen von Eltern, wie der Übergang gelingen kann, obwohl das Wissen und die Fähigkeiten, mit welchen die Kinder an den weiterführenden Schulen starten werden, aufgrund des langen Home-Schoolings von Kind zu Kind und Schule zu Schule deutlich unterschiedlicher sein werden als in den Vorjahren“, bestätigt Regine Hahmeier, Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft. Da die Herausforderungen nur gemeinsam bewältigt werden könnten, würde sie es begrüßen, „wenn der Dialog zwischen Lehrern, Schülern und Eltern - sowohl vorbereitend auf den Wechsel als auch nach dem Wechsel an den ,neuen’ Schulen - dieses Jahr besonders im Fokus steht“.

Vorbereitungsprogramm für neue i-Dötze an der Lambertischule

Nadine Müller koordiniert als Projektleiterin das neue Förderprogramm Extra-Zeit an den Gladbecker Schulen.
Nadine Müller koordiniert als Projektleiterin das neue Förderprogramm Extra-Zeit an den Gladbecker Schulen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Die Lambertischule in der Stadtmitte wird sich zum Beispiel an Extra-Zeit beteiligen „und auf die Eltern zugehen, deren Kinder Förderbedarf haben“, so Direktorin Cäcilia Nagel. Man wolle gerne zweigleisig fahren und Förderstunden am Nachmittag in der Schulwochen anbieten und zudem ein Ferienprogramm nicht nur für OGS-Kinder anbieten. Die neuen i-Dötze sollen zu einem Vorbereitungsprogramm für einen besseren Schulstart eingeladen werden. Kleine Krux dabei: Extra-Zeit-Projekte für Lernanfänger können erst ab dem 1. August in den Sommerferien starten, dem offiziellen Schuljahrsbeginn. „Da dieser Fördertopf ja nur für Schulkinder gilt“, so die Rektorin.

Frühzeitig mit Lehrern sprechen

Die Vorsitzende des Stadtschulpflegschaft hat noch einen Hinweis: Viele Eltern von 3.-Klässlern machten sich Sorgen, wie die Leistungen Ihrer Kinder bewertet werden - „mit Blick auf die Empfehlung für die weiterführenden Schulen“. Ihre Anregung: „Frühzeitig mit dem Klassenlehrer sprechen.“

Die Lehrer könnten gute Tipps zur Förderung der Kinder geben und erläutern, auf welcher Grundlage sie die Bewertung in diesem besonderen Jahr durchführen werden“, so Regina Hahmeier. Sie begrüßt das neue Förderprogramm, „weil die Grundlagen bei den Kindern eines Jahrgangs immens unterschiedlich sind“.

„Mit Extra-Zeit haben wir endlich ein Programm, mit dem wir fest und langfristiger bis zum Sommer 2022 die Unterstützungsmaßnahmen für die Schülerinnen und Schüler planen können“, lobt Projektkoordinatorin Nadine Müller. Abgesehen vom Gesundheitssektor sei kaum ein System coronabedingt so schwer beansprucht worden wie der Bereich Schule, was sowohl für Kinder, Eltern und Schulbeschäftigte gelte, so die Sachgebietsleiterin kommunale Bildungslandschaften im Rathaus. Die Stadts sehe die durch Extra-Zeit mögliche Einbindung von externen Experten und Kooperationspartnern (z.B. Nachhilfeinstitute) so auch als riesige Chance, um nachhaltige pädagogische Konzepte umzusetzen, die die Schülerinnen und Schüler bis zur Jahrgangsstufe 13 unterstützen und fördern. Diesbezüglich attraktive Projekte begünstigten die Fördersummen, die für Extra-Zeit (Gesamtbudget 36 Millionen Euro) beantragt werden könnten, so sei etwa für sechs Stunden einer 8-15-köpfigen Schülergruppe ein Budget von 500 Euro möglich.

Die Stadt Gladbeck muss sich mit 20 Prozent an den Kosten beteiligen

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Das Geld aus Landesmitteln fließe aber nur, „wenn die Stadt sich mit 20 Prozent an den Kosten beteiligt“, erklärt der Leiter der Schulabteilung, Stefan Sabbadin. Obgleich die grundsätzliche Schulbildung Aufgabe des Landes sei, wolle die Stadt trotz schwieriger Haushaltslage alles tun, was möglich ist. Eine maximal machbare Fördersumme habe die Stadt bislang nicht angesetzt. „Wir haben noch keinen Deckel gezogen und warten jetzt die Bedarfsmeldungen der Schulen ab, um dann zu sehen, ob wir finanziell alles gewuppt kriegen“, so Sabbadin. Klare Intention sei aber, „nach Möglichkeit alles umzusetzen, was die Schulen möchten“. Alle Schulen, die sich an Extra-Zeit beteiligen wollen, sind kommenden Freitag zur Konferenz geladen. Dort wollen sich auch mögliche Projektpartner vorstellen.

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Für Lothar Jacksteit, Vorsitzender des Stadtverbands Gelsenkirchen-Gladbeck der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, ist das Landesprogramm „zwar ein richtiger Schritt, letztlich aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein“. Denn ein Jahr Laufzeit reiche nicht aus, um die Coronafolgen und den Rückstand aufzuarbeiten. Die Extra-Zeit-Förderung von einer finanziellen Beteiligung der Städte abhängig zu machen, sei zudem ein Unding. Denn die schulische Bildungsvermittlung sei Aufgabe von Land und Staat und dürfe nicht auf die Kommunen abgewälzt werden, „gerade in Regionen wie dem Ruhrgebiet, mit finanzschwachen Städten und Schülerklientel mit hohem Unterstützungsbedarf“. Der coronabedingte Wechselunterricht an den Grundschulen habe gezeigt, „dass kleinere Lerngruppen von Vorteil sind“, sagt Jacksteit. Hier gelte es sofort anzusetzen und die Schullandschaft mit einem mehrere Milliarden schweren Bildungspaket von Bund und Land neu auszurichten, „um die Anforderungen der Zukunft bewältigen zu können“.