Gladbeck. Die neuen Corona-Tests bedeuten einen erheblichen Aufwand für die Grundschulen. Eltern beschweren sich über nicht eindeutige Informationen.
Die neuen Lolli-Tests wurden vom Schulministerium als weniger belastende Testmethode für Grund- und Förderschulkinder propagiert. Der Rückblick auf die erste Testwoche in Gladbeck zeigt jetzt aber, dass die “Lutschtests“ für Schulleitung und Co. hingegen einen größeren Aufwand als die Schnelltests via Nase bedeuten. Und Im Falle eines positiven Pool-Testergebnisses wird das Prozedere zur enormen Zusatzbelastung. Auch zusätzlicher Einsatz der Eltern ist dann gefordert, die mit der vorgeschriebenen Einzelregistrierung ihres Kindes teils überfordert sind. Zudem führen offenbar nicht allgemeingültige Regelungen, wer wann den Präsenzunterricht weiter besuchen darf, zu Diskussionen mit der Schulleitung.
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Zunächst das erfreuliche Ergebnis: In der ersten Lolli-Test-Woche aller Gladbecker Grundschulen sind offensichtlich nur zwei Klassengruppen positiv getestet worden. Ärgerlich für die Schulleitungen ist, dass sie die Testergebnisse erst am Abend bis 22 Uhr oder sogar am Folgemorgen bis 6 Uhr erfahren. Sie habe so „das Gefühl in einer 24-Stunden-Dauerbereitschaft zu sein und gar nicht mehr vom Beruf abschalten zu können“, sagt die Schulleiterin der Josefschule, Regina Wiwianka. Da gelte aber auch für Eltern, meint Klassenpflegschaftsvorsitzende Sina Mind, deren Kind die Lambertischule besucht. „Man schaut bis in die Nacht ständig aufs Handy und ist auch am frühen Morgen schon unruhig, ob eine Nachricht reinkommt, dass das Kind jetzt den Lolli-Einzeltest machen muss.“ Die Rektorin der Lambertischule, Cäcilia Nagel, spricht von „Dauerstress“, dem sie sich so ausgesetzt fühlt.
Die Eltern müssen ihr Kind für den Kontrolltest selbst beim Labor registrieren
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Die Schulleiterin weiß, wovon sie spricht, denn wie in Alt-Rentfort war auch an ihrer Schule in der Stadtmitte eine Poolgruppe positiv. Das Ergebnis habe sie „erst nach 21 Uhr erhalten“, um dann die Klassenlehrerin der betroffenen Lerngruppe anzurufen, die dann sicherstellen musste, dass alle Eltern informiert werden, so Nagel. Erst kurz vor Mitternacht habe sie die Rückmeldung bekommen, dass die Eltern jetzt wohl informiert seien. Denn deren Aufgabe im Lolli-Test-Verfahren ist es, nach positivem Pool-Test und Coronaverdachtsfall nun ihr Kind einen individuellen Abstrich machen zu lassen, der bis 8.30 Uhr am Folgetag an der Schule abzugeben ist. Die Schulen haben für diesen möglichen PCR-Kontrolltest allen Kindern ein Testkit und eine Anleitung mitgegeben. „Wir Eltern müssen demnach unser Kind und damit die Probe auch namentlich selbst auf der Homepage des Testlabors online registrieren, was umständlich ist, die technischen Gegebenheiten wie Smartphone oder Computer voraussetzt und Eltern überfordern kann“, kritisiert Sina Mind.
Frühstück erst nach dem Test
Vorteil des Lolli-Tests ist, dass die Speichelproben nach dem genaueren PCR-Testverfahren im Fachlabor ausgewertet werden und so Virusinfektionen besser erkannt werden können als beim Antigen-Schnelltest mit direkter Auswertung auf einem ungenaueren Kontrollstreifen vor Ort.
Die Kinder sollen allerdings eine gewisse Zeit vor ihrem Lolli-Mundabstrich nichts gegessen oder getrunken haben. Die Angaben auf Beipackzetteln variieren, Zeiten von 60 Minuten bis zwei Stunden werden genannt.
Auch das Bundesgesundheitsministerium empfiehlt in der „Anleitung zum Corona-Selbsttest bei Kindern“, den Lolli-Test am Morgen, gleich nach dem Aufstehen, noch vor Zähneputzen und Frühstück durchzuführen. Beim Pooltest in der Schule hieße das, ohne Frühstück das Elternhaus verlassen zu müssen.
Rektorin Cäcilia Nagel berichtet so auch von einigen Eltern, die am Folgemorgen Hilfe benötigt hätten. „Ein Kollege hat sich schließlich mit einem Tablet hingestellt, und den Eltern geholfen, ihr Kind zu registrieren.“ Ihre Information an die Eltern zum weiteren Prozedere, dass jetzt die gesamte betroffene Lerngruppe für 14 Tage in Quarantäne muss, hätte dann zu Protesten und Diskussionen geführt. „Eltern haben auf die Homepage des Schulministeriums und die dortige Information verwiesen, dass alle Kinder mit negativem PCR-Einzeltest sofort in den Präsenzunterricht zurückkehren können.“ Sie habe aber selbst erfahren müssen, und wolle sich das vom Schulministerium noch bestätigen lassen, „dass offenbar das Gesundheitsamt des Kreises Recklinghausen das letzte Wort hat“.
Der Kreis folgt nicht den Quarantäne-Regeln des Schulministeriums
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Das bestätigt Svenja Küchmeister vom Presseamt des Kreises auf Anfrage: „Das Gesundheitsamt klärt mit der Schulleitung, wie die Situation in der betroffenen Klasse war.“ Wenn sichergestellt werden könne, dass alle Kinder sich nur auf ihrem fest zugeordneten Platz aufgehalten haben, dabei ausreichender Sicherheitsabstand von mindestens 1,50 Metern eingehalten, eine Schutzmaske getragen und der Klassenraum regelmäßig gelüftet wurde - „dann werden nur das infizierte Kind und seine unmittelbaren Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt“. Sei die Klassensituation aber diffus gewesen, „dann muss die gesamte Lerngruppe in Quarantäne“. Das Gesundheitsamt im Kreishaus erhalte vom Labor die Namen der positiv getesteten Kinder, „aktuell liegen der Behörde die Ergebnisse der PCR-Einzeltests aber noch nicht vor“, so Svenja Küchmeister am Montagvormittag.