Gladbeck. Ein Schutzzaun soll in Gladbeck an der Berliner Straße Krötenleben retten. Aus der Hilfsaktion für Amphibien könnte ein Quartiersprojekt werden.

Wenn kleine Kröten wandern, dann kommen sie häufig unter die Räder. Deshalb organisieren der Zentrale BetriebshofGladbeck (ZBG) und die städtische Umweltabteilung einen Begleitschutz – zu sehen ab sofort an der Berliner Straße.

„Wir haben den Anruf einer Bürgerin bekommen, dass wieder Kröten unterwegs sind“, berichtet Ralf Sonnenberg. Eigentlich ein bisschen früh in diesem Jahr, findet der Grün-Experte beim ZBG. Doch sein Kollege, Gärtner Michael Müller, weiß: „Ab sieben Grad Celsius werden Kröten munter.“ Und Sonnenberg setzt noch einen drauf: „Zehn bis zwölf Grad, dann sind sie richtig aktiv und kommen von Null auf 100.“

Gladbeck: Menschliches Taxi bringt Kröten heil zum Quälingsteich

Frühlingsgefühle packen dann die aufgeweckten Amphibien, die in der Dämmerung besonders munter werden. Hier, an der Berliner Straße in der Nähe der Feuerwache, haben sie ideale Bedingungen: dichtes Gehölz als Schutz, der Quälingsbach und eben den Quälingsteich. „Ein richtiges kleines Biotop“, sagt Sonnenberg. Stadtsprecher David Hennig weist darauf hin: „Es grenzt an ein Landschaftsschutzgebiet.“ Die Welt könnte – mit Frosch- und Krötenaugen gesehen – verlockend blätterbraun und tümpelmodrig sein. Wenn da der graue Asphalt nicht wäre, der das tierische Paradies zerschneidet.

Ehrenamtliche Unterstützung

Wer den städtischen Kröten-Schützern ehrenamtlich unter die Arme greifen möchte, kann sich in der Umweltabteilung melden. Ansprechpartnerinnen sind Carolin Reich, zuständig für das Projekt Innovation City-Stadtmitte sowie Umwelt- und Artenschutz, unter der Telefonnummer 02043/992503 oder Sophia Sprang, deren Aufgabengebiet Innovation City-Rentfort Nord ist, unter 02043/992351.

Zweimal am Tag – am besten morgens und abends – sind die Eimer zu kontrollieren. „Die Kröten müssen von A nach B getragen werden“, so Jürgen Harks, Leiter der Abteilung Umwelt des Amtes für Planen, Bauen, Umwelt in der Stadtverwaltung Gladbeck.

Michael Müller hat beobachtet, dass etliche Kröten nicht heil über die Fahrbahn kommen. Das meldete auch die besagte Gladbeckerin. ZBG und Stadtverwaltung reagierten prompt. Ein niedriger Zaun, etwa wadenhoch, hüben und drüben der Wanderroute soll Tierleben retten. Ein unüberwindlicher Riesenschritt für Kröten, ein Hopser für Menschen. Etwa 30 Meter in der Länge misst die Kunststoffhürde auf jeder Seite, in den Boden eingelassen sind sechs Eimer, in die die verliebten Amphibien nach einem gut Zehn-Meter-Anstieg vom Bach aus purzeln. Jürgen Harks, Kopf der städtischen Umweltabteilung, steckt noch flugs schräg einen Zweig in eines der Behältnisse. Eine Mini-Leiter für Mäuse, die sich auch schon mal in die Kübel verirren. So haben sie einen Weg hinaus, Kröten müssen indes auf ihre menschlichen Taxis warten.

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Sonnenberg: „Aus ihren Tälchen wollen die Kröten zum Quälingsteich, um dort zu laichen.“ Für vier, fünf Wochen bildet der Zaun eine Barriere. Der Mensch, dessen Beschützerinstinkte geweckt sind, transportiert die gefährdeten Tierchen zwischen ihren Refugium am Bach und Teich hin und her. Den Shuttle-Dienst übernehmen derzeit Michael Müller und Lena Husmann, die ein freiwilliges soziales Jahr beim ZBG absolviert. „Man kann die Kröten mit bloßer Hand anfassen. Sie sind überhaupt nicht glitschig, wie oft behauptet wird, sondern im Gegenteil ganz trocken und warm.“

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Mitteleuropäische Erdkröten wandern im Frühjahr zu Laichgewässern. Der Quälingsteich in Gladbeck ist solch ein Ziel für Amphibien.
Mitteleuropäische Erdkröten wandern im Frühjahr zu Laichgewässern. Der Quälingsteich in Gladbeck ist solch ein Ziel für Amphibien. © WAZ FotoPool | VON STAEGMANN, Lutz

Schon im vergangenen Jahr hat Müller versucht, dem krötigen Liebesglück sicher auf die Sprünge zu helfen. Der Gärtner erzählt: „An manchen Tagen waren keine Tiere im Eimer, an anderen viele.“ Schätzungsweise 100 Amphibien habe er zum Teich und retour gebracht. Hauptsächlich – zu 90 Prozent – seien Erdkröten seine Reisegäste gewesen, aber auch Laubfrösche und Molche.

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Das „Zaun-Projekt“ ist einzigartig in Gladbeck. Zwar gehen auch an anderen Stellen im Stadtgebiet die Tiere auf Wanderschaft, sind dort aber weniger in Lebensgefahr. Man denke beispielsweise an das Gebiet in Wittringen rund um den Ehrenmalsteich und Umgebung. Sonnenberg: „Sie werden dort höchstens mal von einem Fahrradfahrer erwischt.“

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Für den Schutz an der Berliner Straße konnte Harks sogar ein paar Kröten locker machen, nämlich aus dem Topf für Innovation City. Rund 1000 Euro sind’s gewesen. Vielleicht nicht die Welt, aber Harks blickt schon weiter. Der Zaun könnte der Start für ein „kleines Quartiersprojekt“ sein. Umwelt- und Tierschutz plus ehrenamtliches Engagement Hand in Hand: „Das stärkt auch den Zusammenhalt unter den Bewohnern.“ Und vielleicht haben ja junge Leute der benachbarten Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule und Kindergarten-Steppkes Lust, als Kröten-Träger Natur live zu erleben...

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