Gladbeck. Der Weg zum Impfzentrum nach Recklinghausen ist weit, für viele zu weit. Schwierigkeiten gab es auch am Montag bei der Terminvergabe.
Rudolf Hess ist einer von vielen, der am Montag zum Start der Terminvergabe für die Impfzentren einfach kein Glück hatte: Dauerbesetzt. Extrem hohe Zugriffszahlen auf die Webseite und viele Anrufe meldete die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL), die für die Koordination der Terminvergabe zuständig ist. "Ich habe mich damit begnügt, noch ein bisschen zu warten", so der 100-jährige Gladbecker. Er und seine Freundin wollen immer wieder versuchen, bei der Hotline endlich durchzukommen. Sorge macht ihm ohnehin die Anfahrt zum Impfzentrum in Recklinghausen.
Das für Gladbeck zuständige Impfzentrum ist für viele ältere Menschen nämlich zu weit entfernt. "Ich könnte selber fahren", so Hess, der normalerweise noch selbst mit dem Auto unterwegs ist. Nach einer Impfung hält er das Risiko, sich ans Steuer zu setzen, aber für zu hoch. "Dann bezahle ich lieber ein Taxi", so der 100-Jährige. Etwa 56 Euro, so hat er gehört, kosten Hin- und Rückfahrt zum Konrad-Adenauer-Platz in Recklinghausen, auf dem das Impfzentrum errichtet ist. Rudolf Hess hofft, dass er bald geimpft werden kann. "Im Alter von 100 Jahren wartet man schon darauf", sagt er.
4800 Menschen in Gladbeck über 80 leben in ihrer eigenen Wohnung
Rund 4800 Menschen über 80 Jahre leben laut Stadtverwaltung in ihrer eigenen Wohnung, waren also nicht bei der ersten Runde dabei, als in den Seniorenheimen geimpft wurde. In einem Brief an NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) haben Bürgermeisterin Bettina Weist (SPD) und Michael Dahmen (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Senioren, Soziales und Gesundheit, jetzt auf deren Situation aufmerksam gemacht.
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Sie bitten Laumann, möglichst kurzfristig mit der Stadtverwaltung "eine praktikable Lösung zu finden. Denn unser aller Ziel muss es sein, möglichst viele Menschen aus der Gruppe der Über-80-Jährigen impfen zu können, ohne ihnen fast unüberwindbare Hürden aufzubürden."
Eine Antwort von Laumann ist noch nicht gekommen
Weist und Dahmen plädieren dafür, bei diesen Menschen in Gladbeck dezentrale Lösungen zu ermöglichen. Denkbar seien mobile Teams, die zu den Senioren nach Hause kommen, oder eben das Impfen durch Hausärzte. Eine Antwort auf das Schreiben sei noch nicht gekommen, so Stadtsprecher David Hennig am Montag.
Eine weitere denkbare Idee: "Der Vorstand der Caritas hat berichtet, dass die Ruhrgebietskonferenz Pflege Ihnen den Vorschlag gemacht hat, die stationären Einrichtungen als kleine, lokale „Impfzentren" zu nutzen, in denen die Menschen bereits geimpft sind. Für die Stadt Gladbeck ließen sich dadurch fast alle Senioren in einem Radius von einem Kilometer um diese Einrichtungen erreichen", schreiben Weist und Dahmen an Laumann.
Stadt möchte gemeinsam mit weiteren Akteuren einen Fahrdienst anbieten
Die Stadt Gladbeck möchte zudem einen Fahrdienst für Senioren nach Recklinghausen anbieten. Dort sollen die Impfungen am kommenden Montag starten. Die Stadtverwaltung hat gemeinsam mit weiteren Akteuren (u.a. DRK, Seniorenbeirat und Behindertenbeirat) ein „Team Gladbeck" gebildet, um eine Transportmöglichkeit anzubieten. Mit der Impfbenachrichtigung haben Über-80-Jährige die Info über das geplante Angebot des "Team Gladbeck" bekommen. Einige Details aber sind bisher noch ungeklärt. "Wir haben hohe Hygieneauflagen zu erfüllen, müssen etwa verhindern, dass sich Senioren während der Fahrt infizieren können", so David Hennig.
Senioren, die die Hilfe in Anspruch nehmen wollen, können sich unter der im Schreiben angegeben Nummer melden, und werden dann zurückgerufen. "Das Team Gladbeck kümmert sich dann auch um die Terminvergabe im Impfzentrum", so der Stadtsprecher. Die Stadt weist noch einmal explizit darauf hin, dass das Angebot nur für diejenigen gilt, die weder Angehörige in der Nähe wohnen haben, noch etwa Nachbarn um Hilfe bitten können. "Wie viele das Angebot in Anspruch nehmen, können wir noch nicht abschätzen", so Hennig weiter.
Auch SPD-Landtagsabgeordneter Michael Hübner findet die Idee eines Fahrdienstes gut, betont aber: "Dies ist keine leichte Aufgabe, denn das sind genau die Menschen, die im Falle einer Covid-19- Infektion das höchste Sterberisiko tragen. Die Transporte müssen daher den höchsten hygienischen Ansprüchen genügen." Aus seiner Sicht komme nur ein Taxiservice in Frage. Außerdem ist er der Meinung, "dass die Fahrtkosten von der öffentlichen Hand oder den Krankenkassen übernommen werden sollten."
>>> Kreis kann keine Termine vermitteln
In der Kreisverwaltung haben Montag viele Menschen angerufen, um Termine für die Impfung gegen das Corona-Virus zu vereinbaren oder sich zu beschweren, dass die Nummer für die Terminvergabe nicht erreichbar ist. Die Kreisverwaltung weist daher darauf hin, dass sie keinen Einfluss auf die Terminvergabe hat.
Diese liegt in der Hand der KVWL und ist ausschließlich über die Telefonnummer 0800/11611702 sowie über das Online-Portal www.116117.de möglich. Die Kreisverwaltung und auch das Corona-Infotelefon des Kreises Recklinghausen können dazu keine Auskünfte geben und auch keine Termine vermitteln.