Gladbeck. In Gladbeck gibt es mehrere Selbsthilfegruppen für psychisch Kranke. Gruppenleiter erklären, warum Corona für Betroffene besonders schlimm ist.
Immer wieder werden die Folgen des coronabedingten Lockdowns besprochen und abgewogen. Für die Wirtschaft, für die Schulbildung und mittlerweile auch für Kulturschaffende. Eine Gruppe ist schon vor Pandemiebeginn häufig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit geraten, die der psychisch Erkrankten. Doch diese Gruppe wird größer, genau wie der Druck, der aufgrund der Kontaktbeschränkungen und Schließungen auf den Betroffenen lastet.
Durch Corona fühlen sich viele Betroffene schlechter
Andrea Laarmann leitet die Selbsthilfegruppen „Für Angst- und/oder depressionserkrankte Frauen“ und „Leben mit Schmerzen“. Die Treffen finden im November nicht statt, viele der Mitglieder gehören zu einer Risikogruppe . „Natürlich sind wir alle sehr vorsichtig und sind stattdessen weiter per Chat und Telefon füreinander da“, so Laarmann, „aber durch Corona fühlen sich definitiv viele schlechter, und bereits erzielte Fortschritte werden abgebaut, es ist wirklich verheerend.“
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Zum Beispiel seien Menschen mit Angststörungen nun verunsicherter denn je sind und trauten sich teils nicht mehr, das Haus zu verlassen. Das persönliche Gruppengespräch könne durch Telefonate nicht ersetzt werden. Trotzdem versucht die Gruppe, den Austausch aufrechtzuerhalten , da es für viele Betroffene essenziell ist, mit anderen über ihre Leiden zu sprechen .
Einige Dinge, die depressiven Erkrankten ergänzend zu psychotherapeutischer Behandlung helfen können, sind im Moment aber nur bedingt möglich. Betroffenen und Menschen mit endlichen depressiven Verstimmungen wird zum Beispiel häufig geraten rauszugehen und mit Freunden und Freundinnen oder Familienangehörigen zu sprechen. Auch heilsame Routinen wie Sport oder eine regelmäßige Verabredung brechen zum Teil weg. „Ich kann nur dazu raten, dass man sich trotzdem zwingt mal rauszugehen“, so Michael Skerstinat, „und mit Menschen zu reden, die verstehen, wie man sich fühlt.“
Einige Selbsthilfegruppen treffen sich per Videochat
Skerstinat leitet seit 2014 zwei Selbsthilfegruppen für Menschen mit Depressionen, Ängsten und Burnout-Syndrom unter dem Motto „Aufbruch“. Auch diese können während des Lockdowns nicht in Präsenz stattfinden, aber die Gruppen treffen sich per Videochat. „Manche nehmen das gerne an, auch wenn es das persönliche Gespräch nicht ersetzt“, berichtet Skerstinat, andere setzten lieber aus, bis es wieder Treffen vor Ort gibt. Der Andrang in der Gruppe ist groß. Mittlerweile muss der Gründer Menschen mit der Warteliste vertrösten. Auch der Gründer der „Aufbruch“-Gruppen geht davon aus, dass der Lockdown die Nöte von Depressiven verschlimmern können.
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Andrea Laarmann ist es wichtig, auch auf andere Notstände im Gesundheitsbereich hinzuweisen. „Durch die Maßnahmen werden wichtige Tests wie Krebsscreenings verschoben. Als Risikopatientin bin ich froh, dass das Virus so bekämpft wird. Aber ich gehe fest davon aus, dass der Lockdown Menschen kränker macht.“
Beide Experten raten: Menschen, denen es aufgrund des Lockdowns oder anderer Umstände schlecht geht, sollten versuchen sich anderen zu öffnen. Freunde oder Familienmitglieder können eine erste Anlaufstelle sein, kostenlose und anonyme Hilfestellung kann die Telefonseelsorge bieten: 0800/111 0 111 . Auch die Caritas bietet Beratung an: caritas-gladbeck.de/kub