Gladbeck. In Gladbeck kontrolliert Ralf Nolte vom ZBG regelmäßig die städtischen Bäume. Trockenheit und Schädlinge machen sie zu Wackelkandidaten.
Dieser Baum ist eine wahre Augenweide. Knorrig strebt er auf dem Hof der Lambertischule gut 20 Meter gen Himmel, meint Ralf Nolte. Den Durchmesser dieser mächtigen Platane schätzt der Baumkontrolleur auf „deutlich mehr als einen Meter“. Also ein Prachtexemplar. Oder etwa doch nicht?
Nolte ist für den Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG) als Leiter für das Sachgebiet Baumschutz unterwegs. Wenn der 55-Jährige durch die Stadt streift, wandert sein Blick immer den Stämmen entlang in die Höhe. Der Bauminspektor betont: „Das Augenmerk liegt auf der Verkehrssicherheit der Bäume.“
Gladbeck: Verkehrssicherheit ist das oberste Gebot für den Baumkontrolleur
Soll heißen: Auch wenn Birken, Linden, Pappeln, Ulmen & Co. für den Laien kerngesund aussehen, kann dieser Eindruck täuschen. Fachmann Nolte schaut Bäumen ganz genau auf Blatt und Borke: Hat sich ein Pilz oder Bakterium breit gemacht? Suchen Schädlinge die holzigen Gesellen heim? Befinden sich im Kronenbereich tote Äste, die auf Schulkinder oder Fußgänger hinab zu stürzen drohen?
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„Im Regelfall habe ich immer ein Fernglas dabei“, sagt der ZBG-Experte. Er erklärt: „Wenn Platanen von innen ausgelichtet sind, kann man gut in die Kronen hineinsehen.“ Aber bisweilen müssen Experten bei Bäumen auch mal mit dem Hubsteiger empor, um ihre Kontrollen durchführen zu können.
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Zu dritt behält das ZBG-Team die Gladbecker Exemplare im Blick, führt akribisch Buch. Zweimal im Jahr lassen die Fachleute ihre Augen ganz gezielt schweifen. Schließlich sollen Risiken ausgeschlossen werden. Nolte berichtet: „Wir versuchen, den Bestand einmal belaubt und einmal unbelaubt zu überprüfen.“ Klar, dass der gelernte Förster auch genau hinschaut, wann immer er unterwegs ist.
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So alt wie die Grundschule im Herzen Gladbecks ist die „Seniorin“, die Ralf Nolte in diesem Moment unter die Lupe nimmt. So schier endlos viel Platz sie in der Höhe hat, so eng ist’s am Fuße der Platane. Rasengitter-Steine weisen sie in ihre Schranken, knotig wölben und krümmen sich Wurzeln über den Boden. Sie graben sich bis zu zwei Meter tief in die Erde.
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„Das ist nicht sehr viel“, meint Nolte. Das gilt auch für den arg beschnittenen Freiraum der Platane: „Die meisten unserer Bäume haben relativ kleine Baumscheiben.“ Doch die Hundertjährige behauptet sich wacker – und der Fachmann hat nichts zu beanstanden.
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Überhaupt ist die Bepflanzung an diesem Standort im grünen Bereich, spendet an heißen Tagen den von vielen ersehnten Schatten. Ein Haselnussstrauch hat sich eine Litfaß-Säule auf dem Schulhof als Heimat auserkoren: „Wild gesät“. Die Natur sucht und findet einen Platz. Ziemlich nah kommen sich Säulenhainbuchen, die sich im Vergleich zur Platane geradezu zierlich ausnehmen, und Gebäude. Aber auch das ist so in Ordnung, findet Nolte.
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Keineswegs in Ordnung sind die Schäden, die der Klimawandel am Baumbestand anrichtet. Hitze und Trockenheit hinterlassen ihre Spuren, machen manchen Arten zu schaffen. Schädlinge freut’s, denn diese gestressten Bäume sind anfällig für vielerlei Angriffe.
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Man denke nur an den Eichenprozessionsspinner. Das Bakterium Pseudomonas syringae, das allmählich Kastanien von der Bildfläche frisst. Der Pilz Chalara fraxinea befällt Eschen. Der Borkenkäfer hat Gladbeck noch nicht in Scharen für sich als Futterquelle entdeckt – aus einem simplen Grund: Es stehen im Stadtgebiet kaum Fichten, die Leibspeise der gefräßigen Insekten.
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Der Klimawandel hinterlässt Spuren
Die Fachleute sind bereits seit Jahren auf der Suche nach Baumarten, die dem Klimawandel Stand halten können. Experte Ralf Nolte: „Es macht Sinn, etwas auszuprobieren. Aber wir sollten nicht nur auf eine Art setzen.“
In Gladbeck stehen viele Platanen, Kastanien hingegen sind mittlerweile fast schon eine Rarität. Robinien seien problematisch, weil „zu kopflastig“ und damit instabil. Entscheidend für die Auswahl einer Baumart sei nicht nur die Stressresistenz, sondern auch die Bodenbeschaffenheit. Beispiel: „Auf Lehmboden ist keine Wurzelbildung möglich.“
Machen Nolte und seine Kollegen einen Schädlingsbefall und/oder Sicherheitsrisiken aus, müssen sie reagieren. Wie beispielsweise im Falle von erkrankten Kastanien mitten im Herzen der Stadt. Außen hui, innen pfui, möchte man da sagen.
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Laien erkennen die Gefahr dieser Bäume mit Grün nicht, doch das tückische Bakterium Pseudomonas syringae wütet. Die Folge: Trockene Äste könnten abbrechen und Passanten treffen. Dann bleibt nur eines: Die Axt muss ran.
11.000 Straßenbäume plus den Bestand auf Schulhöfen und in Parks nehmen die ZBG-Fachleute unter ihre Fittiche. Eine Frage für Entscheidungen – Kommt das Sorgenkind weg? Oder bekommt der hölzerne Wackelkandidat noch eine Chance? – ist der Standort. Stehen die beanstandeten Kandidaten womöglich an einem Schulweg? Dann lautet die Devise: Bloß kein Risiko eingehen!