Gladbeck. Zahl der Corona-Infektionen steigt nach einer Feier in Gladbeck. Fall an Grundschule. Familien müssen in Quarantäne – zum Teil am Urlaubsort.
Die von einer Familienfeier ausgehenden Neu-Infektionen mit dem Coronavirus werden wohl auch weiterhin für steigende Fallzahlen in Gladbeck sorgen. „Es gab hunderte Testungen in Folge der Feier vor rund eineinhalb Wochen in Schultendorf “, so Gregor Wirgs, Ordnungsamtsleiter und Mitglied im städtischen Krisenstab. Auch am Freitag meldete das Kreisgesundheitsamt fünf Neu-Infektionen für Gladbeck – und die meisten aktiven Fälle im Kreis. Es sei davon auszugehen, dass sich die Zahlen auch in den kommenden Tagen noch weiter erhöhen, wenn weitere Fälle im Zuge der Feier bekannt werden.
Wegen der Infektionen könnte „uns noch jede Menge Ärger ins Haus stehen“, so Wirgs. Denn: Auch Schulkinder waren auf der Feier dabei. „Wer Kontakt zu Infizierten hatte, muss sich in Quarantäne begeben.“ Der Kontaktverfolgungsdienst des Kreisgesundheitsamtes ermittelt Betroffene. „Auch wenn die Kinder im Urlaub sind oder kurz davor stehen, müssen sie in Quarantäne. Das wird dann sehr schmerzhaft.“
Fall am Teilstandort der Pestalozzischule ist auf die Familienfeier zurückzuführen
Genau dieser Fall ist am Teilstandort der Pestalozzischule in Schultendorf, der ehemaligen Käthe-Kollwitz-Schule, eingetreten. Dort ist ein Kind mit dem Virus infiziert. „Der Fall ist auf die Familienfeier zurückzuführen“, bestätigt Schuldezernent Rainer Weichelt. Auch Schüler, die mit dem infizierten Kind in Kontakt waren, müssen in Quarantäne. „Betroffen sind auch zwei Familien, die nun an ihrem Urlaubsort in Quarantäne müssen“, so Weichelt. Auch an der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule soll es einen weiteren Fall geben. „Da sind die Infektionsketten aber noch nicht ermittelt“, so Weichelt.
Die Familienfeier soll mit einer zulässigen Personenanzahl stattgefunden haben. Im Zuge der Lockerungen ist diese Zahl erhöht worden, und etwa auch in der Innenstadt ist inzwischen wieder deutlich mehr los. „Die Frage ist, wie verantwortungsvoll die Menschen mit den Lockerungen umgehen“, so Wirgs.
Polizei fährt vermehrt Einsätze wegen Ruhestörungen
Die Polizei macht ein erhöhtes Einsatz-Aufkommen im Juni wegen Ruhestörungen aus. Ob sich aber etwa vermehrte Partys in Gärten tatsächlich mit den Corona-Lockerungen erklären ließen, oder ob sie einfach jahreszeittypisch seien, lasse sich nicht sagen, so Ramona Hörst, Sprecherin der Polizei Recklinghausen. Immer wieder aber gebe es Einsätze, da Bürger sich weigerten, ihre Maske zu tragen.
Auch Ordnungsamtsleiter Gregor Wirgs stellt fest, dass es immer wieder Menschen gibt, die sich nicht an die Regeln halten. „Am Donnerstag haben wir im City Center die Einhaltung der Maskenpflicht kontrolliert und innerhalb einer halben Stunde sieben Menschen verwarnen müssen.“ Nach wie vor gebe es an Markttagen ein Problem auf der Horster Straße. „Vielen ist nicht bewusst, dass die dortigen Stände noch zum Markt gehören und somit auch dort Maskenpflicht gilt.“
Verstöße stelle der KOD indes seltener fest. Das hänge jedoch damit zusammen, dass im öffentlichen Raum zehn Menschen ohne Abstand und ohne Maske beieinander stehen dürfen. „Die Lockerungsorgie hat auch dazu beigetragen, dass es in der Innenstadt wieder wesentlich belebter ist.“
Markthändler: „Die Menschen wollen wieder raus“
Markthändler Tim Heimann merkt deutlich, dass die Menschen wieder raus möchten. „Es kommen inzwischen wieder mehr Kunden“, sagt Heimann, der gemeinsam mit seiner Schwester einen Obst- und Gemüsestand betreibt sowie Inhaber eines Kaffeestandes ist.
Immer wieder gebe es jedoch Leute, die nicht auf Abstand oder Maskenpflicht achteten. „Auch diejenigen, die zur Risikogruppe gehören.“ Er beobachtet, wie städtische Mitarbeiter an jedem Markttag intensiv die Einhaltung der Regeln kontrollieren. „Manche reagieren auch abweisend oder sogar aggressiv, wenn sie auf ihr Fehlverhalten angesprochen werden“, so Heimann. Der Großteil achte aber sehr auf das Tragen der Maske und die Einhaltung der Abstandsregeln.
Doch: Die immer wieder steigenden Zahlen in Gladbeck zeigten, dass das Virus nach wie vor nicht verschwunden ist. Mit den Lockerungen gingen die Menschen sehr unterschiedlich um. Es gebe zwei Lager, diejenigen, die nach wie vor sehr vorsichtig und umsichtig seien – und diejenigen, die deutlich nachlässiger sind. „Ich sehe auch einen Unterschied zwischen der reiferen Generation und Jugendlichen, die eher den Drang haben, sich in größeren Gruppen zu treffen“, so Wirgs.
Mediziner stellt bei manchen Menschen schwindende Akzeptanz fest
Gespaltene Lager nimmt auch Mediziner Gregor Nagel vom Hausarztzentrum Butendorf wahr. „Es gibt Patienten, die sich nicht zur Risikogruppe zugehörig fühlen und nachlässiger werden“, so der Sprecher des Gladbecker Ärztenetzes. Bei einem Teil stellt er eine schwindende Akzeptanz für die Regeln fest. Nagel ist wichtig, auch denen klar zu machen: „Es gibt nach wie vor junge und gesunde Menschen, die so schwer erkranken, dass sie beatmet werden müssen und sich einige Wochen erholen müssen.“ In den vergangenen zwei Woche habe es im Hausarztzentrum zwar keinen positiven Test mehr gegeben, aber nach wie vor kämen Patienten mit Symptomen. „Wir machen derzeit fünf bis 15 Tests täglich.“
Dass auf größeren Zusammenkünften, wie nun bei der Familienfeier, immer wieder Ansteckungsherde entstehen könnten, davon ist der Mediziner überzeugt. „Wenn ein symptomloser Infizierter in einem Raum ist, ist die Ansteckungsgefahr groß. Und es ist immer gleich eine Reihe von Menschen, die angesteckt wird.“