Gladbeck. Die evangelische Flüchtlingshilfe hat im vergangenen Jahr rund 2400 Menschen in Gladbeck beraten. Denn die Sorgen der Geflüchteten sind oft groß.

Die evangelische Flüchtlingshilfe hat im vergangenen Jahr rund 2400 Menschen beraten. Und: „Es gibt keine Tendenz, dass es weniger werden“, sagt Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup, Pfarrerin im Ruhestand und Gründerin der evangelischen Flüchtlingshilfe in Gladbeck. Die drängendste Frage der Menschen sei die des Bleibens. „Die Hauptangst der Menschen ist, ob sie in Deutschland bleiben können, und was passiert, wenn dem nicht so ist.“

Die Begleitung der Geflüchteten im Asylverfahren ist daher auch die Kernaufgabe der Haupt- und Ehrenamtlichen. „Dabei kommt es vor allem darauf an, genau nachzufragen, denn oft sagen die Menschen bei den Behörden nicht alles, was sie erlebt haben“, erzählt Marina Wiese, die als Sozialarbeiterin in der Flüchtlingshilfe arbeitet. Erst gerade sein ein junger Mann bei ihr in der Beratung gewesen, der Schiffbruch erlitten habe, bei dem 15 Menschen starben, und der später vergewaltigt wurde. „All das stand nicht in seiner Akte.“ Dass all diese Geschichten erzählt werden, sei aber wichtig, um die Bleibechancen der Menschen zu erhöhen.

65 Ehrenamtliche engagieren sich

In der Flüchtlingshilfe engagieren sich derzeit 65 Ehrenamtliche. Weitere Interessierte sind willkommen. Sie werden gebraucht, um Deutschunterricht oder Nachhilfe zu geben, die Menschen zu Behörden und Ärzten zu begleiten und bei der Wohnungssuche zu helfen.

Das Büro der evangelischen Flüchtlingshilfe im K4 an der Kirchstraße 6 öffnet montags bis donnerstags von 9 bis 12 Uhr sowie nach Absprache. Kontakt: 02043/ 4027836 oder per Mail: gla-fluechtlingshilf@kk-ekvw.de.

Die Ehrenamtlichen begleiten die Geflüchteten auch zu Behörden, Ämtern und Ärzten

Neben der Grundsorge kommen aber oft zahlreiche weitere Fragen auf. „Viele kommen etwa mit dem ganzen Papier-Kram nicht zurecht, das überfordert sie“, erzählt Andreas Schlebach. Daher begleiten die Ehrenamtlichen die Geflüchteten auch zu Behörden, Ämtern und Ärzten. Schlebach engagiert sich seit Februar 2015 ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Er begann damit, vier Männern aus Guinea einmal in der Woche eine Stunde Deutschunterricht zu geben. „Aber damit war es nicht getan“, so Schlebach, der als Journalist arbeitet. Es folgten etwa hilfesuchende Anrufe mitten in der Nacht, und so ein Einsatz über das eigentliche angedachte Engagement hinaus. „Das ist aber okay. Man lernt schnell: Die Nöte der Menschen sind groß.“

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Andreas Schlebach setzt sich mit Leib und Seele für die nach Deutschland gekommenen Menschen ein. „Es ist schön zu sehen, dass es auch funktioniert“, sagt er und erinnert sich besonders gerne an zwei junge Männer, die es etwa geschafft haben, ihren Führerschein zu machen. „Sie haben die schriftliche Prüfung auf Anhieb bestanden, zwei Deutsche in dem Kurs nicht.“

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Vielen ist es unangenehm, von Sozialhilfe leben zu müssen

Seit 2015 konnte die evangelische Flüchtlingshilfe dabei unterstützen, rund 50 Menschen in Arbeit zu vermitteln. Den Vorwurf, dass sich geflüchtete Menschen auf Kosten des Sozialstaats ausruhen, kennt Schlebach, er hat aber ganz andere Erfahrungen gemacht. „Vielen ist es peinlich, Sozialhilfe zu bekommen, sie wollen gerne selbst für ihren Unterhalt sorgen.“ Sie scheitern aber zum Teil daran, dass sie nicht arbeiten dürfen, da sie nur geduldet sind. Zum Teil sei es auch schwierig, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. „Die Menschen haben zum Teil keine Schulbildung und dürfen nur Hilfsarbeiterjobs annehmen“, so Hildebrandt-Junge-Wentrup.

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Je länger die Geflüchteten in Deutschland sind, desto mehr werden ihre furchtbaren Erlebnisse deutlich. Auf einen Termin der psychotherapeutischen Beratung müssen sie allerdings sehr lange warten. „Das ist ein großes Manko“, sagt Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup, Gründerin der evangelischen Flüchtlingshilfe. Zu Beratungen müssen die Menschen dann zum Teil bis nach Solingen, Bonn oder Bochum fahren.

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Die Ehrenamtlichen tauschen sich auch untereinander aus

Die traumatischen Erlebnisse kommen so dann oft bei den Ehrenamtlichen an. „Damit müssen wir umgehen. Wir sitzen alle 14 Tage zusammen, um uns auszutauschen und zu entlasten“, so Ehrenamtler Andreas Schlebach. Aus jedem Erfolg zögen sie andererseits aber auch „viel Vergnügen“. Etwa, die gelungene Zusammenführung einer irakischen Familie.

Sein jüngstes Kind hatte der nach Deutschland geflüchtete Mann noch nie gesehen, lange dafür gekämpft, dass seine Frau und die Kinder zu ihm kommen können. „Dass es jetzt geklappt hat, das gibt einem viel zurück“, sagt Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup.