Galdbeck/ Gelsenkirchen. Leitender Mitarbeiter fühlte sich nach Übernahme der St. Augustinus degradiert, grundlos abgemahnt und klagte. Das Urteil fiel eindeutig aus.
Beabsichtigte personelle Umstrukturierungen nach der Übernahme der Katholischen Kliniken Emscher-Lippe (KKEL), Träger des St. Barbara Hospitals, durch die St. Augustinus GmbH Gelsenkirchen führten jetzt zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht. Geklagt hatte der bisherige Leiter der EDV/IT-Abteilung der KKEL, der sich gegen den Entzug bisheriger Kompetenzen und Aufgabenbereiche wehrte. Dem 49-jährigen Computer-Fachmann war von der Geschäftsführung der Krankenhausgruppe im November 2018 mitgeteilt worden, dass es eine Neuorganisation im Unternehmen mit Auswirkungen auf seinen Arbeitsbereich gebe. Ab sofort übernehme der IT-Leiter der St. Augustinus als Gesamtvorgesetzter auch die KKEL-EDV. Da sein Mandant sich dagegen wehrte, habe man versucht, ihn mit derartigen Schikanen aus dem Unternehmen zu drängen, sagt Fachanwalt Martin Löbbecke. Die dazu eingereichte Klage hatte in diesen Punkten Erfolg.
Auch interessant
Zunächst habe man seinen Mandanten, „der fast 25 Jahre für das Unternehmen tätig ist“, offensichtlich degradiert. „Er konnte nicht mehr eigenverantwortlich die EDV-Abteilung der KKEL leiten und bekam vom IT-Chef der St. Augustinus Aufgaben zur Erledigung zugewiesen“, so Löbbecke. Außerdem seien gegen den 49-Jährigen „fünf Abmahnungen innerhalb von eineinhalb Monaten wegen angeblichen Fehlverhaltens erfolgt“. Man habe offenbar versucht, „ihn auf diesem Weg aus dem Unternehmen zu drängen“. Denn eine betriebsbedingte Kündigung sei durch die arbeitsvertragliche Richtlinie ausgeschlossen gewesen, „wonach Mitarbeiter, die im Unternehmen mehr als 15 Jahren beschäftigt und über 40 Jahre alt sind, einen besonderen Kündigungsschutz haben“, erklärt der Jurist.
Rechtsanwalt sagt, die Abmahnungen „wirken konstruiert“
Auch interessant
Sein Mandant sei zuvor „nie negativ im Unternehmen aufgefallen“, die Abmahnungen seien haltlos, so Löbbecke, „und wirken konstruiert“. So sei etwa auch „die Karikatur eines in einen Teich urinierenden Frosches auf dem Whiteboard im Büro eines Mitarbeiters“ dem EDV-Leiter angelastet worden: Ihm sei vorgeworfen worden, „dass er als Vorgesetzter dagegen hätte einschreiten müssen“. Nach zunächst außergerichtlichem Schriftverkehr habe sich sein Mandant mit einer Klage gegen die Degradierung und Behandlungsweise gewehrt. Löbbecke: „Er machte geltend, dass man ihm keine unternehmensfremden Personen als Vorgesetzten präsentieren könne, da er schließlich vertraglich als Bereichsleiter unmittelbar der Geschäftsführung untergeordnet und seinerseits gegenüber den anderen Mitarbeitern der EDV weisungsbefugt ist.“
Teil der Klage abgewiesen
Den Antrag, eine Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro aufgrund von Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht an den EDV-Leiter zu zahlen, lehnte das Arbeitsgericht ab.
Die KKEL zu verurteilen, systematische Schikanen (z.B. durch unberechtigte Kritik, Unterstellungen, Demütigungen) gegen den den Kläger künftig zu unterlassen, wies das Gericht ebenfalls ab. Zu beiden Punkten, kündigt Rechtsanwalt Löbbecke an, in Berufung zu gehen.
Die Kosten des Rechtsstreites müssen laut Urteil der klagende EDV-Leiter zu 47 Prozent und die beklagte KKEL zu 53 Prozent tragen. Der Streitwert ist auf 56.235 Euro festgesetzt worden.
KKEL-Verwaltungsdirektorin Anette Schwarz bedauert im Gespräch mit der WAZ, dass es zu dem Gerichtsverfahren gekommen ist. „Aus unserer Sicht gab es keine großen Auseinandersetzungen.“ Man habe im Vorfeld auch dem Eindruck des Mitarbeiters widersprochen, dass man ihn nicht mehr im Unternehmen haben wolle. Dazu habe es auch ein Mediationsgespräch gegeben, das ergebnislos abgebrochen worden sei. „Aus unserer Sicht ist dabei aber bestätigt worden, dass der Mitarbeiter weiter EDV-Leiter der KKEL ist und seine Kompetenzen behält“, die Aufgabe aber künftig gemeinsam mit dem EDV-Leiter der Augustinus wahrgenommen werde, so die Juristin. Dem Mitarbeiter habe man somit die Leitungsaufgabe nicht entzogen und er sei weiter weisungsbefugt tätig gewesen, so Schwarz. Nach dem Prozess sei man jetzt gemeinsam mit dem Mitarbeiter in Sachen einer guten Zusammenarbeit konstruktiv unterwegs. Ob denn die fünf erfolgten, aus Sicht des Arbeitsgerichtes haltlosen Abmahnungen, etwa zur Frosch-Karikatur, in diesem Sinne hilfreich und begründet gewesen seien? Darauf wolle sie, „im Sinne einer guten Zusammenarbeit nicht weiter eingehen“, so Anette Schwarz – und die genaue Begründung des Gerichtes liege ihr dazu noch nicht vor.
Die Vorsitzende Richterin fällte ein eindeutiges Urteil
Auch interessant
Die Vorsitzende Richterin der 1. Kammer des Arbeitsgerichtes urteilte in diesen Punkten eindeutig. Sie verurteilte die Katholischen Kliniken Emscher-Lippe dazu, „den Kläger weiter als Bereichsleiter der EDV-Abteilung zu beschäftigen, mit Weisungsgebundenheit gegenüber der Geschäftsführung und Weisungsberechtigung gegenüber den anderen Mitarbeitern der IT-Abteilung“. Zudem müssen alle Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden. Festgestellt wird im Urteil zudem, dass der EDV-Leiter der Augustinus GmbH „nicht berechtigt ist“, dem EDV-Leiter der KKEL „Weisungen zu erteilen“.