Der Job als Koch ist stressig. Und auch der Beruf des Fleischers ist nicht angesagt. Vier Gladbecker Geschäftsinhaber schildern ihre Erfahrungen.

In der nächsten Woche beginnen die Sommerferien, und damit stehen viele Schulabsolventen vor der Frage, was als nächstes kommen soll. Kleinere und mittlere Betriebe des klassischen Handwerks klagen über Fachkräftemangel, doch um dieses Manko zu beheben, müsste mehr ausgebildet werden. Dabei ist einerseits die Zahl der Bewerber auf einen Ausbildungsplatz deutlich rückläufig, andererseits scheut inzwischen manch potenzieller Arbeitgeber – auch in Gladbeck – aus Kostengründen davor zurück, einen Ausbildungsplatz anzubieten.

Koch-Azubis sind schwer zu finden

Kritisiert wird auch der zunehmende bürokratische Aufwand, der damit verbunden sei. Markus Kaniewski, Geschäftsführer des Landgasthauses Pieper, ist – auch wenn er momentan keinen Auszubildenden hat - generell bereit, junge Leute mit Leidenschaft fürs Kochen auszubilden.

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„Gutes Personal ist das Aushängeschild für die Gastronomie“, weiß er, der schon viele Auszubildende angeleitet hat, aus Erfahrung: „Aber Kellner will überhaupt niemand mehr werden. Und Koch ist ein 24-Stunden-Job, den möchte auch nicht jeder machen.“

Hinzu komme, so Kaniewski, dass durch die Kartenzahlung das Trinkgeld häufig wegfalle. Für die Service-Kräfte sei das Trinkgeld immer ein großer Anreiz gewesen.

Malermeister Peter Münch bildet nicht mehr aus.
Malermeister Peter Münch bildet nicht mehr aus. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

„Außerdem geht der Trend dahin, dass echte Arbeitsjobs nicht mehr favorisiert werden. Bürojobs sind gefragt.“ Wenn noch jemand wirklich Koch werden wolle, dann orientiere er sich in Richtung Kreuzfahrt, „weil er meint, er bekommt etwas zu sehen von der Welt.“

Fleischerei sucht Auszubildende

„Wir bilden aus“, sagt Fleischermeisterin Martina Engberding, „und wenn wir einen willigen Azubi finden könnten, kann er sofort bei uns anfangen. Aber momentan gibt es niemanden, der unser Handwerk erlernen möchte.“ Auch an der Berufsschule in Recklinghausen zeige sich der Trend, dass die Klassen immer kleiner würden, sagt sie, die dort die Prüfungen abnimmt.

Peter Münch ist Malermeister, sein Geschäft besteht in Gladbeck seit mehr als 100 Jahren. „Ich habe jahrelang ausgebildet“, sagt er, „aber jetzt mache ich das nicht mehr.“ Es rechne sich nicht, so Münch, und die Auszubildenden seien oft „unmotiviert“. Dabei sei sein Beruf einer der schönsten überhaupt: „Ich bin Malermeister aus Überzeugung, weil der Beruf so vielseitig ist.“

Ausbildung als gesellschaftliche Aufgabe

Katja Brosberg-Krischel betreibt ihren Friseursalon seit 30 Jahren, und sie will sich mit der Situation nicht zufrieden geben und setzt ihr deshalb Positives entgegen.

Katja Brosberg-Krischel, hier mit Azubi Alena Köse und einer Kundin, hält das Ausbilden für eine gesellschaftliche Aufgabe, der sie nachkommen will.FUNKE Foto Services GmbH
Katja Brosberg-Krischel, hier mit Azubi Alena Köse und einer Kundin, hält das Ausbilden für eine gesellschaftliche Aufgabe, der sie nachkommen will.FUNKE Foto Services GmbH © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

„Ich finde es wahnsinnig wichtig, dass wir ausbilden“, sagt sie. Dies bedeute für sie, „Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen“. Allerdings seien auch in ihrem Ausbildungszweig die Klassengrößen an den Berufsschulen deutlich zurückgegangen. „Viele brechen ab.“ Dies sei neu und damit schrumpfe die Bewerberzahl kontinuierlich.

Austauschprogramme in Norwegen und Großbritannien

Die Friseurmeisterin bietet nicht zuletzt deshalb Anreize für potenzielle Azubis. Zum „Vorarbeiten“, wie es überall üblich ist, kommen Berufsstarterseminare und Austauschprogramme in Norwegen und Großbritannien dazu. „Wir profitieren davon, wenn die Auszubildenden ihren Horizont erweitern.“ Möglicherweise bedarf es solcher attraktiver Angebote, um das Interesse an einer Ausbildung im traditionellen Handwerk wieder zu wecken.

Unbesetzte Ausbildungsstellen

Kurz vor dem Start der Sommerferien suchen noch 1764 Bewerber im Bezirk der Arbeitsagentur Recklinghausen einen Ausbildungsplatz, 102 mehr als im Vorjahr um die gleiche Zeit.

Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen beträgt 3030 und stieg damit um 3,8 Prozent (+110). Knapp 1500 Ausbildungsstellen sind noch unbesetzt.

Schulabsolventen können sich bei der Berufsberatung informieren: 0800 / 4 5555 00 und Arbeitgeber freie Ausbildungsplätze melden unter 0800 / 4 5555 20.